K-Geld - Die Dame mir gegenüber arbeitet bei der Royal
Bank of Scotland. Und sie ist dabei, mir ein Geheimnis zu verraten. Ich halte
den Atem an. Soll also hier und in diesem Moment ein monatelanger Streifzug
durch die Bankfilialen der schottischen Hauptstadt Edinburgh zu Ende
gehen?
Die Dame sagt: „Um bei uns ein Bankkonto zu eröffnen brauchen Sie nur noch ....".
" ..... ja..?" hauche ich und rücke mit meinem Stuhl noch näher an sie heran...
... brauchen Sie nur noch eine Gasrechnung."
„Eine Gasrechnung...", wiederhole ich. Denn ich bin sicher, mich verhört zu haben...
Als ich in die schottische Hauptstadt zog, wollte ich ein neues Konto bei einer Bank vor Ort eröffnen. Um die erste Miete für die Wohnung zu überweisen, um mich im örtlichen Fitness-Club anzumelden. Und um mich insgesamt als Mensch zu fühlen, der mit den Belangen und Anforderungen eines Auswandererdaseins souverän umzugehen versteht.
Also zog ich los. In der Innenstadt von Edinburgh gibt es jede Menge Bankfilialen. Glauben Sie mir, ich habe es überall probiert. Doch in keiner, wirklich keiner einzigen Filiale bekam ich ein Konto.
Meinem schottischen Freund ist es zu verdanken, dass ich trotzdem ein Dach über dem Kopf hatte. „Wenn Dir niemand ein Bankkonto gibt, kannst Du vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klagen", sagte mein Freund, der Anwalt ist. Das machte mir Hoffnung. „Wie lange dauert das denn so?", fragte ich. „Fünf bis sieben Jahre", murmelte mein Freund, den Kopf schon wieder tief in seine Akten versenkt.
Auf diese unsichere Prognose wollte ich mich nicht verlassen. Bei meinem letzten und schließlich erfolgreichen Versuch, ein Bankkonto zu eröffnen, habe ich dann nebenbei viel über mein neues Heimatland gelernt: In Großbritannien gibt es keine Personalausweise. Dennoch wollten die britischen Banken einen Nachweis über meinen Wohnsitz. Doch wie sollte ich den erbringen? Auf diese Frage bekam ich entweder ein Schulterzucken oder landete in der Endlos-Warteschleife eines Call-Centers.
Nun weiß ich: Zum Nachweis des Wohnortes reicht die Rechnung eines Versorgungsunternehmens. Denn wer eine Wohnung hat, der verbraucht dort auch Gas, Strom oder Wasser. Das hat eine zwingende Logik und ist in Großbritannien so selbstverständlich, dass offenbar niemand in der Bank auf die Idee kam, mir diese Regel zu erklären. Die Briten sagen den Newcomern schließlich auch nicht, dass sie bitte auf der linken Straßenseite fahren sollten.
Mein Freund und ich bekamen schließlich eine gemeinsame Gasrechnung. Und ich bekam ein Konto. Ich war glücklich.
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