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Vom öffentlichen Raum und dem Lulu gehen

Ein Klassiker der Auseinandersetzung im öffentlichen Raum in Linz ist die Frage nach dem "aufs Klo gehen": im Linzer Zentrum ist urinieren jenen vorbehalten, die zwischen 7 – und 22h die öffentliche Toilette am Hauptplatz besuchen oder sich in konsumpflichtige Gastronomiebetriebe begeben. Wer es hingegen nächtens zwischen 22 und 7 Uhr nicht z'amm zwicken kann, kein Geldbörsl eingeschoben oder etwas später gar von den Beislsperrstunden überrascht wird, ist zum illegalen Wildpinkeln gezwungen.


Was teuer werden kann. Man möchte fast sagen: die großen gesellschaftlichen Fragen nach Zugehörigkeit, Ausschluss, finanziellen Partizipationsmöglichkeiten und Verteilungsgerechtigkeit kulminieren beim außerprivaten Lulu machen. Ein junger Aktivist aus dem Herzen der KAPU setzte sich zu Jahresbeginn im Rahmen kunstuniversitärer Veranstaltungen mit dem öffentlichen Raum auseinander. Nicht nur theoretisch, sondern recht praktisch: er installierte ungefragt und ungeniert ein öffentliches Plumpsklo im Linzer Zentrum. Mit sämtlichen architektonischen und hygienischen Erfordernissen alpiner Toilettenkultur: er baute ein wunderschönes Häusl, samt Herzerl an der Eingangstür, über einen Kanalzugang am Linzer Pfarrplatz. Man entleerte sich, auf einem klassischen Donnerbalken sitzend, direkt in die Linzer Unterwelt.


Besonders schön an der Aktion war die erstaunliche Beteiligung der Linzer Bevölkerung: nicht nur, dass etliche Passanten das Plumpsklo bestaunten, ausdrücklich lobten und goutierten; nein, es wurde sogar genutzt! Wie an den Gebrauchsspuren deutlich zu erkennen war. Eine Passantin bot sich sogar an, das Häusl regelmäßig mit Klopapier zu versorgen, es liege ja ohnehin am Arbeitsweg. So weit, so gut, so schön. Gelungene Aktion. Das Ende beinhaltet aber wieder besonders Raffinesse.


Nach etwa fünf Tagen fiel einigen detektivisch besonders talentierten Stadtwache-Mitgliedern das Häusl am Pfarrplatz auf. Alarmierte Sheriffs des Magistrat Linz forschten – nicht blöd – sogleich bei der naheliegenden Kunstuni nach und bekamen von einem diensteifrigen Werkstättenleiter auch den Namen eines angeblichen Täters genannt. Über juristische Konsequenzen werden wir also noch zu berichten haben. Als der junge Aktivist jedenfalls am Tag nach den Recherchen des Magistrats an der Uni das Häusl wieder abbauen wollte, war es schon weg. Schade drum!

 

Recht großen politischen Aktionismus kann man der KAPU ja nicht vorwerfen. Deutlich zu handeln (um einen T- Shirt-Aufdruck zu zitieren) war ihr zu Recht immer genug. Doch gerade in die Auseinandersetzung um den öffentlichen Raum hat sich die KAPU in den letzten Jahren doch immer wieder eingemischt. Nicht im Sinne einer kontinuierlichen Arbeit zum Thema, sondern im Rahmen einer Häufung von Aktionen dazu. Wir verweisen auf die „Wir-AG“ am Hauptplatz, die Aktion „Platz“, die Stadtguerilla-Abende mit mobilem Soundsystem und spontanen Video-Screening an öffentlichen Plätzen. Weil die Stadt sind wir alle. 

 

erschienen als Printversion im KAPUzine Mar/2011