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Critique

LaBrassBanda Biergarten-Tour

Das angekündigte Unwetter blieb zwar aus, doch dass Blattwerk, Sonnen- und Cocktailschirme und Frisuren dennoch ordentlich ins Flattern kamen, dürfte am musikalischen Wirbelwind gelegen haben, der derzeit durch Bayern zieht: Mit dem hehren Ziel „Rettet die Wirte & die Kultur!“ rast die Chiemgauer Gute-Laune-Formation „LaBrassBanda“ seit 24. Juli (in Kooperation mit oder auf Geheiß von DEHOGA und MP) durch die Sitzgarnituren des Freistaats, um innerhalb einer Woche nicht weniger als 27 Opiumkonzerte fürs Musikvolk zu bringen. Station 16 und 17 toste als Schneise der Begeisterung mit Nord-Süd-Gefälle auch durch Nürnberg, um nach nachmittäglichem Stelldichein im Tucherhof keine zwei Stunden später im Gutmann am Dutzendteich barfüßig Biergartenstaub aufzuwirbeln. Eintritt frei, um Abstand und Reservierung wird gebeten. Kann das gutgehen? Wird die Musi, die normalerweise die Tausenden zum Toben bringt und vor Jahren schon die Insel Schütt die Grenzen der Statik bebend hat austesten lassen, Verkehr, Infrastruktur, Hygienekonzepte zum Einsturz bringen? Die Antwort mag überraschen, aber: nein, eigentlich gar nicht. Während an Söderstränden und sonstigen öffentlichen Hotspots die Menschen sich frei von An- und Abstand wohlig aneinanderschmiegen, geht’s beim hochbrisanten Spaßkonzert über alle Maßen sittsam zu. Von Dankbarkeit, Gelegenheit, Draußenlautmusik beseelt ist der Biergarten so proppenvoll wie diszipliniert, reißt’s das Fanvolk zwar vom Hocker, nicht aber vom zugeteilten Planquadrat, verteilen Polizisten freundliche Blicke statt Platzverweise, halten Zaungäste sorgfältig weit verteilten Abstand oder sich gleich proaktiv im Tretboot auf, um im Abendsonnenuntergangsrosé zu dümpeln und dankbar dem Konzert zu lauschen, das den Namen kaum verdient und in einer anderen Welt für Buh und Schmäh und Eierwurf gesorgt hätte: 25 Minuten, eine Handvoll Songs, sorgfältig nach Kriterien der Beliebtheit und Mitsingbarkeit gewählt, „Autobahn“ und „Naggerd“ und ein bisschen neu, ein bisschen alt, und das Ringlbleame fliagt aa amoi und dazwischen Motivationsrufe von Zusammenhalt mit Abstand, Toleranz und Liebe an die versammelte Gemütlichkeit. „Ich bin groß verliebt!“, bekennt Frontmann Stefan Dettl und meint die Szenerie der frivol-friedlichen Zusammenkunft. Groll wegen Flashmobpop? Nicht in Sicht. Allenthalben: glückliche Verzückung übers Liveerlebnis. „Ich hab ganz vergessen, wie sich das anfühlt“, sagt einer. „Ich glaube, mir war bis grade eben nicht klar, wie sehr ich das vermisst habe“, ein anderer. LaBrassBanda, das Bayerische Siebengestirn am fernen Livemusikhorizont. Das war: super!