Es begann kurz vor meinem 34. Geburtstag - ein diffuses Gefühl. Auch zwei Jahre später kann ich es nicht ganz fassen, aber es ist noch immer da: Mein Alter spielte plötzlich eine Rolle für mich. Zuvor war ich stets die Person gewesen, die abwinkte: Was hat diese Zahl schon für eine Bedeutung? Doch als ich mich mit Mitte 30 anfreunden musste, änderte sich alles. Ich werde also älter, in einer Community, für die Jugend alles zu sein scheint. Oder? Das Altern kann gerade für queere Männer ein langwieriger und komplizierter Prozess sein. Es gibt viele Studien, die zeigen: Einsamkeit, Depressionen, Angstzustände treten häufiger auf. Das Altern spielt dabei oft eine große Rolle. Da ist diese Körperlichkeit, die wichtig ist für die Identität. Die Ästhetik, die Jugend und definierte Körper verlangt und repräsentiert. Da ist auch die Dating-Kultur, in der ältere Männer außerhalb von fest umrissenen Rollen keine große Bedeutung mehr haben.
Seit gut zwei Jahren begleitet mich nun also dieses Gefühl, älter zu werden. Es ist kein schlimmes Gefühl. Es ist kein gutes Gefühl. Eigentlich ist es nichts. Dennoch lässt es mich manchmal nicht schlafen. Und es lässt mich erschaudern: Bin ich schon zu alt? Aber für was? Sind da Lücken in meinem Leben, die geschlossen werden müssen? Bedeutet Altern vielleicht das: seine Lücken finden und schließen? Dann wieder macht mich das Gefühl nostalgisch, lässt mich über eine Zeit nachdenken, in der ich noch so viele Möglichkeiten hatte, die mir heute so fern scheinen. Trotzdem wird mir das Gefühl nicht greifbarer. Vielmehr wird es diffuser, je mehr ich es zu fassen versuche. Nach welchen Modellen können wir queeren Männer eigentlich altern? Wie einen Weg finden, der uns glücklich macht, fernab heteronormativer Vorstellungen?