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At Work with Stephan Haimerl

Stephan Haimerl ist ein Nürnberger Künstler, der unlängst nach Leipzig emigrierte. Tibor Baumann ein Nürnberger Regisseur und Produzent, der längst nach Berlin verzogen ist. Beide verbindet nicht nur die Heimat, sondern auch eine tiefe Freundschaft – und jetzt ein gemeinsames Projekt, in dem cineastisch die Arbeits-Kunst-Welt erschlossen wird. Ende September feiert „At Work with Stephan Haimerl“ im Casablanca Premiere.

Drei Jahre haben Tibor Baumann und Thorsten Singer für das Nürnberger Label Tabula Rasa in die Produktion gesteckt. 25 Drehtage, an deren Ende 150 Stunden Filmmaterial standen, aus denen 70 Minuten lang Fragen ergründet werden: Wie wollen wir arbeiten, wie leben? Was ist Arbeit eigentlich wert, und was sind wir zu zahlen bereit? Das geschieht entlang der Geschichte des Nürnberger Malers Stephan Haimerl, entlang der Nürnberg Kunstszene, steht aber „exemplarisch für ein Thema, das alle Kulturschaffenden, wenn nicht gar die ganze Gesellschaft betrifft“, meint Tibor Baumann. Natürlich habe im Vorfeld eine Idee gestanden, die dokumentarisch umgesetzt werden sollte. Stephan Haimerl spricht über sein Leben und Wirken, seine Anfänge in der Akademie der Bildenden Künste, über die Notwendigkeit, zum Überleben Nebenjobs zu bestreiten, Gastronomie, „ich hasse es“, sagt er, doch es sei unvermeidbar. Es geht um Wertschätzung der künstlerischen Arbeit, um die enge Verknüpfung zwischen Kunst und Wirtschaft, sei es über den Galeriebetrieb, den Annette Oechsner zu beschreiben versucht und in dem möglicherweise bislang viel verpasst wurde; sei es um das große Thema „auf AEG“, wo zur Zeit des Drehs bereits Unheil in der Luft lag, und zu dem Bertram Schultze, MIB-Geschäftsführer sagt, es habe nie einen Auftrag gegeben, das Gelände als künstlerisches zu erhalten, sondern „zu renaturieren“, also seiner ursprünglichen, wirtschaftlichen Nutzung rückzuführen. Den Künstlern, die sich ihres Arbeitsortes beraubt sehen, hilft das freilich wenig – und einer Kulturhauptstadt, meint Tibor Baumann, steht nicht gut zu Gesicht, wenn keine Räume geschaffen, keine Inspirationen bereitgestellt werden. Der Film behandelt die Freiheiten des Kunstbetriebs, aber auch die Zwänge und Pflichten, die großen Hoffnungen und kleinen Rückschläge, die etablierten Betriebe und gescheiterten Versuche und lässt vom Sparkassen-Vorstand Dr. Michael Kläver oder AdBK-Werkstattleiter Gerhard Schmidt über Künstlerinnen und Künstler wie Andreas Oehlert und Anna Bittersohl und Haimlers Lebensgefährten Birke Bonfert bis Dr. Thomas Heyden, Sammlungsleiter des Neuen Museums Nürnberg, die verschiedensten Ansichten und Erfahrungen einfließen. „At Work with Stephan Haimerl“ zeigt großzügige Ansichten Nürnbergs und kleinteilige Momentaufnahmen, begleitet die Protagonisten live vor Ort und positioniert sie ins klassische Interview, zeigt Formen und Farben und Möglichkeiten, gibt Einblicke in getaktete Alltage zwischen Kreativität und Pflicht, zeigt den Zwiespalt zwischen Lohn- und „eigentlicher“ Arbeit und zieht gemeinsam mit dem Protagonisten und seiner Familie um nach Leipzig – ein Schritt, zu dem sich das Paar gezwungen sieht, um weiter künstlerisch schaffen zu können. So vermittelt Tibor Baumanns und Thorsten Singers Film ein vielschichtiges Bild von einer Lebenswirklichkeit, die „durchaus auf ein Gros von Kunst- und Kulturschaffenden übertragbar ist.“ Und „die einer Gesellschaft, die ihren Standpunkt zu Lohn und Arbeit zu überdenken hat.“ 

„At Work with Stephan Haimerl“, Premiere mit Team und namensgebendem Künstler am 27.9., 19 Uhr im Casablanca Filmkunsttheater, Brosamerstr. 12, casablanca-nuernberg.de


http://www.nordbayern.de/region/nuernberg/was-ist-uns-die-kunst-arbeit-wert-1.8109334