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Verbot von Combat 18: Ein Signal an die Gesellschaft

Die rechtsextreme Gruppe "Combat 18" ist verboten. Was bedeutet das und welche Folgen könnte es haben? Einschätzungen von Rechtsxtremismus-Experte Hajo Funke.


von Julia Klaus und Luisa Houben


Die Gruppe bekennt sich laut Innenministerium zur NSDAP, sie sei rassistisch, antisemitisch und fremdenfeindlich. Sie habe außerdem eine "kämpferisch-aggressive Grundhaltung". "Combat 18" gilt als der bewaffnete Arm der seit 2000 in Deutschland verbotenen Gruppierung "Blood and Honour" (Blut und Ehre). Ihr Ursprung liegt in Großbritannien und sie ist in mehreren europäischen Ländern aktiv. Die Zahl 18 im Namen steht für den ersten und achten Buchstaben im Alphabet, also A und H - die Initialen von Adolf Hitler.

Laut Innenministerium zählen etwa 20 Personen zu "Combat 18", wobei zwischen sogenannten Vollmitgliedern und Supportern unterschieden werde. Die Razzien richteten sich unter anderem gegen die Rädelsführer. Die Gruppe tritt selten öffentlich wirksam in Erscheinung. Kommunikation und Treffen finden konspirativ statt. Ihr Gedankengut verbreiten sie vor allem über Musik. Labels, Bands, Merchandise und Konzerte sind ihre Propagandainstrumente.


Hajo Funken
Politikwissenschaftler
lehrte bis zu seiner Emeritierung 2010 an der Freien Universität Berlin
Schwerpunkte: Rechtsextremismus und Anitisemitismus in Deutschland


heute.de: Zwanzig Personen sollen zu "Combat 18" gehören. Ist das nur ein kleiner Schlag gegen die deutsche Neonazi-Szene? 

Hajo Funke: Ich gehe davon aus, dass viel mehr Menschen an dem Netzwerk um "Combat 18" beteiligt sind. Die Gruppe ist nur ein Teil der deutschen Neonazi-Szene. Es existieren drei Ebenen, die auch miteinander kommunizieren: Erstens eine radikalisierte Dauerszene in verschiedenen Städten und Regionen. Zweitens terroraffine Netzwerke, zu dem auch "Combat 18" gehört. Drittens gewaltbereite Netzwerke in und um Kleinstparteien wie "Die Rechte". Es wird sich zeigen, ob bald noch weitere Gruppen verboten werden.

heute.de: Welche Rolle hatte "Combat 18" in diesem Geflecht? 

Funke: Bei ihnen ging es primär um eine nationalsozialistische Gewalt-Ideologie - und um terroristische Gewalt wie das Nagelbombenattentat in London, den Umsturz durch Terror als ultimatives Ziel. Gruppen wie "Combat 18" verkörpern die Faszination des Ultimativen. Immer radikaler, immer voran. Das ist die innere Logik der rechtsextremen Szene und das kann auch auf Gewalttäter abstrahlen.

heute.de: Bringen solche Verbote überhaupt etwas? 

Funke: Grundsätzlich schon. Es hängt allerdings davon ab, wie konsequent die Sicherheitsbehörden in den Ländern und im Bund solche Verbote umsetzen. Ob sie etwa bei Rechtsrockkonzerten Menschen mit den Symbolen von "Combat 18" herausziehen. Verbote bringen auch in dem Maße etwas, in dem die Öffentlichkeit und die Bevölkerung erkennen, dass Gefahr durch Rechtsextremismus droht - für politisch Andersdenkende, für Politiker und speziell für Kommunalpolitiker.


Die Erkennungszeichen wie die Abkürzung "C18" oder der Drache dürfen nicht mehr dargestellt und verbreitet werden. Als Symbol tauchen sie auf Kleidung, Plattencovern oder Flyern auf. Auch die Verwendung des Schriftzugs und die Slogan "Brüder schweigen - whatever it takes" bzw. "whatever it takes" in Kombination mit dem Drachen sind nicht mehr erlaubt.

Das Innenministerium nennt "Combat 18" einen "rechtsextremistischen Verein" - obwohl er nicht im Vereinsregister eingetragen ist. Laut einem Sprecher ist "Combat 18" dennoch ein sogenannter Verein im Sinne des Vereinsgesetzes. Als solcher zählt "jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen" habe. Deswegen kann das Innenministerium auch mit dem Vereinsrecht argumentieren.

Ist das Verbot endgültig?

Die Gruppe hat die Möglichkeit, gegen das Verbot vorzugehen. Er kann innerhalb eines Monats beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Klage erheben. "In Sicherheitskreisen gilt das aber das sehr unwahrscheinlich", sagt ZDF-Rechtsexperte Felix Zimmermann.

"Das Verbot von "Combat 18" hat weitreichende Folgen", so Zimmermann. Denn wer die Strukturen der Vereinigung weiter aufrechterhalte, mache sich strafbar. "Es drohen bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Auch wer die "Combat 18" lediglich unterstützt, muss mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe rechnen (§ 85 Strafgesetzbuch). Auf die Verbreitung von Propagandamitteln und die Verwendung von Kennzeichen verbotener Vereinigungen stehen bis zu drei Jahre Haft (§§ 86, 86a StGB), das gilt auch für das Tragen von Kleidung, auf der die Symbole sichtbar sind."

Welche Kritik gibt es?

Innenminister Seehofer habe zu spät reagiert und sein Vorgehen auch noch angekündigt, kritisiert die Innenexpertin der Linkspartei, Martina Renner. Das Verbot habe sich über mehr als ein halbes Jahr abgezeichnet. "Genug Zeit für die militante Neonazi-Gruppierung, Waffen, Finanzunterlagen bei Seite zu schaffen und Kommunikation zu löschen", schrieb die Bundestagsabgeordnete und Vizeparteivorsitzende auf Twitter.

Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser erklärte, "Combat 18" sei "eine der radikalsten Gruppierungen in der rechtsextremen Szene". Das Verbot sei dringend geboten. Strasser warf dem Innenministerium vor, es habe "noch vor kurzer Zeit die Existenz von C18-Strukturen in Deutschland abgestritten".

Noch im September 2017 schätzte der Verfassungsschutz die Gruppe anders ein. Die Bundespolizei und Spezialkräfte der GSG 9 hatten damals Munition bei Angehörigen von "Combat 18" Deutschland beschlagnahmt. Der Verfassungsschutz sprach von einem "Netzwerk von wenigen regionalen Kleingruppen und Einzelpersonen". Bis zu einem Verbot dauerte es über zwei Jahre.

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