Als Weltbanker jettete Uli Zeisluft um den Planeten,
führte ein Leben in Hotelzimmern. Dann überlebte er einen Überfall -
und änderte sein Leben radikal. Heute produziert er in Nairobi
Handtaschen für die Reichen und hilft damit den Armen. - von Luise Binder, Nairobi
Zunächst verlief alles wie gewohnt. Zeisluft sollte die finanzielle Infrastruktur in Subsahara-Afrika aufbauen. Der Manager verdiente gutes Geld und lebte sein Leben in der Fünf-Sterne-Welt der Luxushotels in der Hauptstadt Nairobi. "Ich komme immer wieder gerne hierhin, aber vor allem deswegen, weil ich mich daran erinnern möchte, warum ich diesen Wechsel vollzogen habe", sagt er, wenn er heute geschäftlich in den Hotels zu tun hat. Auch seine Lebensgefährtin, die technische Analystin Chebet Mutai, lernte er bei der Weltbank kennen. Gemeinsam schmiedeten sie Pläne für die Zukunft, überlegten, ob sie sich etwas Eigenes aufbauen sollten.
"Der Anfang einer langen Reise"
Nachdem der Albtraum überstanden war, machte er sich Gedanken, was er mit seinem Leben anfangen will. Er kündigte seinen Job bei der Weltbank. Chebet tat es ihm gleich und stieg in eine neue Branche ein: Mode. Zu Beginn lag das Augenmerk der modebewussten Kenianerin auf Kleidung. Doch seit 2014 produziert das Paar unter dem Label Wazawazi vor allem Handtaschen. Der Name ist eine Kombination der beiden Swahili-Worte waza (denken) und wazi (offen) - Weltoffenheit.
Teile aus dem Slum
Die Materialien für die Luxustaschen hat er nicht im Großhandel gefunden. Zeisluft fand sie im Kibera-Slum, Afrikas größtem Elendsviertel. Er will den Menschen hier eine Chance geben, so viele wie möglich beschäftigen. "Mit welcher Gelassenheit, mit welcher Sorgfalt und mit welcher Liebe diese Teile hergestellt werden, das finde ich schon toll“, sagt der deutsche Auswanderer über die Arbeit der Menschen in Kibera.
Schöne Dinge brauchen glückliche Mitarbeiter
"Uli und Chebet sind tolle Kunden für mich", sagt etwa Francis Wasonga. Er fertigt Schnallen für die Taschen von Wazawazi. "Seitdem wir zusammen arbeiten, haben sich meine Lebensbedingungen deutlich verbessert, ich verdiene sehr gut mit ihnen." Fairer Handel und erstklassige Qualität - das sind die neuen Leitfäden des ehemaligen Finanzberaters. "Klasse statt Masse" ist jetzt sein Motto.
Mit dem Rad zum Handwerker
Eine Verbindung zu seinem alten Leben bleibt dennoch bestehen: Denn, die Taschen sind Luxusartikel für Reise und Geschäftsalltag, jedes Produkt im Wert zwischen etwa 100 und 200 Euro. Es passt perfekt in die Kreise, in denen sich Uli Zeisluft damals als Finanzberater herumtrieb. So ist er hier und da noch immer in der Fünf-Sterne-Welt zugegen. Doch danach schnappt er sich wieder sein Fahrrad, denn er ist sich sicher: "Das ist nicht mehr das Leben, das ich führen möchte." Dann radelt er durch Nairobi in den Slum und besucht seine Handwerker.