Die junge Syrerin Asmaa Almahamid aus Hamburg hat den Verein "Angekommen in Deutschland" mitgegründet, sie wollte über die Erfahrungen, die sie nach ihrer Ankunft in Deutschland gemacht hat, berichten. Der Verein unterstützt Menschen, die noch in der Ausbildung oder schon berufstätig sind, sich in der neuen Heimat zurechtzufinden.
Asmaa Almahamid ist vor fünf Jahren mit ihren Eltern vor dem Krieg in Syrien nach Deutschland geflohen. Am Anfang war alles neu und ungewohnt: Die Familie konnte noch kein Deutsch sprechen, erzählt die heute 23-Jährige. In den Jahren 2015 und 2016 gab es viele Menschen, die einen Sprachkurs besuchen wollten, es war nicht einfach einen Platz zu bekommen. Sie fand schließlich noch einen, lernte in wenigen Monaten Deutsch. Weil ihr Abitur in Deutschland nur als Realschulabschluss anerkannt wird, holte sie die Prüfungen in Kiel nach. Schließlich bewarb sie sich an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg.
Inzwischen studiert sie Verfahrenstechnik und untersucht unter anderem die Veränderungen von Rohstoffen. Die junge Frau fühlt sich immer mehr angekommen in ihrem Leben in Deutschland, auch wenn ihr nicht immer alle Mitmenschen dieses Gefühl vermitteln. Sie glaubt, das liege vor allem daran, dass sie Kopftuch trage. Einmal habe sie auf einen Bus gewartet, da sei eine Frau gekommen und habe sie gefragt, warum sie hier in Deutschland sei? Warum sie Kopftuch trage? Wenn sie ein Kopftuch tragen wolle, dann müsse sie aus Deutschland verschwinden. Die junge Syrerin wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Ein Passant sei ihr zwar zur Seite gesprungen, das sei aber bei solchen Diskriminierungen nicht immer der Fall. Mittlerweile habe sie gelernt, besser mit diesen Situationen umzugehen.
Asmaa Almahamid möchte, dass die deutsche Gesellschaft mehr Geschichten von Einwanderinnen hört. Auch deshalb hat sie vor zwei Jahren mit anderen jungen Syrerinnen und Syrern in Hamburg den Verein "Angekommen in Deutschland" gegründet, der diese persönlichen Erfahrungsberichte über Flucht und Ankommen erzählt und zeigt, wie Geflüchtete sich engagieren. Anfangs ging es um die Geschichten, später dann, mit Unterstützung des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, mit wöchentlichen Sprechstunden zu Ausbildungs- und Jobfragen. Wie bei den anderen lief das nebenher, zwischen Job und Studium.
Die junge Frau und 14 weitere Teammitglieder werden unter anderem von Open Arms, einer gemeinnützigen Einrichtung einer Hamburger Unternehmerfamilie und dem Bezirksamt Harburg unterstützt. Dem Verein folgen inzwischen über 3.200 Menschen auf Facebook. So wurde auch die 24-jährige Lana Dannan auf sie aufmerksam. In Syrien hatte sie schon zwei Semester BWL studiert.
In Deutschland hatte Dannan Schwierigkeiten sich zurechtzufinden, erzählt sie am Telefon: "Ohne die Hilfe von Asmaa und dem Studienteam wäre ich jetzt ganz sicher nicht an der Uni. Weil ich nicht wusste, was ich hier machen soll." Der Verein half ihr bei der Bewerbung und der Anerkennung der nötigen Unterlagen wie zum Beispiel ihrer syrischen Zeugnisse. Inzwischen studiert sie in Hamburg im dritten Semester BWL.
Seit Beginn der Corona-Krise bietet das Team Online-Fortbildungen wie Mathe-, Physik- und Deutsch-Kurse und auch telefonische Sprechstunden an, nicht nur für geflüchtete Menschen, sondern für alle, die neu angekommen sind in Deutschland. Asmaa Almahamid selbst wünscht sich, dass sie später nach dem Studium eine gute Stelle findet. Und sie hofft auf mehr Anerkennung in ihrer neuen Heimat.
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Stand: 16.11.2020
Die ARD-Themenwoche unter dem Motto #WIELEBEN fragt: Wie wollen wir leben? Sechs junge Menschen erzählen, wie sie sich zusammen mit anderen für eine bessere Zukunft engagieren.
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