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AS Rom: Wie James Pallotta den Verein an die Spitze führen will

Die AS Rom soll an die europäische Fußballspitze, diese Agenda verfolgt Präsident James Pallotta. Doch die Fans werden nicht warm mit ihm. Sein Lieblingsprojekt verknüpft er mit einem Ultimatum. 

James Pallotta dachte lange, Fußball sei der "schlechteste Sport der Welt" - so erzählte es der US-Milliardär einmal der Tageszeitung "Guardian". Pallotta, 60, stammt aus der Nähe von Boston, er ist mit den Football- und Baseball-Teams der Region aufgewachsen. An der Basketball-Franchise Boston Celtics hält er sogar Anteile. Es brauchte also etwas Überzeugungsarbeit, bis Pallotta sich mit Fußball anfreunden konnte. Inzwischen ist er dem Sport verfallen. Das ist hilfreich für seinen Alltag, schließlich ist er seit 2012 Präsident der AS Rom.

Pallotta, der Geschäftsmann, der vor zehn Jahren eine Investmentgruppe gründete und inzwischen auch Mitbesitzer einer der größten E-Sports-Organisationen ist, hat immer große Pläne - auch mit dem italienischen Klub, der am Mittwoch gegen den FC Porto in der Champions League um den Einzug ins Viertelfinale (21 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE; TV: Dazn) spielt. Das Hinspiel gewannen die Italiener 2:1.

Pallotta hat in seiner Zeit schon einiges versucht, um die Roma in der europäischen Spitze zu etablieren. 2017 verpflichtete er Ramón Rodríguez Verdejo, genannt "Monchi", als neuen Sportdirektor vom FC Sevilla. Monchi hatte den Spaniern von der Zweitklassigkeit zu fünf Titelgewinnen im Uefa-Pokal und der späteren Europa League verholfen. Nach Rom transferierte er Talente wie Justin Kluivert, Patrik Schick und Nicolò Zaniolo. Der 19 Jahre alte Zaniolo wird bereits als Nachfolger von Francesco Totti gehandelt.

Das ist die sportliche Entwicklung. Mindestens ebenso wichtig scheint Pallotta die offensive Vermarktung zu sein. "Wenn wir eine weltweite Marke sein wollen, dann müssen wir 24/7 Inhalte produzieren", hat er mal gesagt, also rund um die Uhr die Roma bewerben. Inzwischen gibt es einen eigenen Fernsehsender (Roma TV), eine Radiostation (Roma Radio) und Partnerschaften mit Snapchat und Twitter.

Die AS Rom sei eines der "am schnellsten wachsenden Teams in sozialen und digitalen Medien", sagt Pallotta. Die Idee des Klubchefs hinter der Digitalstrategie: mehr Aufmerksamkeit, mehr Erlöse. Pallotta erhofft sich auf diesem Weg neue Einnahmen in Höhe von bis zu 150 Millionen Euro. Doch er hat auch mit Widerständen zu kämpfen. 

Erst ausgepfiffen, dann gefeiert: "Daje Presidente"

Ende des vergangenen Jahres verlor Rom 1:2 in der Champions League gegen Viktoria Pilsen. Laut "Gazzetta dello Sport" kam es nach der Partie zu Fan-Protesten. "Pallotta, hau ab", war auf Bannern zu lesen.

Das schwierige Verhältnis zwischen Pallotta und Fans trat besonders deutlich rund um den größten Erfolg in seiner bisherigen Zeit in Rom zutage: das Viertelfinal-Rückspiel in der Champions-League-Saison 2017/2018 gegen den FC Barcelona. Pallotta war vor Spielbeginn von einigen der 56.000 Zuschauer im Olympiastadion ausgepfiffen worden - im Hinspiel war die Roma 1:4 untergegangen.

Spät in der Nacht, als er auf der Piazza del Popolo erschien, war die Wut verflogen. "Daje Presidente", schrie die feiernde Menge, was übersetzt so viel wie "weiter so" bedeutet. AS Rom hatte sensationell 3:0 gewonnen und war ins Halbfinale des Wettbewerbs eingezogen.

Kein neues Stadion, kein Pallotta

Normalerweise ist das Verhältnis zwischen AS-Fans und ihrem Präsidenten allerdings etwas distanzierter - trotz seiner italienischen Herkunft. Seine Mutter kommt aus Apulien, sein Vater aus Kalabrien. Pallotta ist in den USA aufgewachsen, fühlt sich in erster Linie aber italienisch, sagt er. Seine Sprachkenntnisse sind jedoch überschaubar, ebenso wie sein Verständnis für den Kult um Vereinslegende Francesco Totti. 

Als Totti vor drei Jahren seinen auslaufenden Vertrag verlängern wollte, weigerte sich die Klubführung. Das hatte Folgen: Totti ging an die Öffentlichkeit, die Fans waren aufgebracht - und Pallotta lenkte doch noch ein. Totti, zu diesem Zeitpunkt knapp 40 Jahre alt, durfte noch ein Jahr weiterspielen. Damals konnten sich die Fans behaupten, aber ihr Zerwürfnis mit Palotta scheint tiefer. Der Präsident soll sich mit den organisierten Fangruppen überworfen haben, er will die Fankurve für Familien zugänglicher machen.

Und diese Kurve soll, wenn es nach ihm geht, im neuen "Stadio della Roma" stehen. Es ist das Projekt, das ihn seit Amtsantritt umtreibt, aber bisher nur als 3D-Animation existiert. Ohne ein neues Stadion würde Pallotta den Verein wohl verlassen - das ist ein offenes Geheimnis. "Wenn Rom kontinuierlich zu den fünf oder sechs Topmannschaften gehören will, dann muss es dieses Stadion haben", sagt er. Modernisierungen im ganzen Klub.

Doch Fristen wurden verschoben und Korruptionsvorwürfe kamen auf. Neun Personen wurden bei einer Untersuchung um den Bau des Stadions festgenommen, darunter auch der Eigentümer der Baugesellschaft. Mittlerweile hat der Wirbel um das Projekt nachgelassen. Noch in diesem Jahr soll der Bau beginnen.

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