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Landstrom: Sauber im Hafen liegen ist teuer

"Diesel bis Euro V. Anlieger frei" steht auf dem Schild an der Hamburger Stresemannstraße. Es soll dazu beitragen, dass die Stadt ihren Luftreinhalteplan erfüllt. Einige Hundert Meter entfernt liegt Deutschlands größter Seehafen. Die meisten Kreuzfahrt- und Containerschiffe erzeugen ihren Strom während der Liegezeit mit Dieselaggregaten. Der Wind trägt Feinstaubpartikel, Stick-, Schwefel- und Kohlendioxide in die Stadt. Hinzu kommt der Lärm der Dieselmotoren. Während ein Kreuzfahrtschiff meist nicht länger als einen Tag bleibt, liegen Containerschiffe schon mal bis zu fünf Tage im Hafen.

Würde man ein langes Stromkabel mit großem Stecker an Bord werfen, würden sämtliche Emissionen - Ökostromnutzung vorausgesetzt - während der Liegezeit wegfallen. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht vor, dass dieser sogenannte Landstrom gefördert wird. Doch die Reeder und Reederinnen zeigen wenig Interesse. Im Vergleich zum steuerlich begünstigten Schiffsdiesel ist Strom in Deutschland zu teuer.

Die erste Hürde sind Netzentgelte. Im Stromnetz müssen Angebot und Nachfrage stets im Gleichgewicht sein. Große Strommengen, die ein Schiff unregelmäßig und für kurze Zeit bezieht, machen das für die Netzbetreiber komplizierter. Den Aufwand lassen sie sich über pauschale Entgelte auf Monats- und Jahresbasis bezahlen. Umgelegt auf eine Hand voll Hafenbesuche, ist die Pauschale zu teuer für Reeder. Darum hat die Bundesregierung in die Verordnung über Netzentgelte Tagesleistungspreise aufgenommen. Damit das nicht alle gewerblichen Stromabnehmer fordern, ist Bedingung, dass bei einem Engpass im Netz innerhalb von 15 Minuten der Stecker gezogen werden kann. Auf dem Schiff schmeißt dann jemand den Dieselmotor wieder an.

Jede Ausnahme schwächt das Solidarprinzip

Die zweite Hürde ist die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (). Die liegt 2020 bei 6,756 Cent pro Kilowattstunde. "Damit ist der Strom zwei bis drei Mal teurer als die Produktion mit dem Dieselaggregat", sagt Christian Denso, Sprecher des Verbands Deutscher Reeder. Es ist eine Krux, denn Landstrom und EEG-Umlage verfolgen das gleiche Ziel: mehr Klimaschutz. Das EEG sichert denen, die Strom aus erneuerbaren Energien einspeisen, feste Vergütungen zu. Die Netzbetreiber müssen den Strom abnehmen und bieten ihn an der Strombörse an. Dort deckt der erzielte Preis aktuell nicht die Kosten. Die Lücke schließt die EEG-Umlage, die jeder Stromkunde in Deutschland zahlt - mit Ausnahme der Unternehmen, die pro Jahr mehr als eine Gigawattstunde Strom verbrauchen. Die sollen trotz EEG-Umlage international konkurrenzfähig bleiben.

Doch auf die Gigawattstunde käme sicherlich keine Reederei. Dennoch stellt die Bundesregierung ihnen in Aussicht, die geltende EEG-Umlage um 20 Prozent zu senken. So steht es in einer Absichtserklärung zwischen Bundeswirtschaftsministerium, den fünf Küstenbundesländern sowie den Städten Rostock und Kiel. Das Wirtschaftsministerium erarbeitet derzeit den Gesetzentwurf mit einer besonderen Ausgleichsregelung im EEG. Der sollte handwerklich einwandfrei sein, denn die EU-Kommission hat seit jeher ein kritisches Auge auf Ausnahmeregelungen. Vereinfacht kann man sagen, jede Ausnahme schwächt das Solidarprinzip der Abgabe. Die festen Kosten werden auf weniger Schultern verteilt.

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