Wenn man hört, dass "Kings of Leon" in Berlin spielen sollen, dann erwartet man eigentlich ein ausverkauftes Stadion. Davon ist die Waldbühne am Sonntagabend weit entfernt. Als 2008 "Sex On Fire" zum absoluten Kassenschlager wurde, war sich die Rock-Welt einig: Dem Followillschen Familien-Clan gehört die Zukunft. Aber dann schlugen der Stress und der Alkohol zu. Vor allem bei Sänger Caleb Followill. Er brach Konzerte ab, war überfordert, krank.
Seit 2013 arbeiten die vier Amerikaner am Neustart. Der ist mehr oder weniger gelungen. Die vertrauten Eigenschaften des Quartetts sind alle noch da. Auch an diesem Abend. Calebs gequälte klingende, weit tragende Stimme. Matthews pfeilscharfe Gitarre, seine hinreißenden Soli, die die Luft zerschneiden. Nathans Breaks, die in zu sinnlich anheimelnden Momenten den Rock zurückbringen und Jareds ausführliche Basslinien, die einem das Gefühl eines nie endenden Ritts geben.
17 Jahre ist die Gründung der Band nun her. Caleb, Nathan, Jared und Cousin Matthew Folowill, die ihre ersten musikalischen Erfahrungen in der Kirche sammelten, veröffentlichten 2003 ihr Debütalbum "Youth and Young Manhood", ein Hit in England und Irland. Im Oktober wurde das Album "Walls" veröffentlicht - von diesen Vieren, die offensichtlich keine Fans von großem Gerede und Erklären ihrer Songs sind.
"Hey, wir sind Kings of Leon""Hey, wir sind Kings of Leon" erklärt Caleb kurz nach dem Opener "Over" - Einer der stärksten Songs des aktuellen Albums. Das hat etwas Charmantes, noch dazu wie er da in seinem Hemd und Jackett gekleidet dasteht, hinter ihm das Schlagzeug, auf dessen Bass Drum die Initialen der Band getaped sind. In diesem Moment meint man zu wissen, wie die ersten Auftritte der Band gewesen sind.
Dass auch an diesem Abend "Sex is on Fire" und "Use Somebody" die absoluten Highlights sind, Jared sich die Haare wasserstoffblond gefärbt hat und Matthew mit seiner Lockenmähne so jung wie eh und je wirkt, steht im starken Kontrast zu ihrem Frontsänger, der so furchtbar erwachsen wirkt. Seine Bewegungen wirken sehr überlegt. Und dann ist das Konzert auch noch nach 80 Minuten zu Ende. So ganz plötzlich, das hat fast was von einem Coitus Interruptus. Zugaben gibt es nicht. Das gehört sich nicht mehr - jetzt, wo sie erwachsen sind.
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