Fast könnte man meinen, Max Gruber, wie Drangsal eigentlich heißt, habe Heimweh. Schon sein erstes Album betitelte er mit dem altertümlichen Ausdruck „Harieschaim" für seinen Heimatort Herxheim in der Pfalz.
Mit „Zores" liefert Drangsal nun wieder eine Hommage an die Pfalz ab: „Zores" ist dort ein gängiger Ausdruck für Streit, Wut - oder eine Gruppe Asozialer. In „Gerd Riss" besingt er den Motorrad-Weltmeister der Herxheimer Sandbahn. Und das Albumcover ziert ein altes Familienfoto.
Auch die auf „Harieschaim" so ausgiebig zelebrierte Achtzigerjahremusik aus Drangsals Kinderzimmer kommt noch vereinzelt durch. Halligen Gesang und schwelgerischen New-Wave-Sound gibt es aber nur noch vereinzelt. „Zores" ist deutlich reduzierter und akzentuierter.
Wer seine Heimat verlässt - und sei es nur für eine Deutschlandtour -, muss eben auch mal mit alten Grundsätzen brechen. Hielt Drangsal seine sexuelle Orientierung bislang geheim, thematisiert er in „Und du" offen seine Bisexualität, singt von „bildhübschen Mädchen" und „heißen Jungs".
Und noch etwas ist anders: Drangsal singt jetzt fast ausschließlich deutsch - und das funktioniert gut. Die Texte sind aufgebrochen und fragmentarisch. Der 24-Jährige zelebriert den Klang jedes Wortes, dehnt die Endsilben wie Kaugummi. Die Theatralik, die jedes Lied so bekommt, tut dem ansonsten eher beliebig daherkommenden Klangteppich gut.
Die Drastik, die das Cover mit dem Gewehr und der provokante Titel verspricht hält „Zores" nur bedingt: Die Basslines pöbeln noch genauso düster, aber die Riffs sind poppiger, „Zores" klingt mehr nach Die Ärzte statt nach The Cure.
Die Hook beim Liebeslied „Magst Du mich (Oder magst du bloß noch dein altes Bild von mir)" ist so lakonisch federleicht, dass man schon beim ersten Hören unwillkürlich mitnickt. Etwas mehr Tiefe und Düsternis würden dem Drangsal-Sound aber deutlich mehr Prägnanz verleihen.
Kira von der Brelie