Weekend, bürgerlich Christoph Wiegand, hat es als bisher einziger geschafft, beim VideoBattleTunier (kurz: VBT) einen Doppelsieg einzufahren. Das brachte ihm nicht nur in Reihen der Hip Hop-Szene mehr Fans (bei Facebook ganze 158 Tausend Likes), sondern letztlich sogar einen Vertrag beim Label Chimperator, auf dem unter anderem Cro und die Orsons veröffentlichen. Im Vorfeld zum am 30.08. erscheinendem Debütalbum AM WOCHENENDE RAPPER haben wir den wortgewandten König der (Selbst)-Ironie zum Interview gebeten. Ein Gespräch über Fluch und Segen des VBT, Rap-Ursprünge und die Trennung zwischen Privatperson und Rapfigur.
Deutschrap ist in und in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Was bringt das für Deutschrap an guten wie negativen Erscheinungen mit sich?
Die guten Erscheinungen sind klar. Auf einmal schießen reihenweise auch unkommerzielle Alben in den Charts nach oben, die das vor vier, fünf Jahren nicht geschafft hätten. Es gibt viel mehr Raphörer. Konzerte sind voll. Das ist schon geil. Negativ ist denke ich die Masse an Rappern, die da ist. Du hast es schwerer rauszustechen. Vor 20 Jahren hat man einfach gerappt und die Leute haben es gehört, weil es nur zehn, fünfzehn Leute in Deutschland gab, die die Möglichkeit hatten. Jetzt gehen mit Sicherheit auch viele Talente vor die Hunde, weil einfach keiner merkt, dass sie da sind.
Wie hast du dich gefühlt, als du bei Chimperator unterschrieben hast?
Och, das war gar nicht so ein großer Moment. Ich wusste schon länger, wo es hingeht. Ist ja nur die Unterschrift, die das besiegelt, was man vorher besprochen hat.
Wann hast du angefangen Rap zu hören? Hat die Musik, die du machst etwas mit dem zu tun, was du früher selber gefeiert hast?
Angefangen Rap zu hören habe ich mit 14. 2001, als das erste Creutzfeld & Jakob Album rauskam. Dann kamen so Sachen wie Savas, Spontan, SD usw. dazu. Ich weiß nicht, ob man das aktuell noch raushört. Das können andere Leute besser entscheiden als ich. Ich denke an den Features auf dem Album merkt man das aber auf jeden Fall.
Wenn ich etwas mit der Künstlerfigur Weekend verbinde, dann ist es vor allem diese herrliche (Selbst)-Ironie, die sich natürlich auch in Tracks des neuen Albums z.B. bei´„Schatz, du Arschloch!“ findet: „Ich frag mich häufig: Womit hab ich so ein Glück verdient? / Das ist wie lebenslanger Urlaub - im Bürgerkrieg“. Was hat dir diese Wortgewandtheit privat schon beschert?
Auf jeden Fall nicht so viel Stress, wie man denkt! Ich bin zwar schon immer so der Typ "Klassenclown" gewesen, aber ich bin nicht ganz so bissig wie in meinen Texten. Ich glaub eher, wenn ich in der richtigen Laune bin, kann es ganz witzig mit mir sein.
Da du ja kein Image-Rapper bist: Kannst du eigentlich zwischen Künstler und Privatperson umswitchen oder sind die Übergänge da fließend?
Ich glaube da gibt es schon eine klare Grenze. Zumindest bei den battletypischen Songs. Ich bin im Privatleben kein Großmaul und auch nicht so von oben herab. Das ist ein Stilmittel. Alles für den Witz. Ich find da ja auch oft Dinge extra scheiße, die ich eigentlich mag. So richtig ehrlich sind eher Songs wie "zurück dahin", "Sommer meines Lebens" oder der Song mit Laki.
Bedenkt man den Albumtitel AM WOCHENENDE RAPPER, könnten böse Zungen dir ja vorwerfen, du seist nicht real, nicht Vollblut-Rapper. Was bist du denn in der Woche?
Naja, das soll ja nicht aussagen, wann ich mich mit Rap beschäftige. Es geht vielmehr darum den "normalen" Job zu betonen. Ich muss unter der Woche im Büro sitzen, um mein Geld zu verdienen. Am Wochenende hab ich die Zeit, in andere Städte zu fahren und "Rapper" zu sein. Eigentlich ist es aber so, dass ich mich momentan fast nur damit befasse. Rap steht da grade oft mehr im Mittelpunkt, als es wahrscheinlich gesund ist.
Wie wäre mal ein Beef mit KIZ? Ich stelle mir das dissmäßig äußerst unterhaltsam vor.
Ich würde lieber was mir denen zusammen machen als gegen die. KIZ sind äußerst undissenswerte Menschen. Ich feier die sehr!
Die erste große Tour steht im Herbst an. Nach welchen Kriterien hast du deinen Support (Persteasy & Fist) gewählt?
Es gab zwei Kriterien. Sie mussten gut rappen und menschlich cool sein. Beides trifft auf beide absolut zu.
Kommen wir zum unvermeidlichen Thema VBT: Waren deine VBT-Erfolge Fluch oder Segen für dich? Wirst du oft darauf reduziert?
