Eine Lampe leuchtet, rundherum Bücherregale. Zwei Gläser Wasser, zwei Stühle, zwei Mikrofone. Die Salon Karl-Marx-Buchhandlung ist gut gefüllt, sämtliche Sitzplätze sind belegt, einige Besucher stehen. Paula Fürstenberg stellt ihren ersten Roman vor. "Eigentlich wollte ich alles, nur keinen Roman schreiben", erzählt sie. Sie wollte sich noch in verschiedenen Stilrichtungen ausprobieren, Erfahrungen sammeln. "Aber dann habe ich gemerkt, dass ich mich immer wieder um dieselbe Geschichte drehe, sie immer wieder in meinen Texten aufgreife", erzählt sie.
In ihrem Debüt "Familie der geflügelten Tiger" geht es um eine junge Frau, Johanna, die nach ihrem Abitur von der Uckermark nach Berlin zieht. Zum Ärger ihrer Mutter beginnt sie eine Ausbildung als Straßenbahnfahrerin. "Am Vorabend war ich die Strecke auf meinem Berlinplan mit dem Finger so lange abgefahren, bis ich alle Haltestellen und kreuzenden Straßen auswendig kannte", liest die Autorin mit ruhiger, sanfter Stimme aus ihrem Roman. Neben der Affinität zum Bahnfahren hat die Hauptprotagonistin Johanna auch eine Leidenschaft für Karten, woraus sich der Titel des Buches ergab. Fürstenberg wuchs in Potsdam auf und lebt heute in Berlin.
"Familie der geflügelten Tiger" beschäftigt sich nicht nur damit, wie es ist, aus den heimatlichen Gefilden auszuziehen und auf eigenen Beinen zu stehen, sondern auch mit Johannas Suche nach Identität. Ihr Vater hatte die Familie zum Zeitpunkt der Wende verlassen, als sie zwei Jahre alt war. Außer einer Postkarte an der Wand erinnert nichts an ihn. Bis er dann eines Tages Johanna anruft. "Ich dachte an die Nummer, wie man daran denkt, mit dem Rauchen aufzuhören: vielleicht irgendwann einmal", liest sie.
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