Auch sieben Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise haben es die Banken nicht geschafft, Vertrauen zurückzugewinnen. Im Gegenteil: Bei der wichtigen Zielgruppe der Young Professionals - also den Top-Verdienern und Vermögenden von morgen - hat ihre Reputation sogar einen neuen Tiefstand erreicht. Das ist das Ergebnis einer empirischen Analyse der FOM Hochschule, die gestern präsentiert wurde ( PDF). Die Wissenschaftler um Professor Julius Reiter haben mehr als 600 Young Professionals befragt und herausgefunden: 60 Prozent lassen sich bei der Geldanlage gar nicht mehr beraten...
Katastrophales Signal für die FinanzbrancheDas ist ein erstaunlich hoher Wert, 2013 lag die Quote der Selbstentscheider lediglich bei 49 Prozent. Besonders gelitten hat das Vertrauen in die Hausbank: Gerade mal 22 Prozent der Young Professionals suchen hier Rat, im Vorjahr waren es noch 29 Prozent. Zu selbstständigen Finanzberatern gehen nur noch neun Prozent (Vorjahr: zwölf Prozent).
Wäre ich ein Bankmanager, würden mich die FOM-Zahlen massiv beunruhigen. Denn sie zeigen:
Obwohl einige Banken nicht mehr ganz so aggressiv provisionsträchtige Produkte verkaufen wir früher, ist eine Trendwende nicht in Sicht; die extrem wichtige Zielgruppe der jungen Berufsanfänger wendet sich sogar ab.
Aber wundert mich das?
Nein. Denn selbst Banken und Finanzvertriebe, die Besserung gelobt und den Verkaufsdruck auf ihre Berater gesenkt haben, bieten im Großen und Ganzen immer noch dieselben Produkte an wie früher. Und die sind häufig alles andere als empfehlenswert:
Investmentfonds. Seit einigen Jahren zeigt sich immer deutlicher, dass nur wenige Fondsmanager auf lange Sicht den Markt schlagen. Das spricht klar für „Exchange Traded Funds" (ETFs), die keinen teuren Manager beschäftigen, sondern stur sämtliche Aktien kaufen, die in einem Index vertreten sind. Trotzdem empfehlen Banken kaum ETF. Lebensversicherungen. Angesichts des Zinstiefs und hoher Kosten geht es derzeit rapide abwärts mit den Renditen. Im kommenden Jahr sinkt der Garantiezins von 1,75 auf 1,25 Prozent pro Jahr. Trotzdem empfehlen selbstständige Finanzberater, aber auch Banken immer noch viel zu oft Lebensversicherungen. Riester- und Rürup-Renten. Hier sind die Nebenkosten besonders hoch, bei vielen Varianten kommen nur dank des Zinseszinseffekts und staatlicher Zulagen nennenswerte Renditen für Anleger zustande. Trotzdem werden sie oft auch in Fällen empfohlen, in denen staatliche Zulagen und Steuervorteile überschaubar sind. Banken versagen bei der Online-Strategie
Die oft fragwürdigen Offerten sind nicht der einzige Grund dafür, dass sich Young Professionals abwenden.
Hinzu kommt: Viele Banken zaudern noch immer, Finanzprodukte online anzubieten. Auf den ersten Blick ist das zwar nachvollziehbar: Wenn Kunden übers Internet ordern statt sich in der Filiale beraten zu lassen, lassen sich schließlich keine hohen Provisionen mehr rechtfertigen.
Doch mit ihrer Beharrlichkeit könnten die Banken eine ganze Generation aufgeklärter, online-affiner Gutverdiener verlieren. Immer mehr junge Menschen wollen ihr Geld online anlegen - und machen es auch: 67 Prozent der Young Professionals kaufen laut der FOM-Studie Produkte übers Internet, im Vorjahr waren es nur 44 Prozent.
Und wenn ihnen die Banken keine adäquaten Angebote machen, gehen sie eben woanders hin.
Derzeit schießen Anbieter wie Pilze aus dem Boden, die eine kostengünstige Online-Vermögensverwaltung mit ETFs offerieren. Selbst klassische Altersvorsorgeprodukte gibt's immer öfter zu deutlich günstigeren Konditionen im Internet, teilweise sogar völlig provisionsfrei.
All das zeigt: Als einen der letzten Wirtschaftsbereiche hat die Digitalisierung nun auch die Finanzbranche mit voller Wucht erfasst. Banken, die jetzt nicht endlich das Kundeninteresse in den Vordergrund stellen und die Jagd auf Provisionen beenden, stehen harte Zeit bevor.
[Bildnachweis: Pressmaster by Shutterstock.com] Über den AutorDaniel Schönwitz (37) ist Wirtschaftsjournalist und schreibt über Finanz- und Steuerthemen - vorwiegend für die WirtschaftsWoche, das Manager Magazin und Capital. Zudem arbeitet er als Schreibtrainer für den Seminaranbieter DIALEKTIK for Business wo er High Potentials in Workshops beibringt, verständlich über komplizierte Themen zu schreiben. Auf seiner Homepage danielschoenwitz.de bloggt er über aktuelle Fragen zu Geld, Steuern und Moral.