Hütten auf Gipfeln? Klar gibt es die. Aber richtige Hotels? Hier sind fünf Topadressen, die rund ums Jahr geöffnet haben - Anreiseabenteuer inklusive.
Rigi-Kulm Hotel, Region Luzern, Zentralschweiz
Drei volle Tage brauchte der Schriftsteller Mark Twain 1897 für die 1560 Höhenmeter auf den Berg Rigi. Mit einer langen Schlafpause dazwischen, heißt es. Den Ort Weggis am Fuße des Rigi-Massivs nannte Twain "den schönsten Flecken der Erde". Bis heute reisen Touristen von Luzern aus per Schiff entlang der Schweizer Riviera nach Vitznau. Von hier führt eine Zahnradbahn auf den Gipfel: die älteste Bergbahn Europas, 1871 in Betrieb genommen. Im kommenden Jahr gibt es also ein großes 150-jähriges Jubiläum. Ein quietschender, rot gepolsterter historischer Salonwagen kann extra angemietet werden.
Rund 30 Minuten dauert das sieben Kilometer lange Fahrvergnügen hoch über dem schönsten Blau der Schweiz: dem Vierwaldstättersee. Vorbei an grünen Almen, felsigen Steilkanten, lauschigen Hütten und grasenden Kühen geht es hinauf. Die Schweiz in einer Nussschale. Den Blick hat der englische Maler William Turner (1775 bis 1851) als einer der Ersten in weltberühmten Aquarellen festgehalten. Erst kamen die Künstler, später der Adel, dann Touristen. Für die haben örtliche Pioniere die Berge "geebnet" - mit der Zahnradbahn. Oben auf knapp 1800 Meter Höhe angekommen, ist es spürbar kühler als im Tal. Wie gut, dass die Rigi, auch "Königin der Berge" genannt, mit einem veritablen komfortablen Hotel aufwartet. Schon 1816 war hier das erste Berggasthaus der Schweiz aus Holz errichtet worden, 1875 baute man es zum Grandhotel Schreiber mit 300 Betten aus. In den Fünfzigerjahren wurde das Gebäude abgerissen, nur die Fassade blieb übrig, die jetzt den kleineren Neubau schmückt. Die 33 renovierten Zimmer wirken gediegen, mit Parkett und modernen Betten. Der Blick auf die Sonnenauf- und -untergänge ist grandios. Neben diesen punktet die Rigi mit einer 360°-Rundumsicht auf mindestens sieben Seen. Drinnen im Jugendstilsaal zelebriert man Vier-Gänge-Menüs, sehr zu empfehlen ist das Zürcher Geschnetzelte. Am Morgen führt dann die Wanderung zurück ins Tal. Unbedingt ein zweites Frühstück auf der Chäserenholz-Alp einplanen - hier reift selbst gemachter Biokäse mit Blick auf Jungfrau, Mönch und Eiger heran. Welcher Käse kann das schon von sich behaupten?
Höhe Gipfel: 1797 Meter
Geeignet für: Gemütliche - für Familien, Genießer und Genusswanderer
Zu erreichen: per Zahnradbahn ab Vitznau oder ab Arth-Goldau,
www.rigi.ch/erleben/bergbahnen
Geöffnet: Die Zahnradbahn fährt an 365 Tagen, das Hotel ist ganzjährig an den Wochenenden geöffnet - für Gruppen auch unter der Woche.
