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Fußball-WM in Russland: Ein Senegalese fährt singend zur Fußball-WM

Fußball-WM in Russland : Ein Senegalese fährt singend zur Fußball-WM

In dieser Serie stellen wir Menschen aus den Ländern vor, die bei der Fußball-WM um den Titel kämpfen. Heute: Magatte Bousso.

Sie war eine Sensation, die Überraschung der Fußball-Weltmeisterschaft 2002: die senegalesische Nationalmannschaft. Der damalige WM-Neuling schaffte es vor genau 16 Jahren bis ins Viertelfinale bei der WM in Südkorea. Auf dem Weg dorthin gelang es ihnen Fußballgrößen wie Frankreich zu bezwingen - bevor der Traum vom WM-Titel beim Spiel gegen die türkische Nationalelf platzte.

Auch Magatte „Max" Bousso kann sich noch gut an diese Zeit erinnern. Der in Saarbrücken lebende Musiker, den es vor knapp einem Vierteljahrhundert aus Thiès im Senegal ins Saarland verschlagen hat, landete damals mit einem eigens komponierten Song einen Hit in seinem Heimatland. „Als Senegal gegen Frankreich gewonnen hat, wurde mein Musikvideo jeden Tag im senegalesischen Fernsehen gezeigt", erzählt der Musiker begeistert. „Es lief rauf und runter." Für ihn war diese WM-Sensation ein Durchbruch. Ein Durchbruch in seiner bisherigen musikalischen Karriere - nun hatte er sich auch im Senegal Gehör verschaffen können. Es war aber auch ein Durchbruch bei seiner Familie. „Ich war schon immer der, der aus der Reihe getanzt ist. Meine Familie hat meinen Freiheitsdrang nie richtig verstehen können und die Musik schon gar nicht", erklärt der 49-Jährige. Mit dem Erfolg des Songs legten sich die Zweifel der Familie und der aus der Reihe tanzende Sohn gewann an Akzeptanz.

Für Magatte Bousso ist die Erfolgsgeschichte von damals aber noch lange nicht zu Ende: Mit einem neuen WM-Song im Gepäck ist er nach Russland gereist. Er singt von Freundschaft, Fair Play und den Gemeinsamkeiten der Teilnehmer. „Ich schreibe für jede WM ein Lied. Die Stimmung inspiriert mich einfach", sagt er. Doch eine Wiederholung der WM-Sensation von 2002 hält der Künstler für unrealistisch: „Das Team von damals hätte es bis in Finale schaffen können, aber diese Euphorie, die wir damals hatten, fehlt jetzt einfach. Ich glaube nicht, dass Senegal es wieder so weit schaffen wird. Das Team ist zu jung und zu unreif." Die WM-Spiele wird er dennoch eifrig verfolgen. Zu Hause, in den eigenen vier Wänden, schaut er am Liebsten. Public Viewing ist nicht sein Ding: Zu viele Leute, zu viel Tohuwabohu. „Ich habe ein turbulentes Leben und genieße auch meine Ruhe", rechtfertigt er seine Entscheidung.

Magatte Bousso glaubt nicht an ein Wunder für sein Heimatland. Weiter als bis zum Achtelfinale werde Senegal seiner Meinung nach nicht kommen. Das sei aber nicht schlimm, denn eigentlich drücke er Deutschland die Daumen. „Natürlich wünsche ich mir, dass mein Land möglichst weit kommt, aber ich bin auch für Deutschland", gibt er ein wenig verlegen zu. Immerhin fühle er sich nach so langer Zeit im Saarland wie ein echter Saarbrücker.

Er schätzt das Saarland für alles, was es ist: seine geringe Größe, die kurzen Wege und dass jeder jeden kennt. Seine Heimat vermisse Magatte Bousso nicht - mit einer Ausnahme: „Die Sonne fehlt mir manchmal, aber das war's auch schon." Hier habe er tatsächlich alles erreicht, was er erreichen konnte. Neben seiner Arbeit als Musiker ist Magatte Bousso, der zum Studieren nach Saarbrücken kam, als Trommel- und Rythmus-Lehrer sowie als Dozent für interkulturelle Arbeit tätig und versorgt nebenbei Feste mit westafrikanischen Spezialitäten.

„Ich konnte mir hier viel aufbauen. Ich glaube, hier kann man alles erreichen, wenn man fleißig ist. Im Senegal geht das nicht. Dort erreicht man nur viel über Vitamin B", sagt Magatte Bousso. Die Strukturen in seiner Heimat seien korrupt, erklärt er weiter. „Ich bin stolz, dass ich mir alles alleine aufgebaut habe. Hier habe ich mir alles selbst erarbeitet und bin viel mehr als nur der Sohn von einflussreichen Eltern", so Bousso. Auch ein Grund, warum er nicht mehr in den Senegal zurückkehren möchte.

Seine Familie im Senegal besucht er allerdings regelmäßig. „Ich bin wirklich ein echter Saarbrücker. Wenn ich zwei Wochen dort war, will ich auch schnell wieder zurück", berichtet der Musiker. „Die Afrikaner sind sehr gemütlich. Ich sitze dort immer viel rum und bekomme Besuch. Man hängt einfach viel ab. Das nervt mich. Dort bewegt sich nichts und das ist ziemlich langweilig", bemängelt er und erklärt: „Die Afrikaner haben die Zeit und die Europäer die Uhr." Keine Frage, dass Senegal ein schönes Land ist, aber ein anderes Leben als in Deutschland kann sich der Westafrikaner schlichtweg nicht mehr vorstellen.

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