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Der Karriereschub im Studium

Seit Donnerstag läuft die Formula Student Germany auf dem Hockenheimring. Studenten-Teams aus der ganzen Welt präsentieren ihre eigens entwickelten und gefertigten Rennwagen. Das kann für einen Karriereschub sorgen: Denn Unternehmen sind in Hockenheim auf der Suche nach Nachwuchskräften.

Quietschende Reifen, schwitzende Autoschrauber, Rennstreckenatmosphäre auf dem Campus der RWTH Aachen. Nach einem Jahr Entwicklung, Fertigung und Bau brettert der kleine Elektroflitzer über die Teststrecke. In etwa drei Sekunden schafft es der Wagen von null auf hundert. An den kürzlich aufgestellten Weltrekord von knapp 1,8 Sekunden eines Stuttgarter Teams kommen die Aachener noch nicht ran.
Bei ihrem Wagen wird nur die Hinterachse angetrieben, während das Weltrekord-Team auf Allradantrieb setzte. "Aber auch unser Wagen ist so schnell, da guckt so mancher Super-Sportwagen doof aus der Wäsche", meint Fahrer Tobias Vogler. Erst recht die Autos der Normalverbraucher: Ein VW Golf GTD braucht ganze 7,5 Sekunden, um die 100 km/h zu erreichen.

Konkurrenz aus aller Welt

Rund 50 Teammitglieder engagieren sich ehrenamtlich neben dem Studium für das Projekt. Nun laufen die letzten Vorbereitungen für das größte Event der Szene: Seit Donnerstag läuft die Formula Student Germany, ein internationaler Motorsportwettbewerb für Studenten. 115 Teams aus der ganzen Welt nehmen mit ihren Boliden teil.
Am Samstag startet das erste Rennen auf dem prestigeträchtigen Hockenheimring. Hier fuhren schon Niki Lauda, Michael Schumacher oder Lewis Hamilton als Sieger über die Zielgerade. "Das macht schon ziemlich stolz, seinen Wagen dann auf der Strecke zu sehen", erzählt Marcel Eckert, der technische Leiter des Aachener Teams, freudestrahlend. Gut vorbereitet? Auf jeden Fall. Zahllose Nachtschichten haben die Studenten schon eingelegt, damit im entscheidenden Moment alles funktioniert.


Nicht nur für Technik-Freaks

Vor dem Rennen bewertet eine Jury aus Experten der Motorsport-, Automobil- und Zuliefererindustrie neben Bauweise und Praxistauglichkeit des Wagens auch die Finanzierung und Präsentation. Es zählt nicht nur die Technik bei der Formula Student, die Studenten sollen Einblicke in alle Phasen der Fahrzeugentwicklung bekommen, sagen Vertreter von Unternehmen. "Dahinter steckt ein riesiger organisatorischer Aufwand, was oft vergessen wird", sagt Christina Schreiner, zuständig für die Finanzplanung beim Team der Hochschule Niederrhein aus Krefeld.
Dort setzt man auf einen klassischen Verbrennungsmotor. Für Marco Limbach, technischer Leiter in Krefeld, die einzig wahre Lösung: "Der Verbrennungsmotor ist mein persönlicher Favorit. Man spürt einfach mehr vom Auto und der laute Sound eines Rennwagens hat auch was.“

Besuch vom Weltmeister

Das Teamwork funktioniere sehr gut, jeder kenne seine Aufgaben und habe das große Ziel vor Augen, so Limbach. Auch wenn es kein Preisgeld gibt, spricht der Ruhm für sich: "Teams, die vorne mitfahren, überzeugen natürlich auch die Sponsoren“, so die Pressesprecherin der Veranstaltung Cathrin Becker. Limbach hatte jüngst das Glück, Formel 1-Weltmeister Sebastian Vettel persönlich sein "Baby", wie er es nennt, präsentieren zu dürfen.
Der viermalige Weltmeister lobte die Schlichtheit des Wagens: "Hier gibt es nicht so viele Einstellmöglichkeiten, das ist schonmal prima." Auch gab er dem Team praktische Tipps und Tricks mit an die Hand. Einer der Nachwuchsingenieure darf zudem ein Praktikum bei Ferrari antreten. Wer das machen darf, dafür werde eine "faire" Lösung gefunden, so Limbach.

Unternehmen auf der Suche nach Talenten

Das zeigt, wie beliebt der Wettbewerb bei den Unternehmen aus der Auto-Branche ist. Mitunter treten diese auch als Sponsoren auf und pumpen sechsstellige Beträge in die Teams, um die horrenden Bau- und Materialkosten zu finanzieren. Investitionen, die sich lohnen, denn gute Nachwuchskräfte fehlen.
Nicht selten landen Formula Student-Teammitglieder später als Ingenieure bei großen Konzernen. "Einer unserer ehemaligen Teammitglieder arbeitet heute bei Porsche", berichtet Eckert. Schließlich haben die Studenten bereits Organisationstalent, technisches Verständnis und gutes Zeitmanagement bewiesen. Praxis, die im Studium oft zu kurz kommt.

Das Studium kommt schonmal zu kurz

"Wir knüpfen so viele Kontakte zu den Unternehmen, dürfen ausprobieren und verschiedenste Bereiche kennenlernen. Das sind unbezahlbare und sehr wertvolle Erfahrungen“, sagt Helena Heuser, erster Vorstand des Aachener Teams. Beim Studium müsse man Abstriche machen. Durch die Teilnahme an einem solchen Projekt, dauere das oft länger. Ein Karriereknick sei das nicht, meint Eckert, denn andererseits "lernt man auch, sich seine Zeit gut einzuteilen“.
Schon mit 17 Jahren entdeckte er seine Liebe für die schnellen Autos. "Irgendwann merkt man, dass man mit einem Fiesta nicht ganz so schnell wird. Als ich an die Uni kam und gesehen habe, da bauen Studenten an einem Rennwagen, musste ich einfach mitmachen." Das hat sich gelohnt. Heute ist er technischer Leiter des gesamten Teams. Und vielleicht landet Marcel Eckert später, wie sein Ex-Kollege, auch bei Porsche – mit diesem Erfahrungsschatz sind seine Chancen mehr als gut.

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