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"Star Trek" im Visier von Kieler Wissenschaftlern - WELT

Die Universität zu Kiel im Klingonenfieber: Medienwissenschaftler Professor Hans-Jürgen Wulff leitet bereits seit Sommer 1998 das Forschungsprojekt "Star Trek" - und noch immer dauert das universitäre und öffentliche Interesse an. Eine Ringvorlesung aus dem Wintersemester 1998/99 zu diesem Thema war mit teilweise über 1000 Studenten die am besten besuchte Veranstaltung der Uni zu Kiel überhaupt. "Wir sind aber keine Trekkies, wir wollen mit wissenschaftlichen Methoden herausfinden, warum die Faszination der Serie so groß ist."

Jetzt hat Wulff erste Ergebnisse seiner Arbeiten vorgestellt. Sein Forschungsansatz: Er untersucht, wie die Serie bestimmte gesellschaftliche Themen behandelt, und welchen wirtschaftlichen Faktor sie darstellt.

In der Serie wird von der Uni-Fantasie ausgegangen, von einer Weltgesellschaft, die ihre Probleme rational und friedlich löse, sagt Hans-Jürgen Wulff. Versorgungsprobleme, Hunger und Geld werden bei Star Trek nicht thematisiert. "Die ganze Ebene von Tausch und Reichtum spielt in der Serie keine Rolle", erklärt der Medienwissenschaftler. Lediglich eine Spezies von Kapitalisten tauche in den rund 600 Folgen auf. "Wenn diese beschrieben wird, geschieht das immer in hochgradig ironischen Zügen", meint Wulff.

Die Serie bezeichnet der Forscher aus Kiel als eine "Art Labor der zeitgenössischen Wissenschaft", insbesondere der Naturwissenschaft. Die Zuschauer finden Diskussionen über ethische Probleme wie Sterbehilfe oder Eugenik. Außerdem geht es um Roboter. "Physiker sowie Astrophysiker erkennen zum Teil bis ins Detail hinein erstaunliche Parallelen zu ihrer Forschung", sagt Wulff. "Andere Dinge wie die Sozialwissenschaften sind hingegen weit unterbeleuchtet." Der Umgang mit

Geschichte werde eher naiv behandelt. Im Bereich der Medizin weiche die Serie stärker von der Wirklichkeit ab als in der Physik.

Warum Hans-Jürgen Wulff zu "Star Trek" forscht? "Ich hatte mir zunächst ja Akte X als Forschungsgebiet vorgestellt, weil es 1998 noch aktueller war. Zum Thema Populärkultur war das Echo von Studentenseite für Star Trek aber sehr groß", erklärt der Leiter des Schwerpunkts Film und Fernsehen.

An dem Projekt seien Studenten und Doktoranden mehrerer Fakultäten beteiligt, denn bei der Arbeit würden sowohl technische als auch ethische und wirtschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Selbst hat sich Wulff alle Folgen und Filme von "Star Trek" noch gar nicht angesehen: "Um Himmels willen. Das ist unmöglich. Dann würde ich überhaupt nicht mehr von dem Fernseher wegkommen. Ich habe bisher etwa 120 bis 150 Teile der Serie gesehen."

Als nächstes will Hans-Jürgen Wulff den wirtschaftlichen Aspekt der Serie untersuchen. Der Umsatz für Filme, Spielzeug und Computerspiele wird auf 800 Millionen bis zwei Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt. Genaue Zahlen sind nicht bekannt.

Außerdem will der Star-Trek-Forscher aus Kiel herausfinden, wie sich Fans der Serie verhalten, was für Fan-Artikel sie kaufen, wie sie den Star-Trek-Kult ausleben. Die bisher wenigen Auswertungen der Frage, wer sich die Serie ansieht, haben ergeben,

dass die Zuschauer älter sind als ein gewöhnliches Serienpublikum, einen höheren Bildungsstand haben und sich durchaus für

Naturwissenschaften und Technik begeistern.

Das Projekt im Internet:

www.uni-kiel.de

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