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Wilder Streit um wilde Tiere

Zirkus Charles Knie in Frankfurt

Der Zirkus Charles Knie ist zu Gast in Frankfurt. Das lockt neben den Besuchern wie immer auch Kritiker. Tierrechtsaktivisten von Peta demonstrieren gegen die Tierhaltung in Zirkussen.

In der Manege großes Staunen, vor dem Zirkuszelt wütender Protest. Am Freitagnachmittag drehte sich alles um die Tiger und Löwen, die zurzeit mit dem Zirkus Charles Knie in Frankfurt zu Gast sind.

Auf Kommando des Tiertrainers Alexander Lacey machen die elf majestätisch anmutenden Raubkatzen Männchen, springen von Podest zu Podest oder legen sich brav hin. Manchmal fauchen sie ihren Chef an, dann wiederum streichelt und küsst Lacey seine Tiere.

„Die ach so enge Freundschaft mit den wilden Tieren, die Herr Lacey uns da immer vermitteln will, scheint ja doch nicht gegeben zu sein. Im April hat ihn eine Löwin angegriffen", sagt Jaqueline Herth-Sanders. Die Tierrechtsaktivistin von Peta bewertet das als aggressives Verhalten, welches Folge der schlechten Haltung von Zirkustieren sei.

„Tiere können im Zirkus nicht artgerecht gehalten werden. Artgerecht ist nur die Freiheit." Knapp 20 Personen sind zu der Demonstration von Peta Zwei, der Peta-Jugendorganisation, gekommen. „Der Wille von so einem wilden Tier muss ja gebrochen werden, damit es solche widernatürlichen Handlungen macht, wie auf einem Podest stehen und Männchen machen", meint Herth-Sanders.

Auf der anderen Seite des Eingangs Widerspruch: „Die Löwen und Tiger von Lacey sind keine Wildtiere. Die leben seit Generationen in der Obhut von ihm und seiner Familie." Patrick Adolph kümmert sich um die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Zirkus und kämpft ständig gegen die Vorwürfe der Tierrechtsaktivisten: „Peta verschickt immer die gleiche Pressemitteilung. Wir haben extra ein Dokument, in dem wir jede Anschuldigung widerlegen."

Die Zirkusgäste glauben Adolphs Argumenten und genießen die Show. Besucherin Clara Dickhardt (23) ist sich sicher: „Würden die Tiere schlecht behandelt werden, dann würden die keine Leistung bringen."

Auch Pensionär Wolfgang aus Frankfurt ist nicht nur von der Vorstellung begeistert: „Ich habe mir die Tiere in ihren Gehegen angeschaut. Die werden fabelhaft gehalten, haben genug Platz und fühlen sich sauwohl. Das sieht man." Er geht besonders gern mit seinen Enkeltöchtern in den Zirkus: „Die Kinder sollen die Tiere nicht nur in Büchern sehen."

In der Loge nebenan freut sich ein Neunjähriger auf die Raubtiershow nach der Pause: „Schon seit ich ganz klein bin, liebe ich diese Tiere."

Draußen auf Parkplatz werben die Aktivisten die Tierliebe hingegen für sich. „Tiere zur Belustigung zu benutzen, finde ich einfach nicht mehr zeitgemäß", sagt Karin Meyer (58). Die Rentnerin aus Frankfurt hält Peta-Flyer in der Hand. Die versprechen, die „Wahrheit über Tiere im Zirkus" zu kennen: „Kein Tier tritt freiwillig im Zirkus auf."

Die Aktivisten wollen Besucher vor der Vorstellung abfangen und aufklären. „Die Tiere werden gefoltert", sagt Alissa aus Frankfurt. Die 17-Jährige engagiert sich seit acht Jahren im Tierschutz, arbeitet in einem Tierheim und träumt davon, dass alle Tiere in der Freiheit „ihre eigenen Entscheidungen treffen" können.

Eine Welt ohne Tiere in Gefangenschaft - das sei auch das Ziel von Peta, bestätigt Herth-Sanders: „Wir möchten Freiheit für jeden, niemand soll ausgebeutet oder unterdrückt werden."

Es verläuft ein tiefer Graben zwischen Tierrechtsaktivisten und tierhaltenden Betrieben wie dem Zirkus Charles Knie: Die einen haben das Ziel einer veganen Gesellschaft mit gleichberechtigten Lebewesen, die anderen wollen an Zirkus-Tradition und Raubtierzucht festhalten.

Dabei scheinen sich beide Seiten im Recht zu sehen. Deutlich wird das bei der Frage, ob Raubkatzen durch Haltung, Transporte und Shows gestresst werden. Herth-Sanders von Peta verweist auf eine Studie der Universität Wien aus dem Jahr 2010: „Darin wird wissenschaftlich bewiesen, dass Transporte für Tiere großen Stress bedeuten." In der Studie wurden Pferde untersucht, sie lasse sich aber auch auf Zirkustiere übertragen.

Auch Charles-Knie-Mitarbeiter Adolph sieht seine Ansicht von anderen Untersuchungsergebnissen gestützt. Martin Lacey, Bruder von Alexander Lacey und selbst Tiertrainer bei einem anderen Zirkus, habe das Stresshormon Cortisol bei mehreren Raubkatzen vor und nach einem Transport kontrollieren lassen. Der beauftragte Tierarzt habe keine Anzeichen für erhöhten Stress bei den Tieren durch die Reise von München nach Monte-Carlo festgestellt.

Einig sind sich beide Seiten nur in dem wechselseitigen Vorwurf, dass die jeweils anderen Quellen rein gar nichts belegen würden.

Die Löwen und Tiger äußern sich diesbezüglich nicht.

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