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Bloß nichts zugeben

ndsvorsitzende Matthias Müller die Abgasmanipulationen zu. Heute will der Konzern davon offenbar nichts mehr wissen. Foto: dpa

Ravensburg sz Keine Spur von Demut: Anders als in den USA will VW in Deutschland nicht gegen geltendes Recht verstoßen haben. Noch im Juni hatte das ganz anders geklungen. Damals hatte VW-Chef Matthias Müller noch betont, wie sehr es ihn schmerze, „dass bei uns mit den Software-Manipulationen an Dieselmotoren Regeln gebrochen und ethische Grenzen überschritten wurde." Vor dem Landgericht Paderborn klingt das jetzt ganz anders. Automobilexperten vermuten dahinter einen juristischen Trick, um Entschädigungen bei deutschen VW-Kunden aus dem Weg zu gehen.

Es ist ein bisschen wie David gegen Goliath: In Paderborn klagt der Besitzer eines von den Manipulationen betroffenen VW gegen den Konzern. Der Mann fordert Schadenersatz, weil sein Tiguan 2.0 TDI durch den Skandal an Wert verlohren habe. Im Rahmen dieses Verfahrens äußerten sich auch die Anwälte von VW.

Anders als in den USA habe der Konzern in Europa gar nicht manipuliert, berichten verschiedene Medien. Auf Nachfrage bekräftigte der Konzern noch, die in den betroffenen Fahrzeugen eingebaute Software stelle „keine unzulässige Abschalteinrichtung nach europäischem Recht dar." Anders als in den USA gebe es also in Europa gar keine Gesetzesverstöße und damit eigentlich auch keinen VW-Abgasskandal. Die neuen Äußerungen sind nicht weniger als eine 180-Grad-Wende. Automobil-Experten, wie der Duisburger Professor Ferdinand Dudenhöffer, vermuten hinter der neuen Strategie einen juristischen Trick: „VW bleibt bei der Einstellung, in Europa um Schadenersatz herumkommen zu wollen." Mit der neuen Strategie, keine Schuld zuzugeben, sei VW deshalb gut beraten, so Dudenhöffer.

Sein Kollege Stefan Bratzel, Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach sieht das ähnlich: „VW wehrt sich mit Händen und Füßen gegen Entschädigungen in Europa. Argumentativ ist das Rechtssystem bei uns eben anders als in den USA." Trotzdem bleibe die Frage, ob VW mit seiner neuen Strategie, vor Gericht keine Schuld einzugestehen, durchkomme. „Schließlich haben sie ihre Schuld ja schon einmal zugegeben", meint Bratzel.

Einig sind sich die beiden Experten darüber, was die neuen Aussagen für die betroffenen VW-Kunden in Deutschland bedeuteten: Nämlich nichts. „Die Kunden waren und sind gut beraten, nicht zu klagen", sagt Dudenhöffer. „Das kostet nur einen Haufen Zeit und Geld. Die Aussichten vor Gericht Recht zu bekommen waren sehr gering und sind in Zukunft erst Recht gering", so Dudenhöffer.

Überhaupt liege das eigentliche Problem gar nicht bei VW selbst, denn auch andere Autobauer würden mit ähnlichen Mitten betrügen. „Das Problem sind die Politiker. Industriepolitik ist in Deutschland wichtiger als Umweltpolitik oder Verbraucherschutz", sagt Dudenhöffer.

Während VW sich bei Gerichtsverfahren in den USA bereits dazu bereit erklärt hat, gut 13 Milliarden Euro an betroffene Autobesitzer zu zahlen, gehen europäische VW-Kunden also wahrscheinlich weiter leer aus.

8,5 Millionen Autos betroffen

In Deutschland bietet der Konzern lediglich an, betroffene Autos umzurüsten. Erst am Freitag erhielten Europas größter Autobauer die Freigabe für weitere 2,6 Millionen Fahrzeuge vom zuständigen Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Konkret geht es um die Diesel-Motoren mit 1,6-Liter Hubraum aus der Baureihe EA 189.

Die Umrüstung sei jedoch keineswegs ein Schuldeingeständnis, so der Konzern. VW wolle lediglich im „besonderen Interesse der Kunden" mit den Behörden zusammenarbeiten. Insgesamt sind in Europa rund 8,5 Millionen Autos mit der Software zum Austricksen von Schadstoffmessungen auf dem Prüfstand betroffen.

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