Marian Dejdar (Mitte) gehörte bei den Fischtown Pinguins zu den Führungspersönlichkeiten. Als Kapitän holte er mit Bremerhaven 2014 die Meisterschaft in der DEL 2.
Herr Dejdar, Sie haben 14 Jahre Eishockey in Bremerhaven gespielt. Wenn Sie diese Zeit in drei Worten zusammenfassen würden, wie lauten die?Ereignisreich, emotional, Spaß.
An welchen Moment im Pinguins-Trikot denken Sie besonders gern zurück?Ganz klar die Meisterschaft. Das war der größte Moment in meiner Karriere, den ich nie vergessen werde. Es gab auch viele andere tolle Momente. Die Meisterschaft war aber das i-Tüpfelchen.
Sie sprechen den Gewinn der Meisterschaft in der DEL2 im Jahr 2014 an. Sie erzielten damals im Endspiel gegen Bietigheim in der Verlängerung den entscheidenden Treffer. Was ging nach dem Tor in Ihnen vor?Ich konnte das zuerst gar nicht realisieren. Es ist alles aus mir herausgebrochen. Die ganze Saison war darauf ausgerichtet, dass wir den Titel holen. Und in dem Moment, als ich traf, fiel dieser ganze Druck weg. Es waren Emotionen pur.
Welchen Moment bei den Pinguins würden Sie am liebsten vergessen?Ich möchte gar nichts vergessen. Es hat alles ein Stück zu meiner Karriere beigetragen. Natürlich überstrahlen die Meisterschaft und der DEL-Aufstieg vieles. Selbst unser sportlicher Abstieg in der Saison 2011/2012 kann dich als Spieler weiterbringen. Diese Erfahrungen möchte ich nicht missen.
Warum sind Sie dem Verein so lange treu geblieben?Nach meinem Wechsel aus Schweinfurt habe ich von 2004 an vier Jahre für Bremerhaven gespielt. Es war immer mein Ziel, noch einmal in der DEL aufzulaufen. Ich war jung, talentiert, frisch und motiviert. Es war überhaupt nicht mein Plan, für die Pinguins so lange zu spielen. In der Spielzeit 2008/09 habe ich zwischenzeitlich für Hannover und Duisburg in der DEL sowie für Bremerhaven in der zweiten Liga gespielt. Ich bin wieder bei den Pinguins gelandet, da ich mich hier immer sehr wohlgefühlt habe. Ich habe dann in Bremerhaven mein Abitur nachgeholt, meine jetzige Frau kennengelernt. Es hat sich alles so eingespielt. Aber auch die Verbundenheit zu den Fans war mir immer besonders wichtig. Die Leute in Bremerhaven sind sehr herzlich.
Was bedeutet Ihnen der Klub?Ich habe alle meine Höhen und Tiefen meiner Karriere - mehr oder weniger - hier erlebt. Das schweißt natürlich zusammen. Ich vergleiche das gerne mit einer Beziehung. Wenn man 14 Jahre eine Beziehung mit einem anderen Menschen hat, lernt man denjenigen in- und auswendig kennen. Man hat auch sehr viele Erinnerungen an diese gemeinsame Zeit. Dass die Beziehung jetzt auseinander geht, ist natürlich sehr schmerzhaft für mich. Aber irgendwann musste das leider kommen. Ich versuche damit irgendwie klarzukommen, dass meine Zeit bei den Pinguins zu Ende ist.
Fischtown Pinguins feiern mit Fans das Saisonende in Bremerhaven
War es Ihre Entscheidung bei den Pinguins aufzuhören?Ich bin es gewohnt, viel zu spielen. Schon die vergangene Saison verlief nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Der Spaß ließ nach. Daraufhin habe ich mich im vergangenen Sommer mit dem Trainer und dem Management zusammengesetzt und früh signalisiert, dass ich mit der Situation unzufrieden bin. Diese Saison lief es nicht viel besser. Vonseiten des Klubs kam dann auch nichts mehr.
Hat Sie das enttäuscht?Die Leute denken immer, dass Eishockey in Bremerhaven wie ein Familienbetrieb und alles ganz entspannt und locker ist. Letztendlich ist es knallhartes Business. Ich habe 14 Jahre für diesen Verein gespielt. Wir haben eine Menge miteinander durchgemacht. Es ist gut so, wie es nun gekommen ist. Ich war einfach nicht mehr zufrieden mit meiner Situation bei den Pinguins.
