Eigentlich kommen Landschaftskrippen aus dem Fichtelgebirge. Doch in Segnitz schlummert ein ganz besonderes Exemplar. Was es damit auf sich hat, erklärt der Bauherr selbst.
Unscheinbar wirkt die kleine Scheune im Segnitzer Altort, direkt neben dem Rathaus. Auch das Schildchen mit der Aufschrift "Krippenschaun – Hereinspaziert!" auf dem Scheunentor wird dem nicht gerecht, was sich dort verbirgt. Doch wer durch die Tür geht, der tritt ein in eine andere Welt. Auf 22 Quadratmetern stehen auf einer Platte rund ein Dutzend zigarrenkistengroße Fachwerkhäuschen. Dazwischen tummeln sich Menschen mit bäuerlichen Gewändern und Tieren in pastoralen Szenen. Jäger, Bauern und Dorfbewohner gehen ihrem Alltag nach.
Zu sehen ist auch eine Windmühle, die sich langsam im Wind dreht. Mit den steilen Bergen, der kargen Bepflanzung und einem reißendem Gebirgsfluss erinnert die Landschaft an die Alpen. Ganz am linken Rand der Miniaturlandschaft fällt jedoch etwas ins Auge, das auf den ersten Blick nicht in diese bayerische Idylle passt. Dort befindet sich der Stall von Bethlehem – in ihm Maria, Josef und das Christkind in seiner Krippe.
Landschaftskrippen: Eine Tradition aus dem FichtelgebirgeMeister dieser kleinen Welt ist Walter Frank. Dessen Großvater stammt aus Marktredwitz im Fichtelgebirge und hat die Häuschen vor etwa 120 Jahren aus Zigarrenkistenholz gebastelt. Genaues "Krippenschaun" lohnt sich. "Ob die filigranen Balkone oder das feine Fachwerk – es ist einfach Wahnsinn", schwärmt Frank von der Arbeit seines Opas. Auch die über 100 Tonfiguren sind historisch und stammen von Töpfern aus dem Fichtelgebirge, die sich auf Krippenfiguren spezialisiert hatten. Unter den Figuren gibt es sogar echte Prominenz: Hoch oben, von einer Berghütte, überwacht Prinzregent Luitpold die Landschaft in der Segnitzer Scheune.
Diese bunten Landschaftskrippen haben im Fichtelgebirge Tradition. Die brachte Franks Vater nach Segnitz, als er von Marktredwitz ins unterfränkische Maintal heiratete. "Wir hatten damals jedes Jahr ein Weihnachtszimmer", erinnert sich Walter Frank. Schon in seiner Jugend packte er beim Aufstellen mit an und lernte so von seinem Vater, wie man's macht. Heute führt der 77-Jährige die Tradition weiter, wie im Fichtelgebirge geläufig auch für die Öffentlichkeit. Zu festen Terminen oder auf Anfrage dürfen Besucher zum "Krippenschaun" in die Scheune kommen.
Typisch Unterfranken: Ein Weinberg in der KrippeDoch bevor Besucher kommen können, muss Walter Frank seine Landschaftskrippe jedes Jahr wieder aufbauen. Dazu braucht er im Schnitt drei bis vier Tage. Die Krippe lässt sich nämlich nicht einfach aus einzelnen größeren Teilen zusammenstecken. Jeder Stein und jeder Berg muss einzeln auf die Platte gesetzte werden. "Die Felsen mach ich aus Koksschlacken und das Gebirge aus Baumstämmen", erklärt er. Das Moos sammelte und trocknete er mit seinen Enkeln. "Es ist das Schönste, dass da die ganze Familie mitmacht."
Beim Aufbau denkt Frank gerne zurück an die alte Zeit. Aber auch die neue Heimat seiner Familie findet Platz in seiner Landschaftskrippe. "Ich hab mir erlaubt, einen Weinberg einzubauen", sagt Walter Frank und lächelt. Vor den Rebflächen steht die einzige selbstgemachte Figur: Es ist ein unterfränkischer Winzer, gebastelt von seiner Tochter.
Weihnachtliche Musik und Glühwein während der ÖffnungszeitenDass manche Besucher sagen, dass es jedes Jahr das Gleiche sei, stört Walter Frank nicht. Es seien sowieso die wenigsten. Außerdem: "Ein Weihnachtsbaum ist auch immer gleich", scherzt er. "Ich mach das gerne für die anderen, aber auch für mich selbst." Sowieso gibt es während der Öffnungszeiten mehr zu erleben als nur die Krippe. "Dann spielt hier weihnachtliche Musik und zum Aufwärmen gibt es Glühwein", sagt Frank.
An den Abbau will er jetzt noch nicht denken. Obwohl das Verstauen der Landschaftskrippe nur etwa einen Tag dauert, findet er es schrecklich. Warum? "Na, weil es dann vorbei ist", sagt der 77-Jährige und lacht. Die Weihnachtszeit ist seine Zeit.
"Krippenschaun" in Segnitz
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