Die Menschheit trennt sich in "Team Rigi" oder "Team Pilatus", heißt es in Luzern. Aber warum sich auf eine Seite schlagen? Der östlich und der westlich von Luzern gelegene Gipfel liefern beide tolle, aber eben ganz unterschiedliche Perspektiven auf den Vierwaldstättersee. Auch der Pilatus hat eine ikonische Zahnradbahn. Mit bis zu 48 Prozent Steigung sogar die steilste der Welt. Die halbstündige Fahrt auf den Gipfel ist spannend wie eine Achterbahnfahrt - nur ohne falltürenartigen Abgang in die Tiefe, Gott sei Dank. Rechts und links der Trasse leuchtet blau und büschelweise der Enzian, ein Murmeltier sonnt sich entspannt. 1889 wurde die 4618 Meter lange Linie eröffnet. Wenn viel los ist, fährt Zugführer Severin Wallimann sechsmal pro Tag hinauf. Der markante Pilatus besitzt mehrere gezackte Gipfel - und zwei zusammengehörende Hotels, die sich in eine große Lücke ducken: das historische Hotel Pilatus-Kulm und das moderne Bellevue, ein metallisch schimmernder Rundbau. Zwischen den Zacken liegt ein Netz mit Höhenwegen, Pfaden, Treppen, Tunneln - mit ständig neuen Ausblicken. Vom Tomlishorn aus, dem höchsten Gipfel, lassen sich haufenweise Steinböcke an den Flanken zählen. Zwei Steingeißen grasen abends, nachdem die Tagesgäste die Sonnenterrassen verlassen haben, seelenruhig direkt unterhalb des Pilatus Kulm-Hotels. Queen Victoria ritt 1868 hoch auf dem Ross ins Hotel Bellevue hinauf, das 1868 als erster Stützpunkt entstanden war und 1963 durch den runden Neubau ersetzt wurde. Der große Speisesaal des Hotels Pilatus-Kulm ist heute nach ihr benannt. Ein Jahr nach der Bahn wurde dann auch das Hotel Pilatus-Kulm eröffnet und zuletzt 2010 renoviert.
Getoppt wird das "high life" nur noch von einem Sonnenaufgang auf der Aussichtsplattform des Esel, so heißt der Gipfel gleich neben dem Hotel Bellevue. Ab Mitte November öffnet auf dem Pilatus-Plateau der höchste Weihnachtsmarkt Europas seine Stände - wenn Corona das nicht noch verhindert. "S'isch super gsi!", finden nicht nur die Schweizer.
Höhe Gipfel: 2132 Meter
Geeignet für: Ehrgeizige - für sportliche Familien, mit oder ohne Kinder
Bahn: von Alpnachstad per Zahnradbahn, von Kriens geht's mit der Luftseilbahn "Dragon Ride" via Fräkmüntegg zum Gipfel.
Geöffnet: ganzjährig
Auf rund 3200 Metern, an der Grenze zwischen Nord- und Südtirol, steht das höchstgelegene Hotel Europas: das Glacier Hotel Grawand. In nur sechs Minuten schweben die Gondeln der Schnalstaler Gletscherbahnen vom Ort Kurzras ganz hinten im Talschluss hier hinauf. Wie schon der Name des Hotels verspricht, blicken Gäste von der "Grauen Wand", so der ursprüngliche Name des Berges, hinaus auf den Hochjochferner und auf das ewige Eis der Ötztaler Gletscher. Und auf das bekannte Gletscherskigebiet, auf dem schon Nationalmannschaften aller Länder trainierten.
Unten im abgelegenen Schnalstal gehen die Uhren noch immer ein bisschen anders - das ist ein Kompliment. Nur deshalb haben sich noch jene Traditionen erhalten, an denen das Tal so reich ist. Das wäre die Transhumanz, der berühmten Trek der Schafe, von der Unesco in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Alljährlich im Frühsommer ziehen die Tiere über fast 3000 Meter hohe Pässe auf die Weiden des Innerötztals. Im Herbst kommen sie wieder zurück. Anfang Dezember dann treiben die Niederjoch Tuifl - eine Tiroler Version des Krampus - mit schaurig geschnitzten Masken und Peitschenknallen ihr Unwesen auf dem Gletscher. Direkt vom Hotel aus führt eine ganztägige Exkursion namens "Ötzi Glacier Tour" zur Fundstelle der berühmtesten Gletscherleiche der Welt. Gehen Sie niemals allein! Näher, nur zehn Gehminuten vom Hotel entfernt, liegt die erst jüngst eröffnete Aussichtsplattform "Iceman Ötzi Peak". Mitte Oktober eröffnet der isländische Künstler Olafur Eliasson auf dem Grat der Grawand seine erste Südtiroler Installation. Der 410 Meter lange Besinnungsweg leitet durch neun Tore - vergangene Eiszeitalter symbolisierend - zu einer Plattform, die von den Metallringen einer Sphäre umhüllt ist. Das Oeuvre steht für das Werden und Schwinden der Gletscher. Vor allem für Letzteres. Abends sitzen Gäste in der Hotelsauna, im Dampfbad oder an der Hotelbar. Achtung: Am Ankunftstag sollte man auf Sauna und Alkohol verzichten, da sich der Organismus erst an die Bedingungen auf 3000 Metern anpassen muss.
