Um 18:09 ist es soweit: Von Ferne ertönt erstes Geschnatter. Es ist fast dunkel, Wolkenfetzen ziehen dahin. Der Vollmond spiegelt sich in der Meerenge der Bass-Straße, die den Indischen Ozean mit der Tasmansee verbindet. Die Wellen rauschen, Salz liegt in der Luft. Und dann – sind sie da. Ein Grüppchen von 100 Zwergpinguinen watschelt langsam den Strand herauf. Gebannt starren einige hundert Zuschauer muxmäuschenstill von den Tribünen des Phillip Island Nature Park auf das allabendlichen Schauspiel der Pinguinparade. „Sie kommen erst nach Sonnenuntergang und bleiben eng zusammen, damit mögliche Räuber sie für ein riesengroßes Beutetier halten“, sagt Guide Rachel. Die Bäuche dick vom Fischfutter hangeln und hüpfen sie wieselflink über die Felsen. Mit rudernden Flügeln tapsen sie auf ihre „Strandvillen“ in der Brutkolonie zu, kleine selbstgegrabene Sandlöcher zur Aufzucht der Jungen. Fotografieren? Ist wegen dem irritierenden Blitzlicht streng verboten. „Sie sind nur rund 30 Zentimter groß und haben ganz unterschiedliche Persönlichkeiten, schnattern mehr oder weniger viel vor sich hin“, sagt Rachel.
Der nächtliche Treck von rund 700 schwarzweißen Fräcken ist das tägliche Highlight des Naturparks am Summerland Beach – und drittgrößte Attraktion Australiens mit 500.000 Besuchern im Jahr. „Hier auf den vorgelagerten Inseln haben sie überlebt, weil es keine Füchse und Hunde gibt.“ Trotzdem gibt es Feinde: Katzen, Möwen, Adler. Und nur einer von fünf wilden Vögeln wird älter als zwei Jahre. Zur Anlage des Besucherzentrums gehört auch das „Underground Viewing“, eine tiefergelegte Aussichtsplattform. Von hier kann man den flugunfähigen Vögeln auf Augenhöhe begegnen, wenn sie auf beleuchteten Trassen schnatternd vorbei flanieren, miteinander flirten und tänzeln. „Sie benehmen sich in freier Wildbahn nicht anders. Und hier auf Penguin Island sind an Menschen gewöhnt und wissen, dass wir keine Feinde sind“, sagt Cathy.
Endemische Arten wie die Zwergpinguine gibt es sogar in Australien nur hier an der Südküste. Rund eineinhalb Auotstunden sind es von Melbourne, Hauptstadt des Staates Victoria, bis hierher in die südöstliche Region Gippsland. Ebenfalls auf Philipp Island liegt das Koala Conservation Center. „Koalas leben hier seit 20 Millionen Jahren. Sie sind übigens Känguruhs ähnlicher als Bären“, weiß Steve Peppard, International Sales Officer. Seine Kollegin Cara arbeitet als Education Ranger und ergänzt: „Sie schlafen 20 Stunden am Stück auf dem Baum, und weil sie sich in Zeitlupe bewegen sich, brauchen sie nicht nicht viel Energie, Eukalyptusblättern reichen!". Auf einem Rundgang entlang des „Koala Express“ quer durch den lichten Wald entdecken wir immer wieder verschlafen guckende, silbergraue Pelzgesichter, die müde von den Ästen blinzeln, sich kurz am Bauch kratzen, um den Kopf dann wieder zwischen die Vorderpfoten zu rollen. Ob die drolligen Fellkugeln bei soviel Schläfrigkeit nicht mal vom Baum plumpsen, so aus Versehen? „Hab noch nie einen runterfallen sehen“, überlegt Cara und verrät dann eine unliebsame Eigenschaft der Koalas: „Dafür fressen sie manche Eukalyptusbäume tot, das schaffen nicht mal Australiens Waldbrände!“
Mit
zwei Drittel der Größe der BRD ist Victoria gut geeignet für
Australieneinsteiger und bekannt für seinen Arteneichtum. Auf der
Fahrt zum nächsten Naturpark Wilson's Promotory flattern Schwärme
von farbigen Rosella-Papageien auf, schwarzweiße Macpie-Elstern
hocken in den Zweigen der Eukalyptusbäume, von denen es 60
verschiedene Arten gibt. Auf
der Fahrt erzählt Touguide Maree Martin von der berühmten
Sonnenschutzkampagne des Staates Victoria: „Slip, slop, slap, seek
and slide“ – in
ein Hemd schlüpfen, Sonnencreme auftragen, einen Hut aufsetzen,
Schatten suchen und Sonnenbrille tragen. Beim nächsten
Tankstellen-Stop kaufen wir prompt
Cowboyhüte
aus Känguruhleder.