Sie waren Segen. Klar muss ich mich jetzt irgendwo auf einer anderen Ebene, nämlich auf der Album-Ebene, beweisen. Und da wird auch immer mit dem VBT verglichen. Aber das ist doch logisch. Im VBT hat es Leuten gefallen. Jetzt fragen sie sich: Kann er das auf Albumlänge auch? Und da bin ich gefragt, sie zu überzeugen. Ob ich das schaffe, bleibt abzuwarten. Das geht anderen Musikern nicht anders. Da fragt man dann halt statt nach dem VBT, ob sie an dieses oder jenes Album anknüpfen können. Ich denke einfach, hätte es kein VBT für mich gegeben, dann gäb‘ es das alles jetzt nicht. Dann würde zwar keiner nach dem VBT fragen. Aber wahrscheinlich würde dann kaum einer überhaupt irgendwas fragen. Darum ist das schon cool und eigentlich nervt es mich auch null. Ich hab nur manchmal das Gefühl, dass in Bezug auf das VBT inzwischen alles besprochen wurde, was Interviews betrifft.
Viele Fans kennen dich daher und damit „nur“ die Battlerap-Seite. Wie schwer ist es, die jetzt außerhalb des Battlerahmens als Fan zu halten?
Frag mich das nach dem Album. Ich glaube, vieler meiner Songs auf dem Album ähneln den VBT-Sachen vom Humor her schon deutlich. Ich hab da meinen Stil gefunden und mach das, wie ich es mag. Der große Unterschied bei den Albumsongs ist in meinen Augen eher, dass ich da mehr Zeit hatte und musikalisch mehr machen konnte. Also könnte das schon hinhauen. Aber vielleicht vertu‘ ich mich da auch. Warten wir das ab, es ist ja fast soweit.
Trotzdem spannend: Welchen Rapper würdest du gerne mal battlen?
Boah. Gerade niemanden. Ich bin da im Moment glaub ich der Sache etwas überdrüssig. So echten "Beef" find ich eh blöd. Und Spaßbattles müssen auch nicht unbedingt sein, das hab ich jetzt so oft gemacht.
Verfolgst du das VBT eigentlich noch? Hast du im VBT 2013 Geheimfavoriten unter den Newcomern?
Ich hab mal reingeschaut und fand ein, zwei Leute auch super. Einer hieß MoooN, meine ich. Aber in den letzten Wochen hatte ich zu wenig Zeit, es gibt bestimmt ein paar gute Leute, die ich gar nicht gesehen hab.
Weekend beim VBT 2012
Was hört ein Herr Wiegand eigentlich außer Hip Hop?
Flume! Okay, das ist im weitesten Sinne Hiphop. Äääh...Mist. Ich hab immer voll Angst vor dieser Frage, man sagt doch als cooler Rapper immer, dass man eigentlich gar keinen Rap hört. Ich hör‘s aber fast ausschließlich. Wenn dann so Sachen wie Gorillaz oder Gnarls Barkley, die genreübergreifend schon was mit Hiphop zu tun haben.
Was hältst du vom Juliensblog Battle und seinen Teilnehmern? Du darfst sogar deinen Tipp abgeben, wer hinter Spongebozz steckt.
Ey, Juliens Blog ist komplett an mir vorbeigegangen. Wenn ich da was gesehen hab, fand ich‘s nie wirklich überragend gut. Und dass es so jemanden names Spongebozz gibt, hab‘ ich mitbekommen, aber der Zeitpunkt, wo man noch mit einer Maske kommen durfte, ohne der uneigenständigste Mensch der Welt zu sein, ist jetzt langsam vorbei. Ich finde, dass sollte man auch mal so kommunizieren, die Leute kriegen das scheinbar nicht mit. Wie der Typ rappt, weiß ich übrigens nicht.
Was macht deutschsprachigen Hip Hop auch 2013 noch so spannend?
Aktuell einfach tausend gute Leute. Unser Booking-Chef Steffen würde jetzt sagen: "Da ergeben sich Synergien". Und so ist das auch. Wenn du ein paar gute Leute kennst, fängst du irgendwann an zu diggen und entdeckst im Untergrund aktuell einfach immer, immer mehr. Und zack ist es passiert. Grade mochtest du noch Justin Bieber und plötzlich bist du Deutschrap-Fan.
Deine Album-Box ist ja schon ausverkauft, vor kurzem hast du eine Vinyl-Version (gute Entscheidung, übrigens!) angekündigt. 156.000 Fans auf Facebook sind ebenso ganz schön heftig. Inwiefern kriegst du diesen Internet-Fame im Alltag mit?
Mal mehr, mal weniger. Es kommen schon oft Leute. Heute haben wir in der Innenstadt gedreht und da wollte ein paarmal jemand mit mir quatschen oder Fotos machen. Aber das ist in einem Rahmen, den ich okay finde.
Zum Abschluss: Wo siehst du dich in drei Jahren Rapkarriere?
Ich hab keinen Schimmer. Ich glaube nicht, dass ich der nächste Cro oder Casper bin. Aber ich fühl mich wohl auf diesem "Level" grade. Da passieren tolle Dinge. Aber ich brauch keinen Bodyguard beim Einkaufen oder so. Das ist ein schöner Kompromiss, denke ich. Wenn ich dieses Level, bis in drei Jahren halbwegs aufrechterhalten kann, dann bin ich zufrieden. Ein schönes Schlusswort, wie ich finde!
Das Interview erschien zuerst im Musikmagazin Schallhafen