Der Begriff Narzisst ist zu einem Schimpfort geworden. Doch
dahinter steckt eine Persönlichkeitserkrankung. Wie ist es, damit
umzugehen?
Von Hanna Spanhel
An der Haustür stehen Karen und Harald, beide Ende 50. Sie mit
sanftem Lächeln, im Rollkragenpulli, die Haare zum Pferdeschwanz
gebunden. Er im karierten Hemd, mit gestutztem Schnauzbart und festem
Händedruck. Lobt man den hübschen Garten, zuckt Harald kaum merklich
zusammen. Weil das Lob nicht ihm gebührt, sondern Karen, der Gärtnerin.
„Das gibt mir einen Stich“, sagt er.
Stuttgart - Ein Haus im Stuttgarter Speckgürtel, der Vorgarten sieht aus wie aus einem Magazin: Die Beete ordentlich abgesteckt, die Hecken rund gestutzt, die Wege gepflastert. Da steckt viel Arbeit drin.
Es mag seltsam klingen, dass er sich über das Lob für seine Partnerin nicht freuen kann. Doch für Harald, der wie seine Lebensgefährtin eigentlich anders heißt, sind solche Aussagen wie ein Angriff. Soll das heißen, dass er nicht genug tut? Was dahintersteckt, hat ihm vor drei Jahren eine Psychologin gesagt. „Ich bin offenbar ein Narzisst“, sagt Harald. Karen nickt.