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Volkswagen: Schwere Zeiten für Autohändler

Düstere Zukunft für VW-Händler

Es gibt sie doch noch: Autohändler mit guter Laune. Roger Ehlen ist so einer. Er leitet die Renault-Niederlassung Hamburg-Othmarschen. "Wir legen einen Verkaufsrekord nach dem anderen hin und daran hat der elektrische Renault Zoe einen erheblichen Anteil", sagt Ehlen. Genaue Zahlen mag der Chef von vier Autohäusern, die direkt zum französischen Hersteller gehören, nicht nennen. Das Kraftfahrt-Bundesamt weist für Januar knapp 1.800 bundesweite Zulassungen für den elektrischen Kleinwagen aus. Das entspricht 18 Prozent aller Renault-Neuzulassungen. Im vergangenen Jahr war der Zoe das erfolgreichste Elektroauto in Deutschland.

Ein paar Kilometer weiter ist die Stimmung gedrückt. 1.400 Mitarbeiter in 23 Auto-Wichert-Filialen halten den Geschäftsbetrieb so gut es geht aufrecht, nachdem die Geschäftsleitung Insolvenz angemeldet hat. Der unabhängige Händler ist seit 34 Jahren aktiv und verkauft heute Fahrzeuge der Marken VW, Audi, Seat und Škoda. Gründe für die Zahlungsunfähigkeit von Hamburgs größtem VW-Autohaus nennt die Geschäftsführung nicht. Doch der Verdacht liegt nah, dass es ist eine späte Auswirkung des Dieselskandals ist.

Vor Wichert meldete bereits im Herbst 2018 der Hamburger VW-Händler Willy Tiedtke Insolvenz an. Damals waren die niedrigen Restwerte der Leasingrückläufer der Hauptgrund. Bei Abschluss eines Leasingvertrags wird für die Fahrzeugrückgabe ein Restwert vereinbart. Den schätzt der Händler, beim Weiterverkauf erzielen zu können. Aufgrund des Dieselskandals lagen die Marktpreise jedoch 4.000 bis 5.000 Euro pro Fahrzeug unter den Schätzungen. Auf dieser Differenz blieb der Händler sitzen. Im Laufe des Jahres 2019 hat Auto Wichert einige Standorte und Mitarbeiter von Willy Tiedtke übernommen. Natürlich war die Leasingproblematik längst bekannt. Entweder hat man sie bei Wichert unterschätzt oder ignoriert.

Strenge Verkaufsquoten vorgegeben

Diese Geschichte passt besser zum Trend als die von Renault-Händler Ehlen. Eine Umfrage des Beratungsunternehmens KPMG kommt zu dem Ergebnis, dass es 2025 nur noch halb so viele klassische Autohäuser geben könnte wie 2019. Ein wichtiger Grund: Strengere CO2-Grenzwerte der EU. Halten Hersteller die in diesem Jahr nicht ein, sind 2021 hohe Strafzahlungen fällig.

Die britische Unternehmensberatung PA Consulting hat nachgerechnet: Entwickeln sich die Verkäufe wie erwartet, kommen insgesamt 14,5 Milliarden Euro auf 13 Hersteller zu. Allein 4,5 Milliarden Euro Strafe entfallen auf Volkswagen. Das wäre gut ein Viertel des Betriebsergebnisses aus dem Jahr 2019. Der Ausweg: Viele Elektroautos verkaufen. Jedes Fahrzeug, das weniger als 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt, zählt in der Statistik als zwei verkaufte Fahrzeuge. So senken E-Autos und einige Plug-in-Hybride den Flottendurchschnitt.

Renault-Verkäufer Ehlen sagt, es gebe trotzdem keine Verkaufsvorgaben für abgasarme Autos aus der Zentrale. Bei der Konkurrenz sieht es anders aus: Händler der französischen PSA-Gruppe, zu der auch Peugeot und Opel zählen, erhalten eine monatliche CO2-Vorgabe. Daran ist ihr Verdienst geknüpft. Peugeot-Händler beschweren sich außerdem laut Branchenmedien darüber, dass ihnen der Hersteller unrealistisch hohe Verkaufsziele vorgibt.

Auch Audi-Vertragshändler sehen sich mit hohen Erwartungen konfrontiert. Sie bekommen im April neue Verträge, in denen die Grundvergütung gesenkt und Boni angehoben werden. Ursprünglich sollte der volle CO2-Bonus nur dann gezahlt werden, wenn mindestens ein Viertel der verkauften Fahrzeuge E-Motoren hat. Die Quote konnten die Audi-Händler auf ein Fünftel drücken.

Ford will seinen CO2-Flottenverbrauch mit dem elektrischen Mustang Mach-E senken. Der Wagen kommt Ende des Jahres nach Deutschland. Bislang haben nur 20 Prozent der Ford-Händler die entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Ihnen ist die Marge beim Mach-E zu gering und der Aufwand für die Installation von Ladeanschlüssen auf ihrem Gelände zu teuer.

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