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Bundesverfassungsgericht fordert drittes Geschlecht im Geburtenregister

Foto: picture alliance / dpa

B.Z.

Neben „männlich" und „weiblich" sollten Menschen in Zukunft die Chance haben, zum Beispiel „inter" oder „divers" anzugeben.

Mann oder Frau, das ist zu ungenau. Denn allein in Deutschland gibt es mindestens 80.000 Menschen, die weder Frau noch Mann sind. Deshalb müssen Standesämter im Geburtenregister künftig neben den Eintragungen „männlich" und „weiblich" ein drittes Geschlecht vorsehen. Das entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht.

Wie dieses dritte Geschlecht heißen soll, ließen die obersten Richter offen. Genauso wie die Möglichkeit, künftig generell auf einen Geschlechtseintrag im Personenstandsregister zu verzichten. Bis Ende 2018 muss der Gesetzgeber jetzt eine entsprechende Neuregelung schaffen.

„Männlich", „weiblich" und „inter/divers"

Damit hatte die Verfassungsbeschwerde einer mittlerweile erwachsenen Person namens Vanja aus Leipzig Erfolg. Vanja war im Geburtenregister als Mädchen eingetragen worden. Doch laut einer Chromosomen-Analyse ist Vanja weder Mann noch Frau - und fordert deshalb einen Eintrag als „inter/divers".

Der Beschluss sei „eine große Freude", sagte Vanja am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es sei ein weiterer Schritt zur Anerkennung. Das Gericht habe deutlich gemacht, „dass es Menschen gibt, die nicht als Mann oder Frau leben, und dass das keine ‚Störung' ist". Zwar lasse sich gesellschaftliche Akzeptanz nicht allein durch einen Gerichtsbeschluss erreichen, räumte Vanja ein. „Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung."

„Personenstand ist keine Marginalie"

Seit 2013 besteht die Möglichkeit, die Eintragung im Geburtenregister offen zu lassen, wenn das Geschlecht eines Neugeborenen nicht eindeutig ist. Diese Variante „fehlende Angabe" hilft Intersexuellen aus Sicht der Karlsruher Richter aber nicht weiter. Denn dadurch würde nicht abgebildet, dass sie sich nicht als geschlechtslos begreifen, sondern nach eigenem Empfinden ein Geschlecht jenseits von männlich oder weiblich haben. „Der Personenstand ist keine Marginalie", heißt es in dem Beschluss. „Der Zuordnung zu einem Geschlecht kommt für die individuelle Identität herausragende Bedeutung zu."

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes würdigte die höchstrichterliche Entscheidung als „historisch". Diese stelle zudem klar, dass die Ehe für alle auch für intersexuelle Menschen gelte.

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