Zehn Millionen Menschen leben in den beiden Ländern, sie wurden bisher von 170 Ärzten versorgt. Das war schon ohne Ebola ein schlechter Witz. Die meisten Liberianer und Sierraleoner sterben derzeit auch nicht an Ebola, sondern an Malaria, TB und Durchfallerkrankungen, denn die werden alle nicht mehr behandelt. Die Toten sind Opfer eines Spardiktats, denn seit mehr als einem Jahrzehnt haben Geberstaaten kaum noch in die medizinische Infrastruktur investiert - ebenso wenig wie die Regierungen vor Ort. Die Toten sind also auch Opfer ihrer eigenen Regierungen.
Tot gespart wurden die Ebola-Opfer auch, weil der WHO ein Viertel ihres Haushalts entzogen wurde. Die WHO ist dazu da, schwachen Staaten in Notfällen wie diesem beizustehen. Doch nach den Kürzungen hat die WHO noch ganze drei Notfallexperten in Afrika stationiert. Die entsprechende Abteilung in Genf hat noch 34 Mitarbeiter, es waren einmal fast einhundert.
Denen, die Ebola überleben, drohen Hunger und Armut. Die Weltbank prognostiziert den zuletzt schwach wachsenden Volkswirtschaften drastische Einbrüche. Die Chinesen, die zuletzt so kräftig investierten, sind ausgeflogen. Mühsam hatte Sierra Leone es geschafft, nach dem Bürgerkrieg den Tourismussektor wieder aufzubauen - alles hin. Ähnliches gilt für andere Sektoren und für die Landwirtschaft. Nicht einmal die Hälfte der sierra-leonischen Felder wurden bestellt, spätestens im Frühjahr droht "gravierender Hunger". Noch gibt es Nahrung, doch die Armen können sie sich kaum noch leisten, weil der Transport im Land so schwer und Importe unmöglich geworden sind. Auch Arbeit gibt es nicht.
Vor diesem Hintergrund ist es ein glattes Wunder, dass die Massen sich noch nicht erhoben haben, um die in mit hohen Mauern vom sterbenden Pöbel abgeschirmten Regierungsmitglieder aus den Palästen zu treiben. Allein diese Tatsache zeigt, dass es doch noch ein Restvertrauen in den Staat geben muss
Wie lange das noch hält, hängt auch davon ab, ob das Ausland bereit ist, sich endlich die Finger schmutzig zu machen. Das Angebot, unbemannte Krankenzelte nach Westafrika zu senden, verhöhnt die dort Leidenden. Fast wünscht man sich, die Infizierten stiegen in den Flieger, um den immer noch prüfenden und planenden Spitzenpolitikern in Berlin persönlich die Meinung zu sagen. Angst verleiht bekanntlich Flügel.
Stand: 18.09.2014, 12.24 Uhr