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Studienwahl: Dual ist nicht gleich dual

Foto: Floresco Productions / OJO Images / Getty Images

Studium oder Ausbildung, Theorie oder Praxis? Wer dual studiert, muss diese Frage nicht beantworten - er bekommt beides. Laut einer Auswertung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) ließen sich im vergangenen Jahr allein auf Bachelor-Niveau mehr als 108.000 Studierende gleichzeitig an einer Hochschule und in einem Unternehmen ausbilden.

Wie aber läuft ein duales Studium ab? Und wie finden Studierende den passenden Studiengang? Eine Hochschulexpertin, eine Studentin und eine Gewerkschafterin beantworten die wichtigsten Fragen.

Dual studieren, was heißt das konkret?

Wer gleich nach der Schule ein duales Studium absolvieren möchte, kann zwischen zwei Arten von Bachelorstudiengängen wählen: Sogenannte ausbildungsintegrierende Studiengänge kombinieren das Studium mit einer Berufsausbildung, die Absolventen erhalten am Ende sowohl einen Bachelor- als auch einen staatlich anerkannten Berufsabschluss. In praxisintegrierenden Studiengängen dagegen sind lediglich die Praxisphasen deutlich länger als im klassischen Studium; sie finden entweder in einem festen Ausbildungsbetrieb oder in Form von Praktika in verschiedenen Unternehmen statt.

Wer nach dem Bachelor einen dualen Master anschließen möchte, kann ebenfalls praxisintegrierend studieren ­- oder einen berufsintegrierenden Studiengang wählen, das Studium also mit einer Berufstätigkeit verbinden.

Wie genau Theorie und Praxis verknüpft werden, unterscheidet sich je nach Studiengang. "Der Wechsel zwischen Hochschule und Arbeitsplatz kann tage-, wochen- oder monatsweise erfolgen", sagt Sigrun Nickel, Leiterin Hochschulforschung beim Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). Wichtig sei, dass auch für die Praxisphasen Leistungspunkte, sogenannte Credit Points, vergeben würden - nur dann sei das Angebot seriös.

Welche Fächer kann ich dual studieren?

Auch wenn es mittlerweile eine Reihe dualer Masterstudiengänge gibt, wird der Großteil nach wie vor auf Bachelor-Niveau angeboten. Das BIBB registrierte im vergangenen Jahr 1662 duale Bachelorstudiengänge. Gut 70 Prozent davon entfallen auf die Fachrichtungen Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften, weitere 13 Prozent auf Informatik. Der Fokus dualer Studiengänge liegt also klar auf technischen Fächern - aber auch im Bereich Sozialwesen, Erziehung und Gesundheit gibt es Angebote.

Bevor man mit dem Studium beginnt, sollte man sich gut überlegen, ob das Fach wirklich passt, rät Sigrun Nickel vom CHE: "Mit dem dualen Studium geht eine gewisse Verbindlichkeit einher, das Studienfach kann nicht so leicht gewechselt werden wie bei einem regulären Studium."

Welche Voraussetzungen muss ich mitbringen?

Wer dual studieren möchte, muss laut CHE-Expertin Nickel in der Regel das Abitur haben. Je nach Hochschule qualifiziere aber auch ein Fachabitur oder eine bereits erworbene Berufsausbildung dafür. Interessierte müssten sich oft nicht nur an der Hochschule, sondern auch beim jeweiligen Unternehmen bewerben - häufig sei die betriebliche Bewerbung sogar vorgeschaltet. Vorsicht: Die Fristen starten zum Teil ein Jahr im Voraus.

Was sind die Vorteile eines dualen Studiums? Bekomme ich danach leichter einen Job?

Duale Studiengänge eignen sich für Menschen, die schon früh Berufserfahrung sammeln möchten und gleichzeitig Wert auf eine akademische Ausbildung legen. So wie Juliane Droste, die Ende September ihren dualen Bachelor in Tourismusmanagement abgeschlossen hat. "Mir war wichtig, einen möglichst realistischen Eindruck von der Arbeitswelt zu bekommen und nicht nur die Theorie zu lernen", sagt die 22-Jährige.

