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Sonnenbrand bei Kühen! Welche Bauern unter der Hitze leiden - und wer profitiert

So schlecht es vielen Weidebesitzern geht, so gut läuft es aktuell für die deutschen Weinbauer. Das sonnige Wetter verhilft auch den Obstbauern zu einer früheren Ernte. FOCUS Online zeigt, wer in der Landwirtschaft von der Hitze profitiert - und wer nicht.


Wegen der anhaltenden Hitze und Trockenheit rechnen die Bauern in Deutschland mit der schlechtesten Ernte dieses Jahrhunderts - und fordern eine Milliarde Euro an staatlichen Hilfen. Die Ernteausfälle zögen sich „durch alle Kulturen", egal ob Getreide, Raps, Grünfutter oder Kartoffeln, sagt der Vizegeneralsekretär des Deutschen Bauernverbands (DBV), Udo Hemmerling. Bis auf Regionen ganz im Süden sei praktisch das gesamte Bundesgebiet betroffen. Die geforderte Milliarde sei dabei eine Schätzung, der eigentliche Schaden werde „das Mehrfache betragen".


Konkret rechnet der DBV mit einem Rückgang von 18 Prozent bei der Ernte von Wintergerste, einer der wichtigsten Getreidearten. Laut dem Bundesver­band der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie (BOGK) rechnen die deutschen Kartoffelbauern schon jetzt mit über 20 Prozent Ertragsminderung in diesem Jahr, erste Landwirte sprechen von 40 Prozent Minus. Der Verband schließt dabei Preissteigerungen nicht aus. Diese orientiere sich dann am Prozentsatz der Ernteausfälle. Merken würden das die Verbraucher aber erst im Herbst.


Auch viele Maisbauern blicken besorgt auf ihre Felder. „Wenn die ganze Woche so bleibt, wird es dramatisch", sagt der Präsident des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Pfalz Süd, Eberhard Hartelt. „Der Mais rollt sich zunehmend zusammen, wenn er ganz ausfällt, bekommen wir ein Riesenproblem."


Milchbauern fordern höhere Milchpreise, um zu überleben

Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) forderte angesichts der Dürre und der geringeren Menge an Futtermitteln deutlich höhere Milchpreise. Aufgrund der höheren Kosten durch Zukauf von Futter „wären 41 Cent pro Liter nötig", sagte Sprecher Hans Foldenauer dem „ Tagesspiegel ".


Im Mai hatten Experten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen für den Herbst Auszahlpreise von 36 bis 38 Cent je Liter erwartet. Sollte der Milchpreis tatsächlich steigen, bedeutet das aber nicht, dass auch die Preise im Supermarkt steigen, so die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie.


Um Futter zu sparen, mussten die Bauern in den letzten zwei Juli-Wochen zehn Prozent mehr Vieh schlachten als im selben Zeitraum des Vorjahrs. Durch das Ausbleiben von Regen sei die Qualität des Leders jedoch nicht gut wie sonst, sagt Andreas Meyer, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Lederindustrie.


Der einfache Grund: Auch Kühe können Sonnenbrand bekommen. Je weniger Wolken die Sonnenstrahlen stoppen, desto stärker verliert die Haut an Qualität. Dies habe jedoch wenig Auswirkungen auf die Preise von Leder, da der deutsche Markt verhältnismäßig klein sei. Außerdem könne man beim Verkauf der Haut die Qualität des späteren Leders nicht bestimmen, so Meyer: „Man kann den Kühen ja schwer unter die Haare schauen."


Deutsches Weininstitut: Wir können Italien Paroli bieten

Es gibt in der deutschen Landwirtschaft aber auch Profiteure des heißen Wetters. So schlecht es vielen Bauern geht, so gut läuft es aktuell für die Obstbauern. Das sonnige Wetter verhilft ihnen zu guten Ernten. Äpfel und Kirschen sollen dieses Jahr so früh reif sein wie in Italien.


Neben den Obstbauern profitieren vor allem die Winzer. Auch sie können sich über eine ungewöhnlich frühe Ernte freuen. So startet die Traubenlese in diesem Jahr bereits Anfang August - und damit so früh wie nie zuvor. Winzer diskutieren laut dem „ Handelsblatt" sogar darüber, bereits aufgegebene Hanglagen wieder zu bepflanzen. Denn: Man sehe dieses Jahr das Potenzial für einen ganz besonderen Jahrgang.


Das Deutsche Weininstitut (DWI) rechnet sogar mit dem „frühesten Federweißer, den wir jemals gehabt haben", sagte DWI-Sprecher Ernst Büscher der Nachrichtenagentur AFP. „Wir sind so früh dran, dass wir selbst den Italienern Paroli bieten können."


Den ersten Federweißer könnte es dieses Jahr schon Anfang bis Mitte August geben, und auch die Hauptlese werde „zwei bis drei Wochen früher" starten, sagte Büscher. Durch die Wärme sei die Reifeentwicklung weit fortgeschritten. Die Winzer seien in einer „komfortablen Situation", weil sie den optimalen Erntezeitpunkt gut abpassen könnten. Teurer wird der Wein deswegen jedoch nicht werden - aber auch nicht billiger.

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