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Corona-Krise: Jede dritte Gaststätte könnte vor dem Aus stehen

Normalerweise ist in der Küche 13 abends viel los. Die Gäste sitzen in dem kleinen Lokal im Viertel meist dicht beieinander, erzählt Geschäftsführer Jan-Philipp Iwersen. Doch seit Beginn der Corona-Krise ist es ruhiger in dem Lokal geworden. Erst musste das Restaurant, wie bundesweit alle Gaststätten, im März für zwei Monate schließen.

Nach der Wiedereröffnung im Mai lief das Geschäft zwar wieder an, allerdings nur sehr schleppend, sagt Iwersen. „Viele Gäste waren am Anfang sehr verhalten und haben sich nicht getraut, essen zu gehen", so der Geschäftsführer des Lokals. „Der Juni war gar nicht gut für uns." Seit gut drei Wochen laufe es besser. Die Menschen seien offener geworden, wieder ein Lokal zu besuchen.

Dennoch lohnt sich laut Iwersen das Geschäft derzeit nicht. „Da unser Lokal nur sehr klein ist, dürfen immer nur vier bis fünf Tische belegt sein", sagt er. Nur so könnten die Abstandsregeln eingehalten werden. Er musste zudem ein Schichtsystem einführen. Gäste könnten entweder einen Tisch von 18 bis 20 Uhr oder ab 20.15 Uhr reservieren. Zwischen den Schichten werden kurze Pausen eingelegt, um alles zu desinfizieren.

Weihnachtsfeiern storniert

„Die Umsätze sind total gesunken", sagt Iwersen. Das liege nicht nur daran, dass weniger Gäste im Lokal Platz nehmen dürfen. Iwersen betreibt sonst auch viel Catering. „Keiner traut sich zu feiern. Wir haben jetzt auch die ersten Stornierungen für die Weihnachtsfeiern", erzählt der Geschäftsführer. Er mache daher momentan keinen Gewinn. Dennoch wolle er das Lokal nicht schließen. „Ich kann meine Mitarbeiter nicht in Kurzarbeit schicken. Die müssen doch auch ihre Miete bezahlen", sagt Iwersen. „Deswegen halte ich den Laden weiter am Laufen." Dank seiner Ersparnisse komme er derzeit noch gut über die Runden.

So wie Iwersen geht es mehreren Gastwirten in Bremen. Der Gewinn bleibt bei vielen aus, sagt Nathalie Rübsteck, Geschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Bremen (Dehoga). Gut jede dritte Gaststätte stehe demnach vor dem Aus. „Wir haben noch keine konkreten Zahlen für Bremen erhoben, doch der Trend, dass gut 30 Prozent der Gaststätten die Krise nicht überstehen werden, zeichnet sich bundesweit ab", so die Dehoga-Geschäftsführerin. Der Veranstaltungsbereich liege komplett brach; in der Gastronomie sei das große Problem, dass aufgrund der Abstandsregelungen weniger Gäste kommen könnten.

„Größere Lokale sind da flexibler. Dort können auch Gruppen an einem Tisch sitzen", sagt Rübsteck. Einen Vorteil hätten Gaststätten mit großen Außenflächen. Kleinere Lokale, wie die Küche 13, hätten es da schwerer, kostendeckend zu arbeiten. „Einen zweiten Lockdown werden die meisten Gaststätten nicht überleben", betont Rübsteck. Die Dehoga rechne zudem mit vielen Insolvenzen im Laufe dieses und des folgenden Jahres. „Wir befürchten, dass das mit den Insolvenzen erst im nächsten Quartal so richtig losgehen wird", sagt Rübsteck. Wenn die Insolvenzantragspflicht ab Ende September nicht mehr ausgesetzt sei, werde sich die Zahl der Anträge der Gastronomiebetriebe erheblich erhöhen.

Einige Insolvenzanträge hat es bereits gegeben. Ein prominentes Beispiel: das Hotel Strandlust in Vegesack. Geschäftsführer Philipp Thiekötter hat die Insolvenz am 2. April dieses Jahres für die Betreibergesellschaft des Hotels Strandlust gestellt. „Die Umsätze sind längst nicht da, wo wir sie bräuchten", sagt Thiekötter. Grund dafür sei auch, dass der wichtigste Umsatzbringer - das Veranstaltungsgeschäft - weggebrochen sei. Daher könne niemand die Strandlust derzeit unter Vollkosten fortführen.

Angst vor einer zweiten und dritten Corona-Welle

Wie es nun für die Strandlust weitergehen wird? „Wir sprechen derzeit mit verschiedenen potenziellen Nachfolgern über einen Einstieg in den Pachtvertrag", sagt Insolvenzverwalter Christian Kaufmann von der Pluta Rechtsanwalts GmbH. „Aber klar ist, dass aufgrund der derzeitigen Lage und der Angst vor einer zweiten und dritten Corona-Welle der Betrieb eines Hotels, aber auch einer Gastronomie, große Unsicherheiten mit sich bringt." Der Insolvenzgeldzeitraum, in dem die Gehälter über die Bundesagentur für Arbeit gesichert seien, laufe bis Ende August.

„Wenn es kein Entgegenkommen des Verpächters bei der Pacht gibt oder wir niemanden finden, der zu den jetzigen Konditionen in den Pachtvertrag einsteigt, wird der Geschäftsbetrieb nicht über den Tag der Insolvenzeröffnung, nach jetzigem Stand der 1. September, hinaus fortgeführt werden können", sagt Kaufmann. Dann wäre voraussichtlich am 31. August mit dem Hotel Strandlust Schluss. Es könne gegebenenfalls ein mehrjähriger Leerstand drohen. Auch Kaufmann befürchtet, dass voraussichtlich noch viele Insolvenzen in der Gastronomie folgen werden. „Allgemein und wie auch hier wird es nur gehen, wenn die Verpächter der Immobilie mit ihren Pächtern partnerschaftliche Lösungen finden und den Pächtern bei der Pacht deutlich entgegenkommen", betont der Insolvenzverwalter.

Auch die Betreiber des Restaurants Kränholm in St. Magnus haben bereits im Mai einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Pächter des Lokals ist die Tafelsilber Gastronomie GmbH. Im Gegensatz zum Hotel Strandlust zeigt sich Insolvenzverwalter Malte Köster optimistisch, was die Zukunft des Restaurants betrifft. „Wir sind zuversichtlich, dass wir zu einer Sanierungslösung kommen können, damit wir das Restaurant erhalten können", sagt Köster. Das Kränholm sei ein „gastronomischer Leuchtturm in Bremen-Nord". Momentan sei er in Gesprächen mit einem potenziellen Partner, die bereits weit vorangeschritten seien. „Noch ist nichts verbindlich, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das Kränholm retten können", so Köster.

Zurzeit würden sich die Insolvenzanträge noch nicht häufen. „Das heißt aber nicht, dass nicht noch eine Insolvenzwelle auf uns zukommen wird", sagt Köster. Aktuell würden sich gerade die Gastronomiebetriebe noch relativ gut schlagen, die einen großen Außenbereich haben. „Ab Herbst sind die Außenplätze allerdings nicht mehr so attraktiv, und kleinere Betriebe haben schon jetzt sehr zu kämpfen", sagt Köster. Für die Gastronomie bleibe die Zukunft weiter ungewiss.

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