Auf
einen Feinschmeckerimbiss halten wir im „The Church House Gourmet
Retreat“ nahe des Fish Creek. Eine steile Anfahrt führt flankiert
von Rosenbüschen die Schotterserpentinen hinauf. Oben erwarten uns
der Anblick sanft rollender Hügel – und ein galantes
Gastgeberpaar: Mary und Peter Riedel. Mary stammt aus Catania, Peter
aus Kitzbühel. Zusammen haben sie 2010 eine alte Kirche aus
Melbourne auf diesem Hügel transferiert und zu einem anspruchsvollen
Refugium ausgebaut. Mary
importierte 14 Jahre lang „das Beste vom Bestem“ europäischer
Interieurs, französische Medaillonstühle und venezianische
Fortuny-Lampen, arrangierte Alles mit originalen Böden und viel
Patina zu einem stimmigen Ganzen. So
füllten sie das Haus mit Stilgefühl – und mit sechs Kindern und
15 Enkeln. „Peter liebt das Gemüseanbauen und die Idee eines
Gartens. Darum kochen wir heute für Gäste, die auch“. Prompt
serviert Mary feinen europäischen Käse, „Seafood Würstel“ mit
Kräutersalat aus dem Garten, Zimtparfait mit Himbeeren, begleitet
von Silberbesteck und Servietten der Großmutter, gekrönt von
heimischen Weinen wie einem Chardonnay aus den Waratah Hills.
„Es
gibt viele Wildtiere hier, Wombats, Wallabys und vor kurzem ist ein
Koala an den Jalousien des Wohnzimmers hochgeklettert“, lacht Mary.
Das Naturparadies Wilson's Promontory, kurz „The Prom“ genannt,
liegt nur 20 Autominuten entfernt. „The Prom“ lässt selbst
verwöhnte Freilandfans sprachlos zurück, für Ureinwohner ist es
ein heiliger Ort. Unberührte Sandstrände, buschige Wälder, darin
ein Camping-Areal mit knapp 500 Plätzen, stylishe Ferienwohnungen
und Zelte im Safaristil. Mit Ranger Brent Moran wandern wir zum
Ausguck am Norman Beach, ein ursprünglicher Strand wie aus der
Vorzeit der Menschen, wie gemacht für Adam und Eva.
Am Morgen fahren wir eine gute Autostunde nach Port Welshpool und starten auf eine Tages-Bootstour mit „Refuge Cove Cruise“. Per Katamaran geht es laut tuckernd vorbei an naturbelassenen Inseln und zu einem malerischen Picknick am Strand von Refuge Cove. Weiter düsen wir am Skull Rock vorbei zur Kanowna Seehundkolonie mit ihren15.000 Tieren. Große Aufregung! Als das Boot in der blaugrün schillernden Bucht hält, springen hunderte Seehunde ins Wasser, grunzen und führen ein urkomisches Wasserballett auf, flutschen hin und her, kreiseln, recken die Hälse, wedeln, klatschen mit den Flossen. Man hört sie lautstark – vor allem riecht man die nassen Kerle. Beseelt von all der bahnbrechenden Natur brettern wir drei Stunden zurück nach Welshpool, während hoch oben die Adler am schnurgeraden Five Mile Beach über uns kreisen.
Die Reise wurde unterstützt von VisitMelbourne www.visitmelbourne.com und VisitVictoria www.visitvictoria.com.
Infokasten:
Anreise: Flug zB mit Thai Airways (thaiairways.com), ab Frankfurt über Bangkok nach Melbourne, ab 980 Euro.
Einreise: Neben einem Reisepass braucht man ein kostenloses elektronisches Visum / eVisum, (homeaffairs.gov.au/Trav/Visi).
Beste Reisezeit: Oktober bis April mit Temperaturen um 24 Grad.
Aktivitäten: Tierbeobachtungen in Naturparks:
Pinguinparade im Phillip Island Nature Park, Summerland Beach, Ventnor Road, Phillip Island VIC 3922, www.penguins.org.au
Koala Conservation Center, Phillip Island – Cowes Road, Philipp Island VIC 3922, www.penguins.org.au
Wilson's Promontory National Park bzw. „The Prom“, www.visitpromcountry.com.au mit Infos zum Campen/Übernachten am Tidal River, Reservierung unbedingt nötig, www.parks.vic.gov.au/stay
Übernachten unterwegs:
Die Phillip Island Apartments liegen inmitten des lebhaften Küstenstädtchens Cowes, rund 20 min. entfernt von der Philipp Island Pinguin Parade, Philipp Island Apartments, 9-11 Bass Ave, Cowes, VIC, philippislandapartments.net.au
The Church House Gourmet Retreat, Mary and Peter Riedel, 25 Wirilda Way, Fish Creek, hello@thecurchhouse.com.au
Essen:
Pino Trattoria in Cowes, italienische Küche, 29-31 Thompson Ave, Cowes VIC3922, pinostrattoria.com.au
Moos at Meeniyan, 89 Whitelaw Street, Meeniyan, VIC 3956, www.moosatmeeniyan.com.au
Übernachten in Melbourne:
Hotel QT Melbourne, 133 Russell Street, Melbourne 3000, www.qthotelsandresorts.com/melbourne
Hotel The Langham Melbourne, 1 Southgate Avenue, Soutbank VIC 3006, www.langhamhotels.com
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