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Mit allem, ohne Papa

Die US-Pizza-Kette Papa John's kommt nach Deutschland - der skandalumwitterte Gründer John Schnatter ist aber nicht an Bord. Er war zu einer Belastung für das Unternehmen geworden.


John Schnatter zeigte sich gerne. Er war für Pizza, was der weißhaarige Colonel Sanders bei Kentucky Fried Chicken war. Als US-Bürger konnte man ihm über dreißig Jahre kaum entkommen. Papa John lächelte von jeder seiner Pizzaschachteln, tauchte in TV-Werbung während Football-Spielen auf und wachte sogar als Gipsfresko in der Konzernzentrale in Kentucky von der Decke aus über seine Mitarbeiter.


Die Pläne, die vor wenigen Tagen bekannt wurden, dass nämlich Papa John's nun nach Deutschland expandiert, hätten für Schnatter eine Art Rückkehr in das Land seiner Vorfahren sein können. 1867 wanderte sein Urgroßvater aus Deutschland in die USA aus. Doch Schnatter alias Papa John ist nicht mehr der Chef der von ihm gegründeten Kette.

Eigentlich hätte Schnatters Geschichte das Zeug zum amerikanischen Märchen gehabt. Im Jahr 1984 verkaufte Schnatter seinen geliebten Camaro, um sich mit dem Geld Pizza-Equipment zu kaufen. Die Pizzas verkaufte er dann aus einem Besenschrank. Bald wurde aus dem Schrank ein eigenes Restaurant, dem binnen weniger Jahre Hunderte weitere folgten. Mehr als 5300 Filialen in 46 Ländern sind es heute.


Papa John bestimmte in dieser Zeit alles in dem Unternehmen. Auch als er nach drei Jahren sinkender Gewinne als CEO zurücktrat, konnte er die Kontrolle nicht abgeben. Wie das Magazin Forbes berichtet, rekrutierte er Mitarbeiter, die ihre Kollegen im Firmenhauptsitz ausspionieren sollten. Er soll außerdem verbotenerweise deren E-Mails gelesen haben, was er gegenüber Forbes jedoch bestritt.


2008 holte sich Schnatter den CEO-Posten zurück. Während er mit Quarterback-Legenden wie Peyton Manning oder Joe Montana in Werbespots auftrat, fiel er laut Forbes immer wieder mit sexistischen Kommentaren gegenüber eigenen Angestellten auf. Führungsposten soll er außerdem ausschließlich mit Freunden besetzt haben. Mit der Zeit drangen immer mehr und schlimmere Vorfälle nach außen. Unter anderem wurde bekannt, dass ihn zwei Frauen wegen sexueller Belästigung verklagten. Man einigte sich außergerichtlich. Dazu kamen politische Äußerungen. "Amerika ist dabei, zu werden wie Deutschland im Jahr 1867", erboste er sich in seiner Autobiografie "Papa". Als der Trump-Unterstützer im November 2017 die Proteste der NFL-Profis gegen Rassismus als "Debakel" bezeichnete, fiel der Umsatz von Papa John's - offizieller Sponsor der NFL - um fünf Prozent. Schnatter gab daraufhin zum zweiten Mal seinen CEO-Posten ab.


Trotzdem wollte er weiter das Gesicht seiner Firma bleiben, obwohl er zeitweise von seinem Nachfolger sogar aus der Werbung gestrichen wurde. Er engagierte eine PR-Firma. Die fragte bei einem Meeting, ob er Rassist sei. Seine Antwort wurde mitgeschnitten: Nein, sei er nicht, aber Colonel Sanders habe Schwarze Nigger genannt, und dem sei nie etwas passiert.

Das brachte das Fass zum Überlaufen. Schnatter entschuldigte sich, aber noch am selben Tag musste er zurücktreten. Das Unternehmen hat sich nach eigenen Angaben davon noch nicht wieder erholt. Der Gewinn im Jahr 2018 fiel auf etwa sechs Millionen Dollar. Zwei Jahre zuvor, als der Gewinn der Pizzakette noch bei 159 Millionen Dollar lag, hatte er sich in seiner Biografie über CEOs lustig gemacht, die ihre Unternehmen an die Wand fahren. So schnell kann das gehen.


In Deutschland fängt die Pizzakette klein an. Die zyprische Firma PJ Western, die bis dato das Filialnetz von Papa John's in Osteuropa steuert, übernimmt 14 Filialen einer Kette in Halle an der Saale. Die sollen noch in diesem Jahr umgebaut werden. Die Ziele aber sind - wie zu Schnatters Zeiten - ambitioniert: 250 Filialen, so schnell wie möglich.

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