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Lieber Hochschule als Hollywood - WELT

Der Nürnberger Designer und Computer-Animationskünstler Jürgen Schopper ist mit 32 Jahren der jüngste Professor in Bayern

Seine Studenten dürfen ihn duzen. "Ich bin nicht der Obermotz", sagt Jürgen Schopper, mit 32 Jahren jüngster Professor Bayerns. "Wenn ich merke, dass ich elitär auftreten müsste, würde mir die Arbeit keinen Spaß machen." Am Tag seiner ersten Vorlesung kam der Professor für Gestaltung der Fachhochschule Nürnberg mit schwarzer Lederhose und grau-schwarzem Pulli.

Auf der Visitenkarte seines bisherigen Arbeitgebers "ARRI Film und TV" in München, für den er weiterhin als kreativer Direktor tätig ist, steht nur "Jürgen Schopper" - ohne Professorentitel vor seinem Namen. Darauf legt der zum Sommersemester 2001 neu berufende Hochschullehrer keinen Wert. "Es ist nicht so, dass ich mir jetzt innerlich auf die Schulter klopfe und sage: ,Wow, yeah, jetzt bist du was.'"

Als Professor an der Fachhochschule Nürnberg zu unterrichten, das konnte sich Jürgen Schopper vor wenigen Jahren gar nicht vorstellen. 1995 war er einer der Computer-Animationskünstler für die Spezialeffekte des Hollywood-Erfolgsfilms "Independence Day". Danach konnte sich der Nürnberger aussuchen, für welche Produktionsfirmen er arbeiten wollte: Die Angebote kamen von Unternehmen aus der ganzen Welt. Doch statt für Hollywood entschied sich der 32-Jährige für die Hochschule.

Seinen Beruf als Hochschullehrer sieht Jürgen Schopper als verantwortungsvolle Aufgabe, die man langfristig betreiben müsse. "Damit meine ich aber nicht, dass ich jetzt sage: Das war's! Meine Existenz ist gesichert, ich bin ein gemachter Mann." Auch so hehre Begriffe wie Lebensaufgabe möge man nicht zitieren, bittet er. Aber Jürgen Schopper hat an der Fachhochschule Nürnberg eine Menge vor, will den Bereich Computeranimation und audiovisuelle Medien umkrempeln und neue Akzente setzen. All das in einem Alter, in dem an der Uni viele Assistenten noch an ihrer Doktorarbeit schreiben und eine Habilitation noch in weiter Ferne ist.

Erste Erfahrungen als Dozent hatte der Diplom-Designer, der an der Fachhochschule Nürnberg und an der Filmakademie Ludwigsburg studiert hat, bereits vor seiner Berufung zum Professor gesammelt. Als Lehrbeauftragter war er für die FH Nürnberg tätig. "Deshalb wusste ich genau, worauf ich mich einlasse", erzählt Schopper. Durch Vorträge und Workshops der Firma ARRI lernte er, über komplexe Themen möglichst verständlich zu sprechen. So gab er sich auch beim "Vorsingen", wie ein Probevortrag im Rahmen der Berufung von Professoren an der Hochschule genannt wird, keine Blöße.

Seit Anfang März 2001 läuft Jürgen Schoppers Vertrag, am 15. März war Semesterbeginn. Bereits jetzt bilanziert der 32-Jährige: "Ich fühle mich hier wohl, denn der Faktor Menschlichkeit wird im Fachbereich Gestaltung großgeschrieben." Nicht die Professoren als Halbgötter, sondern Teamwork stünden im Mittelpunkt. "Das macht mir Spaß." Außerdem freut er sich, wieder in Nürnberg arbeiten zu können, wo er seine Kindheit verbracht hat, wo er studiert hat, wo all seine Freunde wohnen. "Hier fühle ich mich wohler als in Los Angeles."

Dort hatte er Angebote von drei großen Unternehmen: Walt Disney, Industrial Light & Magic ("Star Wars") und Digital Domain. Doch Schopper lehnte ab, kehrte nach Deutschland zurück und arbeitet seitdem für ARRI in München - mit einer Reihe an Auszeichnungen im Gepäck: Die digitalen Spezialeffekte für den Spielfilm "Marianengraben" wurden auf der "siggraph" mit dem ersten Preis bedacht, und der Kurzfilm "Holzköpfe" erhielt zwei Auszeichnungen. Seine Arbeit ganz aufgeben will er nicht. Nicht nur wegen der Erfolge: "Denn ohne neue Praxiserfahrungen kann ich den Kindern an der FH nur ein Jahr etwas erzählen", sagt Schopper.

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