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„Tiere sind megageil": Kunst trifft Wissenschaft und trockenen Humor

„Schau dir die Seiten genau an. Vielleicht liest du auch die Texte. Das wäre stark. Aber dann geh raus und wende dein neu gewonnenes Wissen an", schreibt Felix Bork. Er mag Tiere. Mehr als das: Er findet sie „megageil" und hat ihnen daher ein Buch mit 367 Seiten in DIN-A4 gewidmet.

„Oh, ein Tier" heißt sein Bestimmungsbuch - das zwar als solches funktioniert, aber noch sehr viel mehr ist. Das Buch war Felix Borks Masterarbeit im Studiengang Editorial Design an der halleschen Kunsthochschule Burg Giebichenstein, für die er mit dem Giebichenstein Designpreis 2016 ausgezeichnet worden ist. Er gewann in der Kategorie „Beste Idee / Bestes Konzept". Das Projekt sei entstanden, nachdem er seine Leidenschaft wiederentdeckt habe, draußen im Wald herumzutollen oder etwa Vögel zu beobachten. Der Hobby-Ornithologe, der heute in Berlin lebt, kennt die Klassiker unter den Bestimmungsbüchern - und wollte sich bewusst von diesen Werken unterscheiden und in seinem Buch ihm wichtige Aspekte ergänzen. Etwa, wie sich Tiere fortpflanzen.

Felix Bork beschäftigt sich mit der Tierwelt Deutschlands, er stellt das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier dar - auf zweierlei Art und Weise. Zum einen widmet er sich der wissenschaftlich-biologischen Ebene, die Aussehen, Lebensraum und Verhaltensweisen von Tieren abhandelt. Darüber hinaus geht er sehr detailliert auf bestimmte Aspekte ein; das geschieht auf eine sehr humorvolle, aber vor allem eine ganz subjektive Weise. Der Leser blickt auf die Tierwelt - durch die Augen von Felix Bork.

Das Buch „mit fast allen heimischen Arten" ist in acht Kategorien gegliedert: Insekten, Spinnen, Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel, Säugetiere und Vergessene Arten. Letztere vergleicht der 28-Jährige mit einer Kiste voll Kram, die wohl jeder zu Hause herumstehen hat: „Da ist voll viel Scheiß drin. Zwei Cent, ein alter Schlüssel, fünf Tic Tac und ein Feuerzeug." Sachen, die einfach da sind, „und niemand weiß, wohin damit". Sein letztes Kapitel sei wie solche Kisten, in denen Dinge landen, mit denen man sonst nichts anzufangen weiß, schreibt er ironisch. Und stellt im nächsten Satz richtig: „Ich liebe übrigens alle Tiere gleich viel!"

Das Buch „Oh, ein Tier" besticht durch eine reichliche Portion Ironie

Jede der „üblichen" Kategorie beginnt mit einem auf den ersten Blick ganz nüchternen wissenschaftlichen Text zu den Eigenarten der jeweiligen Tierart. Schaut man genauer hin, dann sieht man, dass der Autor so manchen Fachbegriff frech durchgestrichen und, in krakeliger Schrift, durch ganz einfache, bisweilen etwas rohe Begriffe ersetzt hat. Felix Bork nimmt kein Blatt vor den Mund - und das ist auch gut so. Da wird der Abdomen eben zum Arsch, der Caput schlichtweg zum Kopf und der Thorax zur Brust. Dann weiß immerhin jeder, was gemeint ist.

Seine Bilder sind mal realistische Acrylmalereien, mal naive Bleistift- oder Kohlezeichnungen, die neben fast impressionistisch anmutenden Landschaftsdarstellungen stehen. Das kann zum Beispiel so aussehen: Der Marder wird als niedliches Wesen in Acryl gemalt. Sein Lebensraum - ein idyllisches Waldstück. Das Revierverhalten des Marders wird dann schon etwas roher in Comicstrips gezeichnet. Auch „der Steinmarder, der kleine Strolch" wird im Comic dargestellt: als Kulturfolger, der gern und lüstern an Bremsschläuchen nagt.

„Oh, ein Tier" besticht durch eine reichliche Portion Ironie. Es ist ein Buch, das tatsächlich bildet, aber seine Leser auch herzlich lachen lässt. Felix Borks Humor sinkt manchmal unter die Gürtellinie - daher wird das Buch zu Recht Jugendlichen ab 14 Jahren empfohlen.

Der Autor und Illustrator nimmt seine Umwelt und sich selbst nicht immer ganz ernst - genau das macht „Oh, ein Tier" zu einem Buch, das mancherorts bestimmt aneckt und erst recht nicht jedem gefällt - aber genau deshalb umso spannender ist. Es ist ein Werk für Tierliebhaber, aber auch für Kunstfreunde, die es wagen, aus starren Darstellungsformen auszubrechen, sich auf die subjektive Wahrnehmungsweise von Felix Bork einzulassen und es wagen, mit einem Augenzwinkern durch die Welt zu gehen.

Hier trifft Spaß auf Pädagogik. Mit seinem Buch will Felix Bork eines bezwecken: Er möchte seine Leser dazu animieren, raus in die Natur zu gehen und Tiere zu beobachten - so wie er es macht. Mit Humor schafft er es, biologische Zusammenhänge oder die Naturschutzproblematik darzustellen - ganz ohne gehobenen Zeigefinger und ohne seine Leser zu langweilen. „Tiere sind schon echt cool", schreibt er am Ende, und „wer weiß, wie lange es sie noch gibt". (mz)

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