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Family Business 4.0

Nikolaus und Matthäus Hirsch führen mit dem Armbandhersteller Hirsch ein österreichisches Familienunternehmen in vierter Generation - und möchten es nun neu positionieren.

Ein Blick auf die Handgelenke von Matthäus und Nikolaus Hirsch verrät bereits, womit sich die beiden tagtäglich beschäftigen: Armbanduhren und Lederarmbänder in unterschiedlichen Farben und Prägungen. Denn die beiden Brüder sind Teil der Geschäftsleitung des Fami­lienunternehmens Hirsch, welches Armbänder für Armbanduhren produziert und ihnen zufolge einer der Hauptlieferanten der Schweizer Uhrenindustrie ist. Allein 2018 erwirtschaftete Hirsch einen Umsatz von 75 Millionen €. Entsprechend groß ist auch die Mitarbeiterzahl - insgesamt 830 Mitarbeiter beschäftigt das Familienunternehmen zurzeit. Knapp die Hälfte davon ist am Hauptsitz in Klagenfurt angestellt, der Rest in Vertriebs­niederlassungen oder im Außendienst - etwa in der Schweiz, Großbritannien, Hongkong oder Japan. Nikolaus Hirsch führt dabei den Vertrieb und die Marketingabteilung, Matthäus Hirsch die Produk­tion und Lieferkette.

Nach ihrem Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien wollten die beiden aber zunächst etwas Eigenes aufbauen, ein Eintritt in das Familienunternehmen stand vorerst nicht im Fokus. 2013 gründeten sie deshalb das Atelier Nima, mit dem sie bis heute Schmuckarmbänder aus Leder verkaufen - einerseits online, andererseits mittels Verkaufspartnern in Wien und Bregenz. Der Preis eines Armbands liegt dabei zwischen 100 und 170 € - also ähnlich den Preisen der Armbänder des Familienunternehmens Hirsch.

Parallel dazu waren die ­beiden Brüder bereits seit Langem für Hirsch tätig. „Dadurch, dass wir seit unserer Kindheit mit den Abläufen bei Hirsch vertraut sind, hat es in diesem Jahr dann einfach Sinn gemacht, vollends in die Geschäftsführung miteinzusteigen", sagt ­Nikolaus Hirsch. „Wir sehen eine Chance, das Familienunternehmen in vierter Generation voranzubringen und etwas beizutragen.

Matthäus und Nikolaus Hirsch ... studierten beide an der Wirtschaftsuniversität in Wien und gründeten im September 2014 ihr eigenes Unternehmen Nima Atelier. Mittlerweile sind sie Teil der Geschäftsleitung im Familienunternehmen Hirsch.

In ihrer jetzigen Führungsposition wollen die beiden das ­Unternehmen grundlegend neu ­positionieren: Hirsch soll digitaler werden und als Marke näher zum Konsumenten rücken. Zurzeit beliefert Hirsch in erster Linie Juweliere, Fachhändler und Uhrenhersteller - in naher Zukunft sollen zur Kundenbasis auch ­Endkonsumenten zählen. Um ihrem Ziel näher zu kommen, arbeiten die Brüder gerade an einem Webshop. Der Grund, warum sie Hirsch nun auch als Marke für Konsumenten positionieren möchten, ist laut Nikolaus Hirsch simpel: „Hirsch hat als Konsumentenmarke begonnen und ist dann durch viele Expansionsrunden immer mehr zu einer B2B-Marke geworden. In den letzten Jahren sind wir aber draufgekommen, dass der Markt sich immer mehr an Konsumenten orientiert."

Allein 2019 liegt der ­weltweite Umsatz von Uhren und Schmuck laut dem Datenanbieter Statista bei 209 Milliarden € - mit einem Anstieg von 1,3 % gegenüber dem Vorjahr. Allerdings sind hier nicht nur Armbänder, sondern auch Uhren- und Schmuckhersteller mit eingerechnet. Das Unternehmen Hirsch wächst laut Eigenangaben mit der Branche - und verkauft seine Produkte zu ungefähr 50 % an die Uhrenindustrie und zu weiteren 50 % an Fachhändler auf der ganzen Welt. Die Neuausrichtung der Firma macht auch vor der Automatisierung nicht halt: Seit vergangenem Jahr wird der erste Roboter im Unternehmen eingesetzt; er bedruckt und sortiert Produktverpackungen. In den kommenden Jahren werden es laut Nikolaus Hirsch wohl noch mehr - Mitarbeiter sollen deswegen aber keine gekündigt werden.