Diese Kombination - teils sogar aus zwei Abschlüssen - kann von Vorteil sein, wenn es später an die Jobsuche geht. Eine Befragung des Instituts Arbeit und Qualifikation und der Hans-Böckler-Stiftung hat gezeigt: Nur ein Prozent der Absolventinnen und Absolventen war eineinhalb Jahre nach Abschluss eines dualen Bachelors arbeitslos; nach einem regulären Bachelorstudium waren es sechs Prozent. Auch die Chance auf eine unbefristete Stelle stieg demnach mit einem dualen Studium.

Theorie und Praxis gleichzeitig - wird das nicht zu viel?

Wenn andere Semesterferien haben, müssen dual Studierende oft arbeiten. "Das duale Modell erfordert schon viel Selbstdisziplin", sagt Studentin Juliane Droste. "Auch bei mir gab es Phasen, in denen ich an meine Grenzen gestoßen bin und mir gewünscht hätte, ähnlich viel Freizeit zu haben wie meine Freunde, die sich für ein herkömmliches Studium entschieden haben." Trotzdem würde sie sich aber immer wieder für das duale Studium entscheiden: "Ich bin dadurch selbstbewusster geworden und glaube, gut aufs Berufsleben vorbereitet zu sein."

Wie lange dauert ein duales Studium?

Duale Bachelorstudiengänge haben dem BIBB zufolge meist eine Regelstudienzeit von sechs bis zehn Semestern, ausbildungsintegrierende Angebote dauern in der Regel länger als praxisintegrierende. "Werden mehr Semester als die üblichen sechs vorgesehen, kann das ein gutes Zeichen sein, da die Doppelbelastung berücksichtigt wird", sagt Sigrun Nickel vom CHE.

Und was passiert, wenn man nicht in der Regelstudienzeit bleibt? "Grundsätzlich ist es möglich, die Regelstudienzeit zu überziehen", sagt Nickel. "Studierende sollten sich im Bedarfsfall bei ihrer Hochschule erkundigen."

Wie viel verdiene ich?

Wie viel Gehalt Studierende während eines dualen Studiums erhalten, ist nicht einheitlich geregelt, sondern hängtvon der Studienrichtung, dem Arbeitgeber und der Branche ab. Nach Informationen der Gewerkschaft Ver.di sind es im Schnitt zwischen 400 und 1200 Euro monatlich. Wer weniger als 861 Euro verdient, kann zusätzlich Bafög bekommen.

Worauf muss ich beim Arbeitsvertrag achten?

Bei ausbildungsintegrierenden Studiengängen absolviert man parallel zum Studium eine Berufsausbildung - folglich sei ein Ausbildungsvertrag ein Muss, sagt Julia Böhnke, Bundesjugendsekretärin bei Ver.di. Dieser sollte unter anderem regeln, wie viel der oder die Studierende verdient, wie lange eine eventuelle Probezeit dauert und wie viele Stunden die Wochenarbeitszeit beträgt.

Für praxisintegrierende Studiengänge dagegen fehle bislang eine einheitliche Regelung, sagt Böhnke: "Bei den Verträgen für die Praxisphasen herrscht leider Wildwuchs." Besonders gefährlich seien sogenannte Rückzahlungsklauseln, die dual Studierende verpflichten, die Kosten für das Studium an den Arbeitgeber zurückzuzahlen, etwa wenn sie Prüfungen nicht bestehen - oder nach Abschluss des Studiums den Arbeitgeber wechseln möchten. Außerdem seien Studierende dieses Modells bislang von vielen gesetzlichen Schutzbestimmungen ausgeschlossen, etwa dem erweiterten Kündigungsschutz oder dem Recht auf Freistellungstage vor Prüfungen.

Wer sich beim Vertragsabschluss unsicher ist, kann sich an die Gewerkschaften oder die Studienberatung der jeweiligen Hochschule wenden. Auf Arbeitgeberseite kümmern sich Personalabteilungen, Betriebsräte und Ausbilder.

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