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Finanzberatung für Frauen - nur ein Marketing-Trick?

Im Internet wächst die Zahl an Finanzberatungsangeboten speziell für Frauen. Eine neue Studie zeigt, dass Frauen tatsächlich risikoscheuer anlegen als Männer. Woran liegt das? Und: Rechtfertigt es eine geschlechterbezogene Beratung? Oder ist es bloß ein Marketing-Trick?

Was für eine Vorstellung: Sie betreten Ihre Bankfiliale und ein Schild weist Sie an: "Anlagenberatung: Frauen bitte rechts, Männer links". Am rechten Schalter wartet eine Frau auf die Kundinnen, am linken Schalter fachsimpelt ihr männliches Pendant mit seinen Klienten. Die Kunden reihen sich bereitwillig ein - denn sie wissen: Frauen und Männer haben ein ganz unterschiedliches Verständnis von Finanzen.

Zurück in die Wirklichkeit: Ganz so weit ist es noch nicht; keine Bank sortiert ihre Kunden offensiv nach dem Geschlecht. Sehr wohl tun es aber einige Finanzberatungen, wie ein Blick ins Internet verrät. Dort finden sich zahlreiche Finanzberater, die Anlagetipps extra für Frauen geben. Dort heißt es, dass sich Frauen in Sachen Finanzen zurückhielten: Sie scheuten das Risiko und vermieden daher, ihr Geld in Aktien anzulegen. Aber stimmt das überhaupt - und wenn ja, warum?

Nur 15 Prozent der Frauen investieren in Wertpapiere

Die These der Blogs bestätigen eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und eine Kundenanalyse der ING-DiBa aus diesem Jahr: Nur 15 Prozent der Frauen legen ihr Geld überhaupt in Wertpapieren an - bei den Männern sind es 22 Prozent. Und wenn Frauen investieren, dann eher in tendenziell weniger riskante Exchange Traded Funds (ETFs) als in einzelne Aktien. Frauen ist es augenscheinlich lieber, ihr Geld sicher auf verschiedene, etwa im DAX gelistete Anlagen zu verteilen, und damit auf Nummer sicher zu gehen. Männer hingegen betrachten den Anlagemarkt offenbar eher als Chance und investieren tendenziell in einzelne Aktien. Das bestätigt alte Klischees: Der Finanzmarkt ist die Domäne der Männer.

Helma Sick wundert es nicht, dass Frauen im Umgang mit Geld zurückhaltender sind. Vor mehr als dreißig Jahren hat sie "Frau & Geld" gegründet - eine Finanzberatung, zugeschnitten auf Frauen. "Frauen haben, historisch gesehen, wenig bis keine Erfahrung mit Geld", sagt sie. Bis weit in das vergangene Jahrhundert hinein hätten Frauen höchstens das Haushaltsgeld verwaltet. Erst in den Sechzigerjahren durften Frauen ein Konto eröffnen, und bis 1977 hätte jeder Ehemann den Job seiner Frau kündigen dürfen, erklärt Sick. Sie findet eine geschlechterbezogene Beratung deshalb nicht nur gerechtfertigt, sondern geradezu zwingend. Männer könnten sorgloser mit Geld umgehen, da sie im Schnitt besser bezahlt würden und weniger familiär bedingte Auszeiten hätten.

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