Bleiben Sie dem Verein weiterhin verbunden?Man kann die 14 Jahre nicht einfach wegwischen. Ich habe hier tolle Menschen kennengelernt, ich kenne den Klub wie kaum ein anderer. Die Pinguins werden immer einen Platz in meinem Herzen haben. Ihre Spiele werde ich mir auch in Zukunft anschauen. Außerdem schließe ich auch nicht aus, dass ich irgendwann in einer anderen Funktion zu den Pinguins zurückkehren werde.
Heißt konkret?Das weiß ich noch nicht. Es liegt nicht in meiner Hand. Der Verein muss auf mich zukommen, sofern das irgendwann in der Zukunft zur Debatte steht.
2012 wurden Sie unter dem damaligen Pinguins-Trainer Mike Stewart erstmals zum Kapitän ernannt. Was hat ihnen das Amt bedeutet?Das war ein Stück weit Anerkennung. In Bremerhaven ist es normal, dass viele Spieler kommen und gehen. Ich war 2012 aber schon lange dabei. Vielleicht habe ich mich für dieses Amt ein bisschen herauskristallisiert. Ich habe die Rolle als Kapitän sehr gerne übernommen. Ich hatte zu Mike Stewart ein sehr gutes Verhältnis, auch zur Mannschaft. Wir hatten klare Ziele. Es war eine schöne, spannende Zeit. Allerdings ist das Amt des Kapitäns auch mit zusätzlicher Arbeit verbunden. Man trägt mehr Verantwortung, man muss mehr Öffentlichkeitsarbeit leisten. An diese Zeit denke ich aber sehr gerne zurück.
Sie haben das Kapitänsamt nach vier Jahren freiwillig abgegeben. Warum?Das hat gewisse Gründe gehabt, auf die ich nicht näher eingehen möchte.
Mit dem Aufstieg in die Deutsche Eishockey-Liga änderte sich auch Ihre Rolle in der Mannschaft.Ich war zunächst positiv eingestellt und glaubte an meine Einsatzzeiten. Zunächst lief es auch sehr gut für mich. Nach den ersten zehn bis zwölf Spielen war ich Topscorer der Pinguins, ich habe relativ viel Eiszeit bekommen. Von einem auf den anderen Tag war das dann nicht mehr so.
Haben Sie dafür eine Erklärung?Letztendlich stellt der Trainer die Mannschaft auf. Ich bin auch Profi genug, das zu akzeptieren. Ich war immer ein Spieler, der im Powerplay aufs Eis geht. Ein Spieler, der technisch sehr versiert ist. Wenn man dann auf einmal eine andere Rolle übernehmen und nur noch checken und defensiv spielen soll, dann ist das nicht mehr mein Spiel. Und wenn ich nur noch alle 20 Minuten aufs Eis darf, dann ist das natürlich Quatsch.
War der DEL-Aufstieg mit den Pinguins Fluch oder Segen für Sie?Ich habe mich sehr gefreut, dass ich noch einmal zwei Jahre mit Bremerhaven DEL spielen durfte. Es war nicht alles schön. Im Großen und Ganzen bin ich aber schon glücklich mit den vergangenen zwei Spielzeiten.
Für Frankfurt, Hannover und Duisburg haben Sie in der DEL gespielt. Warum hat es Ihnen mit den Pinguins besser gefallen, in der höchsten deutschen Eishockey-Liga zu spielen?In Frankfurt war ich noch ganz jung. Nur selten kam ich zum Einsatz. Ich war noch nicht ausgereift und war noch nicht bereit für die DEL. In Hannover und Duisburg lief es etwas besser für mich. Aber auch bei diesen beiden Stationen war ich noch zu ungeduldig. In Bremerhaven war das anders. Mir hat es zunächst richtig Spaß gemacht. Wir gingen als Underdog in die Saison. Ich hatte eine richtige Rolle im Team. Ich konnte noch einmal zeigen, dass ich in der DEL zehn Tore erzielen kann.