Höhe Gipfel: 3212 Meter
Geeignet für: Natur- und Kunstsinnige
Bahn: Die Schnalstaler Gletscherbahnen fahren Sommer wie Winter.
Geöffnet: von Ende September bis Anfang Mai
Zugegeben: Das Berghaus Diavolezza liegt - geografisch betrachtet - auf einem Joch, nicht auf einem Gipfel. Es gibt also höhere Erhebungen in der Nachbarschaft. Doch das stört Besucher herzlich wenig, wenn sich, im lauschigen Wasser des "Hot Pot" sitzend, ihr Herz auch angesichts der formschönen Bernina-Gipfel erwärmt. Beim Baden lässt sich mit einem Panaché (Radler) in der Hand ein großartiges Naturschauspiel betrachten: das Herunterbrechen der Eisbalkone des Piz Palü in den "Festsaal der Alpen", so nennt sich die Arena zwischen Biancograt und Piz Palü. Großes Kino! Unten fließt der Gletscher des Vadret Pers dahin, rechter Hand dominiert der Piz Bernina den Blick. Mit 4049 Metern ist er übrigens der einzige Viertausender der Ostalpen. Der kompakte Bau des Berghaus Diavolezza hat mehrere Etagen. Wer will, kann also noch ein paar Höhenmeter drauflegen - und wird beim Treppensteigen die stattliche Höhe von 3000 Metern merklich spüren. Neben den typischen Lagern gibt es auch Zimmer verschiedener Kategorien. Logisch, dass die Erbauer das Bergrestaurant Bellavista im Erdgeschoss mit einer weiten Glasfront versahen. Hier und im "Stübli" kommen Bündner und Veltliner Spezialitäten auf den Tisch: Gerstensuppe, Salsiz nostrano (also "Wurscht"), Käsefondue, Bergkäse, Bündner Teller mit Rohschinken, Pizzoccheri, Rösti, Bündner Nusstorte. Dazu eine Rivella, ein Glas Wein oder Most. Trunken von Höhe und Aussicht fängt der hartgesottene Engadin-Fan dann schon mal an, die berühmten sprechenden Steinböcke Gian und Giachen zu rezitieren. Die beiden Engadiner Vorzeigeviecher fungieren als Testimonials der Region - und sind Kult. Der Name des Hotels stammt übrigens von einer sagenhaften Teufelin, die laut Fabel ihre Klage über den Tod des Aratsch in die Bergwinde ruft. Morteratsch - Tod des Aratsch - heißen auch ein benachbarter Berg und ein Ort im Tal. Dorthin und zur Station der Rhätischen Bahn kann man im Winter per Ski direkt vom Berghaus und über den Gletscher zehn Kilometer abfahren.
Höhe: 2978 Meter
Geeignet für: ambitionierte Höhenaspiranten, Kino- und Badefans
Bahn: Wanderweg ab Bernina Lagalp, Skitourenroute, Bahn ab Bernina Diavolezza Bahnhof (bei Pontresina)
Geöffnet: bei Betrieb der Luftseilbahn Diavolezza von Mitte Dezember bis Ende November
Infos: www.diavolezza.ch