Dafür plane man aber, sich aus der Produktion in China zurückzuziehen, denn in Zukunft sollen alle Produkte der Marke Hirsch „Made in Austria" sein. „Ein Großteil wird ohnehin schon in Klagenfurt hergestellt, der Rest bisher noch in ­China. Wir sehen aber einfach, dass die Expertise in Österreich liegt", so Matt­häus Hirsch. „Und mehr Expertise heißt für uns natürlich auch eine höhere Qualität." Mit der neuen, ­digitalen Strategie würde man sich laut Nikolaus Hirsch selbstverständlich nicht nur Freunde im Unternehmen machen - aber im Großen und Ganzen funktioniere die Abstimmung mit den Mitarbeitern, ihrem Vater und auch untereinander hervorragend. „Das Wichtigste ist einfach immer die Kommunikation. Wenn man ­offen mit Problemen umgeht, kann man sie auch lösen."

Die beiden Brüder waren für Hirsch bereits als Außendienstmitarbeiter sowohl in Deutschland und der Schweiz als auch in Japan und Hongkong unterwegs - was jedoch nicht ihr erster Aufenthalt in ­Asien war: Im Alter zwischen drei und zehn Jahren verbrachten sie ihre Kindheit in Hongkong - ihr Vater Robert Hirsch hatte damals die Marke in Asien etabliert. Neben dem DACH-Raum zählt Asien laut Angaben des Unternehmens ­mittlerweile zu den wichtigsten Vertriebsorten von Hirsch. Ihre Erfahrungen im Ausland haben die beiden nachhaltig geprägt: „Ich glaube, je mehr Zeit man im Ausland verbringt, umso ­offener wird man und umso mehr lernt man sich selbst kennen", sagt Matthäus Hirsch.

Ihre jahrelange Arbeit im Unternehmen hat Nikolaus und Matt­häus Hirsch auch gezeigt, ­welchen Wert ein Armband überhaupt ­haben kann: „Zur Uhr gehört immer das Uhrenarmband, das 70 % zum ­Aus­sehen einer Uhr beiträgt", sagt Matthäus Hirsch. „Ein Armband ist dabei aber viel mehr als ein reiner Gebrauchsgegenstand." Die beiden achten sehr stark auf die Kommunikation mit ihren Kunden, wie Matt­häus Hirsch erzählt: „Wir geben an, wo das Leder herkommt, wie die Produktionsstätten ausgestattet sind und wie deren Produktionsbedingungen aussehen."

Die Zukunft hänge aber ohne­hin nicht nur am Material Leder. Deshalb experimentieren die Brüder derzeit mit neuen, vor allem pflanzlichen Materialien - Armbänder aus Schiefer und Birkenrinde befinden sich schon jetzt im Sortiment. Es sind die Freude an der Innovation und die Chance, etwas zu verändern, die sie antreiben: „Ich sehe einfach riesiges Potenzial in dem kleinen Armband", sagt Matthäus Hirsch. Dass da der Unternehmergeist einer ganzen Familie mitspielt, ist offensichtlich. „Ohne diesen hätten wir wohl viele Dinge so nicht gemacht", meint Nikolaus Hirsch. „Und ich vermute einmal, dass unser Familienunternehmen nicht das einzige Unternehmen bleiben wird, an dem wir maßgeblich beteiligt sein werden." Unabhängig davon, was auf die beiden Brüder noch zukommt, wird das Familienunternehmen Hirsch aber wohl immer eine große Rolle in ihrem Leben spielen.

Nikolaus Hirsch und Matthäus Hirsch sind Mitglieder der Forbes DACH 30 Under 30-Liste 2019. Mehr über Nikolaus Hirsch und Matthäus Hirsch lesen.

Text: David Hanny

Der Artikel ist in unserer Juni-Ausgabe 2019 „30 Unter 30" erschienen.

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