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Elon Musk: Streitsüchtig

Elon Musk leitet die Unternehmen Tesla und Space X

Zu den vielen Arbeitslosen in Kalifornien könnte demnächst noch ein prominenter Unternehmer hinzukommen. Wenn es ganz arg kommt, könnte auf Druck der Börsenaufsicht SEC ( U.S. Securities and Exchange Commission) seinen Posten als CEO verlieren. Noch ist das Spekulation und die SEC hat nicht offiziell reagiert, doch ignorieren kann sie einen von Musks jüngsten Tweets nicht. "Meiner Meinung nach ist der Tesla-Aktienkurs zu hoch", twitterte Musk am 1. Mai. Der Tweet war eine selbsterfüllende Prophezeiung, der Aktienkurs gab um 12 Prozent nach. Zuvor war Teslas Marktkapitalisierung - der Wert der Aktie multipliziert mit der Anzahl der Aktien - höher als von Daimler, BMW und Volkswagen zusammen.

Dabei hatte Musk nach Ansicht von Frank Schwope, Ökonom der Nord LB, einfach recht: "Natürlich ist der Aktienkurs zu hoch. Mit Blick auf die Fundamentaldaten und die Produktionszahlen hat Musk da vollkommen recht." Daher rät er momentan von einem Investment ab. Das Verrückte ist, dass sich Musk mit dem Tweet direkt selbst schadete: Seine Entlohnung ist an den Aktienkurs gekoppelt. Und Musk hält sich so selbst im Fokus der Börsenaufsicht.

Die Auseinandersetzung mit der nahm im August 2018 ihren Anfang. Da schrieb Musk bei Twitter, er nehme Tesla von der Börse. Der Rückkaufkurs pro Aktie liege bei 420 Dollar, die Finanzierung sei gesichert. Letzteres stimmte nicht, die SEC klagte ihn wegen Betrugs an. Im Februar 2019 twitterte Musk, sein Unternehmen werde im laufenden Jahr 500.000 Auto produzieren. Stimmte auch nicht und verschärfte die Auseinandersetzung. Im Prozess fiel kein Urteil, die Parteien einigten sich, dass Musk und Tesla jeweils 20 Millionen Dollar Strafe zahlen. Kursrelevante Texte darf Musk seitdem nur noch veröffentlichen, wenn zuvor ein Firmenanwalt die Nachricht freigibt. Außerdem hat er für mindestens drei Jahre sein Amt als Aufsichtsratschef verloren. Den Job als CEO darf er weiterhin ausüben - noch.

Corona-Maßnahmen seien "faschistisch"

Auf den jetzigen Tweet zum Aktienkurs hat mit Sicherheit kein Anwalt geschaut. Auch nicht auf das "FREE AMERICA NOW", das Musk am 28. April twitterte. Damit kritisierte Musk öffentlich die Ausgangssperren des Bundesstaates Kalifornien, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Einen Tag später wurde er im telefonischen Analystengespräch noch deutlicher und fing sogar zu fluchen an. Der CEO sprach von missachteten Freiheitsrechten, dafür seien Menschen nicht nach Amerika gekommen, so der gebürtige Südafrikaner. Würde jemand für die Missachtung der Ausgangssperre verhaftet, sei das "faschistisch". Schon kurz zuvor war die Telefonkonferenz für einige Minuten unterbrochen worden. Vermutlich hatten seine Vorstandskollegen versucht, ihn zu zügeln. Keine Chance, der Faschismus-Vorwurf fällt nach der Unterbrechung.

Dass Musk die Corona-Maßnahmen ablehnt, überrascht. Er ist ein Mann der Wissenschaft, hat Physik und Volkswirtschaftslehre studiert. Musk will die Menschheit retten, indem er den Mars besiedelt. Doch Ausgangssperren, um die Ausbreitung einer Pandemie zu bekämpfen, hält er für Freiheitsberaubung. Das passt nicht zusammen.

Die Nervosität des Unternehmers ist umso überraschender, da es derzeit gut für ihn läuft. Im April transportierte die Trägerrakete Falcon 9 weitere 60 Satelliten für seine Starlink Mission ins All. Sein Unternehmen SpaceX hat in einer erdnahen Umlaufbahn bereits 422 Satelliten positioniert, die man mit dem bloßen Auge am Nachthimmel erkennen kann. Eines Tages sollen es 12.000 Satelliten sein, die Breitband-Internetanschlüsse an jedem Ort der Erde ermöglichen.

Auch bei Tesla läuft es rund. Das Model Y wird früher als erwartet an Kunden ausgeliefert - ungewöhnlich für Tesla. Das Unternehmen schloss Ende März das dritte Quartal in Folge mit Gewinn ab. Mit 88.500 ausgelieferten Fahrzeugen lag das erste Quartal 2020 40 Prozent über dem Vorjahresquartal. Hat Musk nun Angst, dass ihm das Virus den Erfolg zerstört? Seit dem 24. März stehen im Werk in Fremont die Bänder still, dagegen hatte sich Musk lange gewehrt. Noch ist unklar, wann die Produktion wieder starten darf. Es ist Teslas einzige Fabrik für Autos in Nordamerika. Die Auswirkungen des Corona-Virus dürfte Tesla also im zweiten Quartal zu spüren bekommen.

Bisher kein dauerhafter Schaden

Als ob Streitigkeiten mit der Börsenaufsicht SEC und der Regierung von Kalifornien nicht schon genügen, legt sich Musk auch noch mit der US-Umweltschutzbehörde EPA an. Sie bestimmt mit ihren Fahrtests die offiziellen Reichweitenangaben für Elektroautos. Die aktuelle Version des Tesla Model S haben die Prüfer auf 391 Meilen (626 Kilometer) festgelegt. In der Telefonkonferenz mit Analysten behauptete Musk, sein Model S sei das erste elektrische Serienfahrzeug, das die Marke von 400 Meilen (640 km) erreiche, die Tester hätten Fehler gemacht. Die Auswertung der Fahrzeugdaten zeige, die Prüfer hätten den Funkschlüssel über Nacht im Auto liegen gelassen. Somit sei das Fahrzeug nicht heruntergefahren, was zwei Prozent der Batteriekapazität verbraucht habe, so Musk. Die EPA bestreitet das.

Bislang hat keine der Eskapaden Musk dauerhaft geschadet. Weder Investorinnen noch Käufer haben sich vom Unternehmen abgewandt, weil der Chef unberechenbar ist. Das Gegenteil ist eher der Fall. Schicke Elektroautos, ein eigenes Ladenetzwerk, stationäre Speicherbatterien und Dachziegel mit integrierten Solarzellen sind eine zukunftsweisende Kombination von Energieerzeugung und Mobilität, die viele Anhänger findet. Auf Twitter folgen ihm 33,7 Millionen Menschen. Dort schlägt Elon Musk, der in dieser Woche Vater seines sechsten Sohnes geworden ist, versöhnliche Töne an: "Ich wünsche allen eine gute Stimmung für die zweite Jahreshälfte 2020."

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