Auf Tore von Ihnen müssen die Fans der Pinguins in Zukunft verzichten. Was werden Sie am meisten vermissen?Das weiß ich selbst noch nicht so richtig. Ich war schon sehr wehmütig, als ich meinen Platz in der Kabine frei geräumt habe. Die dortige Atmosphäre werde ich vermissen. Die ganzen Gewohnheiten in der Halle werden mir fehlen: Du trinkst morgens deinen Kaffee, quatscht mit den Jungs. Das war schon schön. Ich habe versucht, genau diese Momente in den vergangenen Wochen und Monaten noch einmal aufzusaugen und zu genießen. Das Leben geht aber irgendwie weiter.
Was wird Ihnen noch fehlen?Vor allem der Gang aus der Kabine in die Eishalle. Oder der Platz, wo man darauf wartet, dass dich der Hallensprecher aufruft und du aufs Eis darfst. Ich kenne in der Eisarena jeden Betonklotz, jede Macke im Boden. Das war mein Zuhause - über so viele Jahre. Ich weiß ganz genau, wie es sich anhört, wenn ich das Eis betrete und es knarzt. Ich weiß, wie es in der Eisarena riecht. Einerseits sind es schöne Erinnerungen. Andererseits ist es natürlich hart für mich, wenn ich diese Momente nicht mehr erleben kann.
Aus dem Umfeld der Pinguins ist zu hören, dass sich viele Fans wünschen, dass Ihr Trikot mit der Nummer 19 unter das Dach der Bremerhavener Eisarena kommen soll - als Würdigung Ihrer Leistungen. Sollte es dazu kommen, was würde Ihnen das bedeuten?Wenn der Verein es nicht macht, bin ich nicht böse. Wenn er es macht, freue ich mich natürlich. In erster Linie wäre es aber toll für die Fans, die mit mir in den vergangenen Jahren die Pinguins gemeinsam begleitet haben. Diese Menschen leben für den Klub. Ich denke, denen wäre es besonders wichtig, wenn mein Trikot oder ein Meisterschaftsbanner unter der Hallendecke hängen würde. Dann könnten sie in Erinnerungen schwelgen.
Noch ist eine Entscheidung über Ihre Zukunft noch nicht gefallen. Wovon machen Sie diese abhängig?Ich werde die Entscheidung gemeinsam mit meiner Frau treffen. Würde ich mich dazu entschließen, weiter Eishockey zu spielen, heißt das, dass ich etwa acht bis neun Monate im Jahr nicht in Bremerhaven wohnen könnte. Ich würde meine Familie vielleicht nur einmal in der Woche sehen. Meine Frau und meine zwei Kinder sind natürlich ein entscheidender Faktor. Meine Familie bleibt definitiv in Bremerhaven. Andererseits spiele ich sehr gerne Eishockey. Ich stehe noch voll im Saft. Es hängt aber auch davon ab, dass ich natürlich auch ein lukratives Angebot brauche.
Was verstehen Sie unter lukrativ?Ich würde nicht für jeden Verein mein Zuhause verlassen. Das Gesamtpaket muss einfach passen. Ich muss mich wohlfühlen. Die Liga ist für mich nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass ich meine Eiszeit bekomme und der Verein Ambitionen hat, erfolgreich Eishockey zu spielen. Ich würde gerne noch einmal um eine Meisterschaft oder um den Aufstieg mitspielen.
Gibt es konkrete Angebote?Ein Angebot in Papierform habe ich noch nicht vorliegen. Gespräche wurden aber schon geführt.
Wie sieht Ihr Alltag derzeit aus?Meine Frau hat seit Jahresbeginn in Bremerhaven ein Yoga-Studio. Da bin ich oft. Wir betreiben das Studio gemeinsam. Meine Frau aber hauptsächlich. Seit vergangenem Jahr bin ich auch Yoga-Lehrer. Ich gebe Kurse. Nebenbei halte ich mich noch im Kraftraum fit. Außerdem genieße ich die Zeit mit meiner Familie. Eine Eishockey-Saison frisst nicht nur viel Zeit, sondern kostet mich körperlich und mental viel Kraft.
Das Interview führte Marlo Mintel. Zur Person Marian Dejdar ist der Rekord-Eishockeyspieler der Fischtown Pinguins. Der 34-Jährige hat insgesamt 666 Hauptrundenspiele für Bremerhaven absolviert. Nach 14 Jahren im Pinguins-Trikot trennen sich nun die Wege. Der gebürtige Hesse wird in der kommenden Saison für das Bremerhavener Eishockey-Team nicht mehr auflaufen.