Hassbriefe wollte Ole von Beust nie lesen. Wenn er bedroht wurde, sollte sein Büro die Polizei informieren, aber nicht ihn. Aber was passiert mit den Feinden, wenn der Politiker plötzlich nicht mehr im Licht der Öffentlichkeit steht?
Bei Ole von Beust ist das erstaunlich profan. Irgendjemand, er weiß nicht wer, bestellt ständig "irgendein Zeug" in seinem Namen. Münzen oder Goldschmuck - alles muss Beust dann wieder zurückschicken oder dem Postboten mühsam erklären, warum er gar nichts davon braucht.
Das ist die Antwort, die Hamburgs früherer Erster Bürgermeister gibt, wenn er nach seinen Feinden gefragt wird. Die scheinen ihm hier, in seinem Berliner Büro in der Friedrichstraße, unglaublich weit weg. Den Straßenlärm lassen die hellen Fensterfronten nicht durch, die Geister aus Beusts Vergangenheit noch weniger.
Ziemlich unspektakulär für jemanden, der für die Union in Hamburg eine rote Hochburg eroberte und fast zehn Jahre lang eine der größten deutschen Städte regierte - alleine mit absoluter Mehrheit, mit den Grünen, mit dem Rechtspopulisten Ronald Schill.
Schill "war ein lustiger Geselle"Der wollte Beust mit dessen Homosexualität erpressen und wurde von ihm aus dem Amt gejagt. Selbst Schill, der angeblich stets einen Revolver bei sich trug, heute ein windiges Leben in Brasilien führt und wohl Beusts härteste Prüfung im Amt war, behauptet im Stern, er würde ihm heute in die Arme fallen, wenn sie sich begegneten.
Beust sieht das etwas anders, schon deshalb, weil er nicht der Typ sei, der anderen in die Arme fällt. Aber eigentlich hegt er gegen Schill keinen Groll. Unter aller Sau war das, sagt Beust, aber "eigentlich war er ein lustiger Geselle". So recht taugt Beust einfach nicht zum Feind, nicht einmal in der Politik. "Ich weiß nicht, woran das liegt. Die meisten Leute mochten mich einfach immer. Das war Glück."
Keine schlechten Voraussetzungen also für eine Karriere in der Politik, in der es spätestens am Wahltag darauf ankommt, dass die Menschen einen mögen oder zumindest die anderen Kandidaten als weniger attraktive Wahl empfinden. Und trotzdem hat sich Beust entschieden, dieses Leben hinter sich zu lassen. Er ist raus aus dem Geschäft, seit er vor sechs Jahren sein Amt niederlegte. Was macht so jemand nach dem Leben im Rampenlicht?
Es scheint, als wisse Beust es selbst noch nicht so recht. Er sucht noch immer seinen Platz, irgendwo zwischen Politik und Wirtschaft, zwischen Loslassen und Festhalten - und zwischen Hamburg und . In beiden Städten hat Beust ein Büro und eine Wohnung. Fast die Hälfte seiner Zeit verbringt er in der Hauptstadt. Kann einer, der im Norden so verwurzelt war, sich einfach so umpflanzen? "Die Frage habe ich mir oft gestellt. Ein Kollege in der gleichen Situation hat mir geraten, nicht zu viel darüber nachzudenken."
Als Beust sich aus dem Hamburger Rathaus zurückzog, hatte manch einer wohl erwartet, dass er sich zur Ruhe setzt, das Leben und die neu gewonnene freie Zeit genießt. Viele hatten sowieso schon ein Bild von ihm im Kopf, auf dem er mehr nach Urlaub als nach Arbeit aussieht.