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Christianstraße in Neumünster: „Belle Epoque": Wie ein Tanzlokal sich bei der Integration versucht | shz.de

Es gab eine Männerstripshow und Konzerte von Wolfgang Petry und Jürgen Drews. Ein türkischer Abend floppte allerdings.

von Jana Walther 17. August 2017, 17:54 Uhr

Neumünster | Das „Belle Epoque" war einst ein schillerndes Tanzlokal in Neumünster. Das Gebäude in der Christianstraße Nummer 78 hält die Erinnerung an das goldene Zeitalter von Schlager und Tanzclubs mit Livemusik wach. Inzwischen wird hier aber nur noch selten getanzt. Drei große Partys im Jahr finden noch statt. Silvester, Oktoberfest und Tanz in den Mai - dazu noch ein paar private Feiern. Im selben Gebäude, in dem früher bunte Varieté-Shows, wilde Tanzabende und Live-Auftritte deutscher Musiker stattfanden, wohnen inzwischen auch einige Migranten-Familien.

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„Das Belle Epoque war ein Tanzlokal für das reifere Publikum", erzählt Inhaber Klaus Leschkus. Er hat die Party-Location 1990 übernommen, inzwischen gehört ihm das Gebäude sogar. Schon seit Jahren würden viele türkischstämmige Menschen in der Christianstraße leben. Doch das „Belle Epoque" hätten sie nur selten betreten. Ein zu großer kultureller Unterschied? „Kann gut sein", meint Leschkus.

In den 90er-Jahren schmetterten Wolfgang Petry, Jürgen Drews oder Luisa Fernandez hier ihre großen Hits. Bei der Travestieshow heizten die Künstler dem Publikum ordentlich ein, brennende Limbostangen, die Wahl zur Miss Schleswig-Holstein, Männerstripshow - all das schien den Geschmack der neuen Mitbürger nicht zu treffen.

„Als es hier anfing in der Straße mit Multikulti kamen schon einige mal ins Lokal - allerdings nur die Männer", erzählt Leschkus. „Die haben ein Getränk genommen und dann waren sie wieder verschwunden." Irgendwann seien sie dann ganz weggeblieben. Es habe sich bei ihnen herumgesprochen, dass im „Belle Epoque" fast nur deutsche Musik gespielt wird. Sie hätten sich in dem Tanzlokal vermutlich nicht wohl gefühlt, meint er.

Türkischer Abend scheiterte

2008 habe der Inhaber dann versucht, einen Schritt auf die ausländischen Nachbarn zuzugehen. Einen türkischen Abend wollte er im „Belle Epoque" etablieren. Zwei Mal habe er das versucht, doch die Resonanz war verhalten, das Programm schnell wieder eingestellt. Dagegen seien immer mehr Treffpunkte - sogenannte Männercafés - in der Christianstraße entstanden. „Alles verschiedene türkische Gruppen, die dort zusammenkommen", sagt Leschkus. Zu ihm seien sie dann gar nicht mehr gegangen.

Kontakt bleibt meist oberflächlich

Auch, wenn seine ausländischen Nachbarn das Tanzlokal nicht angenommen haben, käme Klaus Leschkus immer sehr gut mit ihnen aus. Er lebe seit Jahren selbst in der Straße und sei ein offener Mensch, habe keinesfalls etwas gegen andere Nationalitäten. „Die kennen mich, wir grüßen uns, wir sprechen auch miteinander", sagt er. In den türkischen Läden gehe er auch einkaufen - beim Gemüsehändler an der Ecke zum Beispiel. Doch der Kontakt bleibe immer nur oberflächlich. Obwohl sie Tür an Tür wohnen, hätten sie einfach zu wenig Berührungspunkte.

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