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Der Käfer des Ostens

Sein Name heißt übersetzt Begleiter, seine Außenhaut brachte ihm den Spitznamen "Duroplast-Bomber" ein: Der Trabant war in der DDR ein Verkaufsschlager, nach der Wende avancierte er zum Kultauto. impulse.de zeichnet die Geschichte des Flitzers nach.


Leerlauf einlegen, Starterzugknopf ziehen, Benzinhahn aufdrehen, Schlüssel umdrehen. Schon ertönt er, der einzigartige Klang des Trabant: Erst stottert, dann knattert der Motor im Zweitakt. Tritt man aufs Gas, jault die Maschine laut auf. Per Krückstockschaltung den ersten Gang einlegen - und schon rollt der Trabi los.


1954 gibt das Politbüro der DDR einen neuen Kleinwagen in Auftrag. Rahmenbedingungen: Nicht schwerer als 600 Kilogramm, ein Verbrauch von maximal 5,5 Litern pro 100 Kilometer. Preiswert soll er sein und dennoch widerstandsfähig. Die wichtigste Vorgabe betrifft jedoch das Material. Weil der Westen die Lieferung von Tiefziehblechen gestoppt hat, sollen Karosserie und Außenhaut aus Kunststoff gefertigt werden.


Die Lösung: Baumwollabfälle und Kunstharz werden unter Druck in Form gepresst. So entstehen Motorhaube, Kotflügel, Türen und Karosserie-Beplankung. Im Oktober 1957 laufen die ersten 50 Trabant P 50 der sogenannten Nullserie vom Band. Seinen Namen verdankt der neue Kleinwagen dem ersten Sputnik-Satelliten, den die Sowjetunion am 4. Oktober 1957 ins All schießt: Trabant heißt übersetzt Begleiter. Auf der Leipziger Messe ist der Neuwagen ein Publikumserfolg. Eilig werden die früheren Audi- und Horch-Werke zum Volkseigenen Betrieb (VEB) Sachsenring Automobilwerke Zwickau fusioniert. Am 1. Juli 1958 geht der Trabant in Serienproduktion.


Die Wagen der ersten Modellreihe kosten 7450 Ost-Mark - so viel wie heute ein Wagen der gehobenen Mittelklasse. Dafür bekommen Käufer eine Limousine, die von einem 15-PS-Motor angetrieben und luftgekühlt wird. Ein Jahr später ist der Trabant auch als Kombi zu haben. Bis 1965 tüfteln die Ingenieure des VEB Sachsenring ungestört, sie entwickeln die Modelle P50/2, P60 und P 601.


Über die Jahre findet der Trabant, von seinen Fahrern liebevoll „Pappe" genannt, reißenden Absatz. Die Zwickauer Autobauer arbeiten im Drei-Schichten-System, doch die Nachfrage kann nie voll befriedigt werden. DDR-Bürger müssen bis zu 14 Jahre auf ihr Auto warten, dessen Preis auf 14.500 Ostmark steigt. Ab Mitte der 60er verhindert die Staatsführung die Weiterentwicklung des Volks-Automobils. Denn die Mitglieder des Politbüros finden: Für DDR-Arbeiter reicht der Trabant in seiner Grundausstattung. Mitte der 80er ist das Fahrzeug gnadenlos veraltet.


Dann versuchen sich die Ingenieure ein letztes Mal an einem neuen Modell: Der ostdeutsche Industrieverband Fahrzeugbau erwirbt die Lizenz zum Nachbau des VW-Polo-Motors. Millionenbeträge werden in die Modernisierung der Produktionsstätten investiert. Am Ende verfügt der Trabant 1.1 zwar über einen Viertaktmotor, für äußerliche Neuerungen reicht das Geld aber nicht mehr. Als das Modell 1989 auf den Markt kommt, ist der Vertrag zur Währungsunion bereits unterschrieben - und durch die Straßen der DDR fahren bereits die ersten West-Autos. Am 30. April 1991 rollt der letzte Trabi vom Band.


Heute zwickt der Geruch des Benzingemischs in der Nase, der Bezug der Rückbank erinnert ein wenig an Omas Couch und am Schalthebel des Trabis verzweifelt so manch geübter Autofahrer. Ihren Kultstatus behauptet die Rennpappe trotzdem. In Berlin können sich Touristen bei der Trabant-Safari selbst hinters Lenkrad klemmen und die Hauptstadt erkunden.


Zum 50. Geburtstag des Trabis sicherte sich Herpa die Rechte am Trabant und präsentierte einen kleinen Jubiläumstrabi. Jetzt hat der fränkische Miniaturautohersteller zusammen mit dem Zwickauer Spezialfahrzeugbauer Indikar und dem Glashersteller Polartherm ein Modell in Originalgröße entwickelt. Der Trabant NT soll im September 2009 auf der IAA in Frankfurt präsentiert werden. 2,2 Millionen Euro kostete die Entwicklung des Stadtflitzers, unter dessen Motorhaube nun ein Elektromotor schnurrt. Wenn alles klappt, ist der Trabant NT ab 2012 auf deutschen Straßen unterwegs - in Ost und West.

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