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Der Tod kommt gerade ungelegen

Die Düsseldorfer Rockband Fred Banana Combo um Nicolle Meyer und Frontmann Gottfried Tollmann (vorn) hat nach rund 30 Jahren wieder ein neues Album herausgebracht. Foto: Fred Banana Combo

Düsseldorf. Die legendäre Düsseldorfer Rockband Fred Banana Combo war gerade wieder vereint. Doch nun ist ihr Frontmann Tollmann unheilbar an Krebs erkrankt.


Alles war fertig. Die neue Platte: produziert. Die Tour: vorbereitet. Die Fred Banana Combo: wieder vereint. Rund 30 Jahre nach ihrer Auflösung wollte die Düsseldorfer Band noch einmal gemeinsam auf der Bühne stehen, ihr fünftes Album „The Best of the Old Shit and the New Shit" auch bei Konzerten in ihrer alten Heimat präsentieren. Doch es kam etwas dazwischen.

Gottfried Tollmann hängt am Tropf. „Ich habe gerade meine zweite Transfusion bekommen", erzählt er gleich zu Beginn des Telefonats, das er aus seinem Krankenbett in einer Spezialklinik bei Weimar führt. Tollmann hat Krebs. Und das kann ruhig jeder wissen.


1978 waren solche Gesprächseinstiege für Tollmann noch undenkbar. Drei Musiker schickten sich damals an, die Punk-Szene rund um den Ratinger Hof zu bereichern. Der Engländer Bill Brown, die Frankokanadierin Nicolle Meyer und eben Tollmann, aufgewachsen in Gelsenkirchen und in Düsseldorf Schüler unter Joseph Beuys an der Kunstakademie, probten im Keller des Ratinger Hofs, damals Szenetreffpunkt der deutschen Untergrundkultur.


Fred Banana stand immer kurz vor dem Durchbruch

Unvergessen für viele Fans: ihre Wave-Version des Beatles-Klassikers „Yesterday", die wiederum zu einem ihrer Klassiker wurde und auf dem Debüt-Album „Fred Banana Combo" (1980) zu hören ist. An diesem sowie den zwei folgenden Alben „The Incredible Fred Banana Combo" (1981) und „Same" (1983) arbeitete die Band mit Krautrock-Papst und Avantgarde-Produzent Conny Plank zusammen, der unter anderem Kraftwerk, Devo und die Eurythmics prägte. „Trotz - oder gerade wegen - ihres Geheimtipp-Status' zählten sie zu den prägenden Formationen der Punk-Ära in Deutschland. Immer kurz vor dem Durchbruch, immer zu gut, um wahr zu sein", schreibt der Musikjournalist Teddy Hoersch über die Band.


Düsseldorf war Punkrock-Mekka


Vom großen Durchbruch träumt heute keiner mehr. Darum ging es auch nicht, als sich Tollmann und Brown im vergangenen Jahr bei einer Ausstellungseröffnung wiedertrafen und beschlossen, noch einmal gemeinsam Musik zu machen. Sondern: „Wir hatten einfach Lust dazu", sagt Tollmann. Der Sound der neuen Platte sei ähnlich wie früher, die Texte jedoch etwas nachdenklicher. „Ich glaube, das passiert automatisch, wenn man in so einer Situation ist wie ich." Der Sänger und Gitarrist, der früher 200 Konzerte im Jahr spielte, könnte derzeit für keine einzige Show auf eigenen Füßen stehen. „Ich versuche noch durchzuhalten, ein bisschen Kraft für die Familie zu haben", sagt er. Tollmann hat einen fünfjährigen Sohn. „Der soll auch noch Gitarre lernen."


„Du darfst nie deinen Humor verlieren, lieber das Leben"

Vielleicht reißt er sich zusammen, vielleicht steckt er seine Lage wirklich besser weg als es manch anderer täte, verbittert klingt Tollmann jedenfalls nicht. „Du darfst nie deinen Humor verlieren, lieber das Leben", sagte er einmal. Oder: Der Tod sei doch auch nur eine andere Form des Lebens. „Ein neuer Song auf einer neuen Platte."


Doch bevor der kommt, macht Tollmann lieber noch Pläne. „Wenn sich meine Blutwerte verbessern, habe ich noch mal die Chance, auf der Bühne zu sein. Wenn's sein muss, im Rollstuhl."


Christine Holthoff

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