Dieser Hund ist ein Charmebolzen, Wadlbeißer und eine Münchner Institution: Nun widmet das Valentin-Karlstadt-Musäum ihm die Ausstellung "Vorsicht! Dackel" – und zeigt die Parallelen zwischen des Dackels Seele und der bayerischen Identität.
Wo einst Goethe ruhte, liegt jetzt ein Dackel. Mit Hut, Umhang, sehnsüchtigem Blick in die Ferne und abgenagtem Knochen. „Wie in der Alten Pinakothek die Dürer-Apostel in den Hauptachsen sind, ist hier der Goethe-Dackel unser Dürer", erzählt Kurator Helmut Bauer mit einem Lächeln im Gesicht über das Hauptwerk der Ausstellung „Vorsicht! Dackel": Es ist eine Variation des bekannten Goethe-Gemäldes von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein 1787. Rudi Hurzlmaier, Münchner Maler und Karikaturist, hat es eigens für die Ausstellung neu interpretiert. Statt des Geheimrates in Lebensgröße liegt also ein Dackel dort, ebenfalls in Lebensgröße. Und statt der italienischen Berge sieht man ein bayerisches Dorf im Hintergrund. Goethe und der Dackel - für den Deutschen sind sie gleichermaßen Kulturgut.
Wer weiß... dem Bayer, dem Münchner ist der treue, manchmal sture vierbeinige Begleiter vielleicht sogar noch etwas vertrauter, etwas näher als die Poesie der Weimarer Klassik, meint auch Kurator Bauer: „Ein Dackel muss ja eigenständig handeln im Fuchsbau. Dadurch sind sie eigentlich nicht erziehbar - und wenn man das in Verbindung bringt mit einem Münchner, der mit einem Bierbauch gemütlich dasitzt und sich nichts sagen lässt und auch politisch nicht obrigkeitshörig ist und erstmal abwartet, was die da alles versprechen... Da hat man schon einen Gleichklang zwischen der Eigenschaft eines Hundes und eines Münchners oder Bayers."
Oft karikiert, nie erreichtDie Karikaturisten, natürlich, sie spielen mit diesen Klischees, derer sich die Ausstellung gerne und humorvoll bedient: Der Dackel in Lederhosen und Dirndl, wie auf den Postkarten von Paul Otto Engelhard um 1910. Der Dackel, gut genährt, als Wurst- und Bierliebhaber oder als störrischer Grantler wie in den Fliegenden Blättern von August Roeseler. Und dann wieder ganz friedlich und brav im Kinderzimmer. Bauer meint: „Man muss auch sagen, dass der Dackel eine sehr starke soziale Funktion hat... für eine Witwe oder einen Witwer, die sind wie eine Einheit, die verstehen sich. Die können auch ganz sanft sein, so wild sie auf der Jagd sind, so ruhig können sie zu Hause auf dem Sofa sein." Der Dackel als treuer Begleiter, ob von Herzog Franz von Bayern oder der als „Bavaria" bekannten Kabarettistin Luise Kinseher. Als Filmstar in „Liebe auf krummen Beinen" oder als Beauty-Queen beim Schönheitswettbewerb. Natürlich als Olympia-Maskottchen „Waldi" 1972, das erste Maskottchen überhaupt. Spätestens seit diesem Großereignis gehört der Dackel zur Stadtgeschichte, meint Museumsleiterin Sabine Rinberger, und ist bis heute omnipräsent: „Der Gustl Bayrhammer hatte den als Kommisar, der Herr Hirnbeiß in der Abendzeitung. Der Münchner hat einfach einen Dackel."
Einfach mal losdackelnDie Ausstellung zeigt all diese alltäglichen und kuriosen Facetten des Dackeldaseins. Frei nach dem Motto, Achtung Dackelgrammatik: Einfach mal losdackeln, dabei aber niemandem hinterherdackeln und schon gar nicht sich eindackeln. Große kultur- oder kunsthistorische Bezüge spart man sich aber: Picassos „Lump", der wohl bedeutendstes Dackel der Bildenden Kunst, fehlt genauso wie David Hockneys „Stanley und Boodgie", seine zwei Dackel, denen er einen ganzen Bildzyklus widmete.
So ist die Ausstellung mitten aus dem Leben, für Jedermann, klein, abwechslungsreich und unterhaltsam. Genau richtig, nach dem morgendlichen Spaziergang, aber Vorsicht! Dackel dürfen nicht mit rein. Museumsleiterin Rinberger: „Nein, weil dann können wir uns morgen vor Dackeln nicht mehr retten und werden unser eigenes Wort vor Hundegebell nicht mehr verstehen."