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UN-Korruptionsjäger in Guatemala: Am Erfolg gescheitert

Es ist das Ende einer Epoche: Die Internationale Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) packt endgültig ihre Koffer. Gemeinsam mit der CICIG hat die guatemaltekische Staatsanwaltschaft in den vergangenen Jahren erfolgreich gegen viele hochrangige Unternehmer und Politiker des Landes ermittelt, in vielen Fällen aufgrund von Korruptionsdelikten. 2015 sah sich die Regierung um den konservativen Präsidenten Otto Pérez Molina sogar zum Rücktritt gezwungen, nachdem dieser durch Ermittlungen der CICIG unter Korruptionsverdacht geraten war. Aus dem Präsidentenpalast ging es für ihn direkt in die Untersuchungshaft.

Solche Bilder gaben vielen Bürgern den Glauben an das Rechtssystem zurück. Die damalige guatemaltekische Generalstaatsanwältin Thelma Aldana und der CICIG-Chef Iván Velásquez wurden zu einer Art Superhelden in Guatemala, auch im Ausland überschüttete man sie mit Lob und Preisen. Gleichzeitig wurde der CICIG ihr eigener Erfolg zum Verhängnis, denn schon früh sah die konservative guatemaltekische Politik- und Wirtschaftselite ihre eigene Existenz durch die rigorosen Untersuchungen dieser UN-Kommission bedroht.

CICIG-Chef Iván Velásquez: Mit Lob überschüttet - dann folgte die Einreiseverweigerung

Der Präsident bekam kalte Füße

Exemplarisch lässt sich das am noch amtierenden Präsidenten Jimmy Morales zeigen. Er setzte sich 2015 als politischer Newcomer mit einem Anti-Korruptions-Wahlkampf durch, bekam später aber kalte Füße, als die CICIG wegen Korruptionsdelikten zuerst gegen seinen Sohn und seinen Bruder und später gegen ihn selbst ermittelte. Also entschied Morales 2018 zuerst, das Mandat der CICIG nicht zu verlängern. Dann verwehrte er dem CICIG-Chef Velásquez nach einer Auslandsreise die Wiedereinreise nach Guatemala und beraubte die UN-Kommission damit de facto ihres Chefs.

Da auch die jüngsten Präsidentschaftswahlen mit Alejandro Giammattei keinen CICIG-freundlichen Kandidaten an die Staatsspitze brachten, war das Schicksal dieser UN-Kommission in Guatemala besiegelt. Ex-Generalstaatsanwältin Thelma Aldana wurde die Kandidatur durch eine umstrittene Entscheidung des Verfassungsgerichts verweigert. Doch sie glaubt nicht, dass mit dem Mandatsende der CICIG der Anti-Korruptions-Kampf in Guatemala zum Erliegen kommt. "Auch wenn die Guatemaltekinnen und Guatemalteken gerade nicht auf die Straße gehen, wissen sie doch sehr genau, dass man gegen die Korruption kämpfen muss", sagte Aldana vor wenigen Wochen im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Das ist der Erfolg der Arbeit der CICIG in Guatemala."

Kampf gegen die Korruption behindert

Zahlreiche noch offene Untersuchungen sollen nach dem Mandatsende der CICIG von der FECI weitergeführt werden, einer speziellen Staatsanwaltschaft, die zu Mandatsbeginn der CICIG vor mehr als zehn Jahren als Schnittstelle zwischen der UN-Kommission und den guatemaltekischen Untersuchungsbehörden gegründet worden war. Allerdings ist unklar, inwieweit die FECI überhaupt auf Rückendeckung durch die aktuelle guatemaltekische Generalstaatsanwältin María Consuelo Porras zählen kann. "Der leitende Staatsanwalt der FECI, Juan Francisco Sandoval, ist in einer sehr schwierigen Position, weil ihn die Generalstaatsanwältin in den vergangenen Monaten nicht öffentlich unterstützt hat", sagt Edie Cux, Direktor der NGO Acción Ciudadana, der Partnerorganisation von Transparency International in Guatemala.

Unklar ist auch, was aus dem Personal der CICIG wird. Die vielen Ermittler und Sachverständigen haben über die Jahre ein enormes Fachwissen angehäuft, das nun mit dem Ende des CICIG-Mandats verloren gehen könnte. Ursprünglich sollte zumindest ein Teil des Personals von der FECI übernommen werden, doch davon ist nach Berichten guatemaltekischer Medien offenbar keine Rede mehr. "Meine Sorge ist, dass die Personen, die vorher für die Leitung der Untersuchungen zuständig waren, künftig nicht mehr dabei sind", sagt Edie Cux.

Der neu gewählte guatemaltekische Präsident Alejandro Giammattei hatte bereits im Wahlkampf deutlich gemacht, dass er eine Mandatsverlängerung für die CICIG ablehnt. Stattdessen will er eine nationale Kommission zur Korruptionsbekämpfung gründen. Details sind allerdings noch nicht bekannt - ebenso wenig wie die Position der USA, die die Arbeit der CICIG lange unterstützt hatten. "Ich glaube, die USA werden sich in Zukunft vor allem um ihre Interessen wie eine zunehmende Militarisierung der Grenzen und den Kampf gegen die Drogen kümmern", sagt Manfredo Marroquín, Ex-Präsidentschaftskandidat der kleinen Partei Encuentro por Guatemala. "Der Kampf gegen die Korruption ist nicht im Fokus der USA." Viele Beobachter sehen die mögliche Einrichtung einer nationalen Kommission kritisch, da diese nicht über die gleiche Unabhängigkeit gegenüber guatemaltekischen Institutionen verfügen dürfte wie die CICIG, die von internationalen Geldgebern wie EU und USA finanziert wurde.

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