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Shopping vor dem Lockdown: Endlich mal wirklich unperfekte Weihnachten

Es ist vielleicht gar nicht mehr viel, was noch zu erledigen wäre. Noch ein Geschenk besorgen, einen neuen Stern für den Baum oder ein paar Ohrringe, damit man an Heiligabend wenigstens ein bisschen strahlen kann, auch wenn es kaum einer mitbekommt. Noch schnell dann doch die Gans holen, einen Stapel Bücher für alle kaufen, und fehlt nicht noch ein Präsent für die Tante, das wir auch noch ganz rasch zur Post bringen könnten? Das muss doch alles noch zu schaffen sein, bevor er kommt, der harte , bevor die Geschäfte schließen müssen?

Es ist verführerisch, all diese Kleinigkeiten noch zu besorgen, damit sich Weihnachten 2020 ein bisschen wie Weihnachten 2019 oder 2018 anfühlt - nur noch stressiger, denn all das müsste ja vor Mittwoch geschafft sein. Und deswegen wäre es vor allem eins: eine ziemlich schlechte Idee. Zwischen dem, was erlaubt ist, und dem, was vernünftig wäre, liegen seit Monaten schon Welten. Jetzt, da sich vielleicht wieder einmal lange Schlangen vor Geschäften bilden, können wir für uns bestimmen, ob Verzicht mehr für uns ist als ein frommer Vorsatz. Sondern eine bewusste Entscheidung gegen das Noch.

Es ist natürlich ein Dilemma. Denn schließlich fühlt sich gerade zu Weihnachten Konsum auch immer ein bisschen wie eine Tugend an. Wir wollen ja nicht nur uns etwas Gutes tun, sondern auch anderen eine Freude machen. Dieses Jahr sogar extra: dem Einzelhandel helfen, doch noch ein bisschen Geld in die Kassen zu spülen, die Schaufensterdekos auch mal von innen bewundern und der Familie, den Freunden, die wir nicht sehen können, zumindest schön Verpacktes bescheren zu können.

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Aber das Virus kennt keine Wochentage, keine Fristen - wenn wir es eindämmen wollen, müssen wir das jetzt tun. Nicht irgendwann morgen. Das heißt: Keine Last-Minute-Käufe mehr. Kein letzter Glühwein draußen. Ab jetzt. Egal, was noch theoretisch möglich wäre.

Klar ist das Mist. Denn wer hat nicht den Wunsch, es sich und den Liebsten doch wenigstens zu Weihnachten so richtig schön zu machen, nach einem Jahr, das einem so viel aufgezwungen hat? Und die Verführung, sich darüber hinwegzusetzen, ist jetzt gerade besonders groß. Wir sollten ihr dennoch widerstehen. Denn mal ganz abgesehen vom Virus: Im Verzicht kann auch etwas Positives liegen. Indem wir es dieses Mal lassen, alles auf den letzten Metern noch hinzubekommen mit dem Fest. Die Entscheidung gegen die Perfektion ist eine für die Improvisation - und eine gegen das alljährliche Drama, es allen recht machen zu müssen. Wollten wir das nicht schon letztes Jahr, vorletztes Jahr, haben wir nicht früher genug darüber gejammert, wie viel wir in den Tagen vor Weihnachten noch stemmen müssen? Wir können das jetzt einfach mal lassen, aus gutem Grund.

Lassen Sie also Geschenk Geschenk sein, bleiben Sie auf dem Sofa sitzen und basteln Sie Gutscheine. Oder nicht mal das. Es reicht auch, Karten aus dem ganzen Paketmüll auszuschneiden und mit guten Wünschen zu bekleben und zu bemalen. Aus alten Zeitungen, Magazinen oder Karten vom letzten Jahr. Wer keinen Kleber mehr hat, mixt sich selber einen, aus Kartoffelstärke oder Mehl mit Wasser. Wem noch Weihnachtsbaumschmuck fehlt, der rührt Salzteig an: Mehl, Salz und Wasser im Verhältnis 2:1:1 mischen, ausrollen und mit Plätzchenformen Sterne ausstechen. Trocknen lassen, fertig. Schöne Beschäftigung.

Nicht mehr alle Zutaten für die Weihnachtsgans bekommen? Ist doch wunderbar! Endlich eine Gelegenheit, sich nicht mehr mit Fleischthermometern und Brätern herumschlagen zu müssen, sondern ganz entspannt auf Essbares zu setzen, das einen noch nie im Stich gelassen hat: Tiefkühlpizza unterm Baum? Warum eigentlich nicht.

Der Verzicht in diesem Jahr kann uns zeigen, dass im Minimalismus mehr Spaß steckt, als eine durchsortierte Sockenschublade und ein dezimierter Kleiderschrank das versprechen. Verzicht kann endlich den Raum für ein Weihnachten schaffen, das wir uns vielleicht bislang nicht gegönnt haben: mit weniger Stress, weniger Perfektionismus, weniger Es-allen-Recht-machen, weniger wahllosem Geldausgeben, weil man noch "irgendwas" für entfernte Verwandte braucht.

Denn die Wahrheit ist: Wir brauchen eigentlich nichts mehr. Das wissen wir schon längst, weil wir Jahr für Jahr mindestens fünf dieser nett gemeinten Geschenke entweder direkt nach Weihnachten oder nach einer Höflichkeitsfrist von ein paar Monaten wieder aussortieren. Außerdem gibt es wohl kaum eine bessere Ausrede für ein fehlendes Geschenk als: Es war mir wichtiger, dass alle gesund bleiben.

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