1 abonnement et 2 abonnés
Article

"Bad Banks" - Staffel zwei: Grenzen überschreiten, bis es keine mehr gibt

Warum machen Menschen Karriere? Geld? Macht? In Staffel eins von "Bad Banks" gab Jana Liekam (Paula Beer) ihrer Chefin Christelle Leblanc (Desiree Nosbusch) eine simple Antwort: "Ich weiß es nicht. Aber ich brauche es." Daran hat sich in Staffel zwei (am 6. und 7. Februar um 20.15 Uhr auf Arte, ab 31. Januar alle Folgen in der ZDF-Mediathek) der deutschen Serie nichts geändert.


Ein halbes Jahr nach der Krise, mit der die ersten sechs Folgen von "Bad Banks" endeten, erfindet sich die Finanzbranche neu. Die Sparer haben das Vertrauen in die Finanzberater verloren, also setzen Start-ups auf Fintechs, Algorithmen, die das Geld automatisch anlegen. Nur Jana Lieken und ihr Team Thao Hoang (Mai Duong Kieu) und Adam Pohl (Albrecht Schuch) hängen noch immer bei der Global Invest fest, sie sind kaltgestellt. Ihre Idee, die sie in den Start-up "Inkubator" in Berlin katapultieren soll: ein "grüner" Robo-Advisor, der den Nutzern nur nachhaltige Finanzprodukte anbietet.

Dummerweise gibt es den schon: "Green Wallet", ein hippes Unternehmen, das dem Kapitalismus den Kampf angesagt hat. Also versuchen die drei, das Unternehmen für sich zu gewinnen. Nur wollen die mit genau solchen Menschen wie ihnen nichts zu tun haben. Was Liekam, Pohl und Hoang natürlich nicht abhält. Und ab da beginnen die Probleme.


"The Wolf of Wall Street" in Europa

"Bad Banks" sorgte 2017 für ein Aufhorchen in der deutschen Serien-Landschaft. Ein solches Maß an internationaler Professionalität hatte man zu diesem Zeitpunkt noch von keiner Produktion des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gesehen. Düstere Hochglanz-Bilder, die an David Fincher erinnern, trafen auf internationale Schauplätze, ein junges, unverbrauchtes Hauptdarsteller-Ensemble und ein exzellentes Drehbuch. "Bad Banks" konnte mühelos mit jeder Produktion von Netflix mithalten, erinnerte in seinen besten Momenten an die großen Finanz-Thriller Hollywoods wie "The Wolf of Wall Street". In Staffel zwei legt Showrunner Oliver Kienle nach.


Viele Insider der Finanzbranche meldeten sich bei ihm und zeigten sich amüsiert darüber, wie harmlos das alles sei, was er in seiner Serie zeige. Das hat Kienle offensichtlich beherzigt. Die sechs neuen Folgen von "Bad Banks" sind noch atemloser, hektischer und vor allem gnadenloser den Protagonisten gegenüber. In Folge fünf sitzt Jana Liekam am Boden einer Abstellkammer, sie heult hysterisch, atmet unregelmäßig, sie hat eine Panikattacke. Eine ihrer Aktionen, um sich gegen ihre Widersacher durchzusetzen, ist schief gelaufen, hat fatale Konsequenzen. Und sie muss nun irgendwie damit klarkommen. Kurz darauf hastet sie bereits wieder durch die Gänge des "Inkubators", lächelt und versucht ihren alten Chef Gabriel Fenger (Barry Atsma) zu umgarnen. 


Alle sind stark und schwach zugleich

"Wir alle mogeln uns um unser Gewissen herum", sagt der irgendwann im Lauf der zweiten Staffel und genau das ist der rote Faden, der sich durch die neuen Folgen zieht. Oder wie es Showrunner Kienle in einem Interview erklärte: "Die Grenzen, die man heute überschreitet, werden morgen zum Status quo." Und wer im Spiel bleiben will, muss bereit sein, diese Grenze immer weiter zu verschieben. Echte Freunde gibt es deswegen in "Bad Banks" keine. Nur kurzzeitige Verbündete. Jeder nutzt den anderen zu seinem Vorteil und ist sofort bereit, ihn abzuservieren, wenn es einen Vorteil verspricht. Gegen das Geflecht der Intrigen, das "Bad Banks" so spinnt, wirkt "Game of Thrones" wie eine Seifenoper. Investmentchefin Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch) manipuliert Liekam, die sich gleichzeitig an ihr rächen will. Finanzvorstand Quirin Sydow (Tobias Morietti) wiederum will Leblanc loswerden, die sich daraufhin mit Fenger zusammentut.


Die große Kunst von "Bad Banks" besteht darin, dass die Serie alle Figuren gleichberechtigt behandelt. Frauen sind genauso stark wie Männer, ruchlos, durchtrieben, gnadenlos. Gleichzeitig ist keiner von ihnen ein Superbösewicht ohne Gewissen. Jeder von Kienles Charakteren ist stark und schwach zugleich. Phasen der absoluten Überlegenheit wechseln sich mit Momenten der gnadenlosen Ohnmacht ab. Wer gerade noch wie der Sieger aussah, muss nur wenig später erkennen, wie angreifbar er ist, wenn die Konsequenzen seines Handelns auf ihn einprasseln. Dass sie sich alle dabei immer mehr selbst verlieren, merken sie nicht einmal. Nur in Momenten der Macht fühlen sich die Protagonisten von "Bad Banks" wirklich lebendig. Eigentlich eine traurige Erkenntnis. Denn sollte die Finanzbranche wirklich so sein, wie sie die Serie beschreibt, kann man jeden, der mit ihr zu tun hat, nur bemitleiden. Für den Zuschauer ist das allerdings ein Glück: "Bad Banks" bleibt auch in Staffel zwei die beste aktuelle deutsche Serie. 


Rétablir l'original