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Neuer Schwung für die Werkbund Werkstatt

Eingetütet, umgezogen, ausgepackt: Nach langem Bangen konnte die Traditionseinrichtung Werkbund Werkstatt Nürnberg e. V. in der vergangenen Woche endlich ihre neuen Interimsräume beziehen. Und stellt fest: Was sich lange wehrt, wird letztlich gut.

Rund drei Jahre hatte die Planung des Umzuges, der seit 15 Jahren im Raum stand, in Anspruch genommen, erzählt Norbert Zlöbl, Diplom-Designer, Schreiner und seit 2010 1. Geschäftsführer der Werkbund Werkstatt Nürnberg e. V. (WWN), der gemeinsam mit Medienkünstler Harald Jantschke unter dem Motto „gestalten, handeln, sehen, lernen“ viele junge und ein paar ältere Menschen Jahr für Jahr an kreatives Handwerk, Gestaltung und Umgang verschiedenster Materialen heranführt – und an sich selbst. „Wir arbeiten bildend, auch mit Persönlichkeiten“, erklärt Zlöbl und erzählt vom Scheitern am Werk, von der Konfrontation mit sich selbst, vom Lernen über Neigungen und Grenzen und der Notwendigkeit, „Freiheit zu erkennen und Möglichkeiten auszuschöpfen.“ Denn die WWN will keine Schule sein, kein Dienstleister, sondern ein Angebot. Menschen ab 18 Jahren, „die Orientierung suchen“, können diese ein „Werkstattjahr“ (oder im Rahmen eines begleitenden Angebotes ein „Werkstattsemester“) lang neben Seminaren zur Kunstgeschichte, Design- und Kunsttheorie, Kommunikation, Entwurf & Modellbau sowie in einer Theaterwerkstatt vor allem in den vier Säulen der WWN finden: In den Werkstätten für Textil, Glas, Holz und Metall bekommen die Eleven die „Möglichkeit, sich intensiv mit einer Sache zu beschäftigen“. Und damit das auch während der großen, schreckgespenstergleichen dritten Umbauphase des Künstlerhauses so bleiben kann, geht alles hochmotiviert und ziemlich glücklich am Bauhof weiter. Hier nämlich, in Spucktweite zur alten Werk- und Wirkungsstätte, ist das Ausweichquartiert aufgeschlagen. Und hier bleibt alles anders. „Wer die alten Räume nicht kennt, wird gar nichts merken“, orakelt Norbert Zlöbl, weiß jedoch freilich selbst nur zu gut um die Unterschiede. Nichts ist mehr mit alten Gewölben, herausgezupft hat man die seit nunmehr 30 Jahren organisch gewachsenen Arbeitsräume und emporgeholt ans Tageslicht – im wahrsten Sinne des Wortes: Denn was sogleich angenehm ins Auge fällt, ist Sonne durch die vielen Fenster. „Das“, so Zlöbl, „ist natürlich für unsere Arbeit viel besser.“ Breite Glasfronten ermöglichen andere Blickwinkel, anderes Farbspiel, andere Sichtweisen. Und überhaupt: „So ein Ortswechsel bringt neuen Schwung rein!“ Mit nur minimalen Änderungen: Weil die Räume trotz niedergerissener Wände und aufgebrochener Büro-Strukturen kleiner sind, mussten auch die Gruppengrößen um ein Drittel dezimiert werden – weiß man, dass das Werkstattjahr 4200 Euro kostet, kann man sich die Einbußen bei 12 statt den gewohnten 15 Teilnehmern pro Gruppe zwar aus-, nicht aber den Teufel an die Wand malen: „Wir sind glücklich, dass wir trotz allem noch eine so große Gruppe haben können“, sagt Norbert Zlöbl und auch, dass die Bedürfnisse ziemlich gut erfüllt werden konnten. Teppiche raus, Starkstromanschlüsse rein: „Wir haben versucht, von unserem Konzept nichts abzuspecken – das ist uns gelungen.“ Einzig die offene Esse der Schmiede ist ein Wermutstropfen, wird aber in der Metallwerkstatt, die sich leicht abseits der Räumlichkeiten ab sofort eine ehemalige Garage mit der Fahrradwerkstatt teilt, von einer kleinen „Feld-Esse“ ersetzt. In fünf Tagen und logistischer Höchstleistung wurde der Umzug gestemmt – wortwörtlich, galt es doch, nicht etwa leichtes Gerät und ein bisschen Draht von A nach B zu bringen, sondern tonnenweise Glas, Metall, Holz, dazu Hobelbänke, Kreissägen oder Ambosse. Ohne Aufzug wohlgemerkt. Kompromisse kann man da nicht machen, denn „bei uns“, schmunzelt Zlöbl, „ist alles unverzichtbar.“ Auf zwei Stockwerken, der Garage im Hof und einem übersichtlichen Lagerplatz unterm Dach hat all das Unverzichtbare jetzt den Platz gefunden, den es benötigt – inklusive aller 23 Dozenten und Mitarbeiter. Hier und da ist’s ein bisschen eng und, naturgemäß, hellhöriger als im alten Steindomizil. „Wir sind recht gespannt, wie sich das vor allem auch akustisch entwickelt“, verrät Gold- und Silberschmied Askan Hertwig mit Blick auf die schweren Holzblöcke, auf denen in der Metallwerkstatt geschmiedet oder Metall in Schalenform getrieben wird. Und überhaupt: Weil sich das einstige SÖR-Bürogebäude grade viele Einrichtungen und Gruppen teilen, wird es wohl oder übel zu Synergieeffekten kommen – eher wohl als übel, freuen sich Norbert Zlöbl und Harald Jantschke. Schöne Bekanntschaften und Erfahrungen wurden bereits beim Umzug gemacht: „Die KKQ-Techniker sind auch hier im Haus und haben uns toll geholfen und unterstützt“, berichten die WWN-Vorderen und Leiter der „größten vom Umzug betroffenen und umzusiedelnden Gruppe“ und gehen zuversichtlich an alles Neue ran: „Wir machen das einfach so, als sei es das natürlichste der Welt!“ Und wer weiß schon, was für Erkenntnisse gewonnen werden? „Es gibt in jedem Fall viele Vorteile in den neuen Räumlichkeiten hier – und wer weiß, vielleicht stellen wir ja beispielsweise fest, dass die kleinere Gruppengröße viel besser ist als die bisherige?“ Ab dem 11. September geht es zumindest diesbezüglich in die Feldforschung: Vier Gruppen zu je zwölf Teilnehmern treten ihr Werkstattjahr an, am 3. September folgt das erwachsene Werkstattsemester. Dann gilt es, in je drei Blöcken unterschiedliche Eigenschaften von Materialien zu erkunden, Verarbeitungen und Arbeitsweisen kennenzulernen, „den Mut zu haben, zu etwas zu stehen“ und sich im Anschluss „zu trauen, Entscheidungen zu treffen.“ Ein Reifeschritt für die Schüler, der erst Jahre später nachwirkt. Ein Weg frohgemuts raus aus dem Gewohnten und rein ins irgendwie Unbekannte. Ein bisschen wie das, was dem Werkstatt Werkbund Nürnberg e. V. jetzt vielleicht in der Peuntgasse bevorsteht. Kann also nur gut werden.