„Auf die Residents kann man sich verlassen, persönlich und inhaltlich. Sie kennen den Club, die Gäste, die Anlage, und sie sind ein Grundpfeiler der musikalischen Identität eines Clubs, also ebenso wichtig wie die Architektur, der Raumklang oder die Gestaltung", sagte einst Nick Höppner in der Groove. Mit unserem monatlichen Resident Podcast wollen wir ihnen den gebührenden Respekt zukommen lassen.
Aufmerksamen Groove-Abonnent*innen wird der Name Holger Klein ein Begriff sein: Als Autor ist er seit circa immer schon eine der Säulen, auf der dieses Magazin ruht. Klein ist der Rezensent, den die Redaktion für Releases wie eine große 3-Chairs-Werkschau auf der Schnellwahltaste hat, der hier mit einem Squarepusher und dort mit einem Ian Pooley ausführliche Gespräche über ihren Werdegang führt und dennoch nebenbei das Ohr nah am Puls der Zeit hält, um Storys wie die der aufstrebenden Produzentin und DJ Luz1e zu erzählen.
Einigen wird er allerdings auch unter dem Namen Groover Klein als fachkundiger und vielseitiger DJ bekannt, der Rave-Geschichten nicht auf-, sondern selbst geschrieben hat. Als Dirk "D-Man" Mantei im Jahr 1990 in Mannheim den Club milk! eröffnete, fand sich Klein dort schnell hinter den Decks wieder und bildete bald im Verbund mit Bassface Sascha das hauseigene Resident-Team. Über drei Jahre hinweg wuchs das Mannheimer Venue zum "gallischen Dorf, ziemlich ungestüm, gepflegt asozial, aber mit großem Herzen" an, wie Klein es heute ausdrückt, dann aber ist auch für ihn gut ein Jahr nach Verkauf des Ladens im Jahr 1992 Schluss.
Die Jahre 1990 bis 1993 stellten nicht allein für Klein und das milk! eine kurze, aber prägende Zeit dar, in der sich die damals formierende und in allen Richtungen ausprobierende Rave-Szene merklich professionalisierte. Zurück bleibt bei vielen die Erinnerungen ans milk! als Institution für Breakbeat und Jungle, ein Gegengewicht gegen die damals schon dominanten Grooves von Techno und House. Doch ist das, wie auch Groover Kleins Mix für den Resident Podcast beweist, nur die halbe Wahrheit. Und weil Klein selbst kein Nostalgiker ist, handelt es bei dem auch keineswegs um eine Zeitkapsel, sondern ein Flow von zeitlosen und also immer noch freshen Tracks, die eine fiktive Nacht im milk! nachstellen - der Ausdruck eines Spirits, der bestens, soll heißen gar nicht gealtert ist.
Du hast vor einigen Jahren auf Facebook in einer kleinen Serie über Dance-Tracks geschrieben, die dich geprägt haben, unter anderem wie du zum Beispiel im Jahr 1988 in London zum ersten Mal "Baby Wants to Ride" gehört hast. Gab es in Sachen Clubmusik aber eine definitive Initialzündung für dich, einen Moment, in dem es zum ersten Mal "klick" gemacht hat?Schwer zu sagen, das hat sich so eingeschlichen. Der Moment in London mit „Baby Wants to Ride", gespielt von Mark Moore, war es jedenfalls nicht. Da hatte es längst geklickt. Als Teenager habe ich erst mal völlig unterschiedliche Musik gehört. Was mich sicherlich aber sehr geprägt hat, das war der frühe Electro-Hip-Hop-Sound. Freunde schenkten mir mal die Street Sounds Electro-LP-Box zum Geburtstag. Mann, war ich stolz. Der 80s-Electro-Hip-Hop-Sound war eh groß in Mannheim, wir waren ja US-Garnisonsstadt. Beim Deutsch-Amerikanischen Volksfest im Benjamin Franklin Village, völliger Pflichttermin zweimal im Jahr, war das der Autoscooter-Soundtrack. Außerdem spielten wegen der vielen GIs regelmäßig so Acts wie die Dazz Band bei uns in der Stadt, wo ich dann gerne hin ging. Genauso müsste ich jetzt aber „Blue Monday" von New Order, Pet Shop Boys oder Achtziger-Pop-Platten wie das zweite Scritti Politti-Album nennen, die Platte lehnte sich beim längst sehr elektronischen US-R'n'B-/Funk-Sound an, das war für mich dann auch ein wichtiges Thema. Oder Heaven 17! Genauso hatten aber auch Sachen wie Aztec Camera, The Smiths, The Style Council oder This Mortal Coil einen großen Platz in meinem Herzen erobert. Nur einer meiner letztlich eher indiemäßig orientierten Freunde konnte nachvollziehen, dass ich zu Konzerten von Sister Sledge ging, der war dann mein ständiger Begleiter. Letztlich kam ich also eher über Pop, US-R&B oder Funk zu House als über Kraftwerk oder gar EBM.