Frankfurts Batschkapp ist bis auf wenige Plätze gut gefüllt. Das eher junge und lässig gekleidete Publikum quatscht fröhlich, im Hintergrund läuft Rockmusik. Auf der Bühne werden die Gitarren gestimmt, auf dem Stuhl zwei Reihen vor mir nimmt Lena Weiss - die „Abgefahrene Frau"- Platz. Nur das Mikrofon verrät sie. Eine Freundin wünscht ihr noch viel Spaß. Das Licht wird gedimmt und nach einer von Beifall begleiteten Begrüßung beginnt die Band zu spielen. Punk-Rock, Baby! Die Darsteller beginnen aus dem Publikum heraus mit ihrer Performance und entern mit ihren Stühlen die Bühne - ein energiegeladener Auftakt zu einer 100-minütigen Punk-Rock-Opera, die das Publikum begeisterte.
Raus aus dem Kaff und rein ins Ungewisse
Das beliebte Broadway Musical „American Idiot" ist seit dem 17. Januar in Frankfurts Batschkapp zu sehen. Die Story basiert auf dem gleichnamigen Album von „Green Day", was sich bis heute mehr als 15 Millionen Mal verkaufte. Die drei Freunde Johnny, Tunny und Will wollen ihrem langweiligen und „verfluchten Kaff" entfliehen. „Scheißegal" singend reißen sie sich die grauschwarzen Kleider vom Körper und schlüpfen zusammen mit den anderen Darstellern singend und tanzend in buntere Klamotten. Voller Euphorie malen sie sich ein Leben jenseits ihres kleinen Kaffs aus, doch es soll anders kommen. Wills Freundin erwartet ein Kind, weshalb er zurückbleiben muss, Jonny stürzt sich in ein Leben voller Sex, Drugs und Rock'n'Roll.
Tunny lässt sich von einem Fernsehspot verführen, setzt nur noch mit Feinripp am Leibe den silbernen Helm der Army auf und zieht in den Krieg. Während der eine deprimiert zu Hause sitzt, gibt sich der andere einen Schuss nach dem anderen und der Letzte kommt schließlich traumatisiert aus dem Krieg zurück. „Weck mich auf, wenn der Herbst beginnt!" (Die deutsche Version von Greens Day's „Wake me up when September ends") wünschen sie sich. Mit zertrümmerten Hoffnungen stehen sie im Scheinwerferlicht auf der Bühne und singen: „Die Unschuld wird vom Wind verweht!" Was aus ihnen nun wird, soll an dieser Stelle aufgrund von Spoiler-Gefahr unerwähnt bleiben.
Scherben meiner Träumerei'n
Der Mix aus deutschsprachiger Coverversion eines Green-Day-Konzertes und Musical ist dem Cast von „American Idiot" durchaus gelungen, wenn auch die deutsche Übersetzung an manchen Stellen eher irritierte, als beim Verständnis zu helfen. Besonders schwierig zu verstehen ist die Story dank guter Choreografie eigentlich nicht, obwohl nicht viele Requisiten zum Einsatz kamen. Auch die Songtexte von Green Day sind nicht so komplex, dass man sie nicht auch auf Englisch hätte genießen und verstehen könnte.
Bei den „Scherben meiner Träumerei'n" zu begreifen, dass gerade „Boulevard of Broken Dreams" performt wird - und das nicht einmal schlecht - brauchte etwas Zeit. Der Impuls mitzusingen wurde von dem deutschen Text etwas erstickt. Nichtsdestotrotz, den Darstellern merkte man an, dass sie richtig Bock auf die Show hatten. Philipp Büttner (Jonny) und Sebastian Smulders (Tunny) überzeugten mit ihren Stimmen bei einigen Soli und auch die Darbietungen der anderen Darsteller ließen sich hören. Stühle, die Band und die meiste Zeit auch der ganze Cast füllten die Bühne mit ihrer Performance mit Leben, unterstützt durch einen großen Spiegel im Hintergrund, der es auch den Zuschauern in den letzten Reihen möglich machte, den unteren Teil der Bühne zu sehen und was sich dort so abspielte.
Belohnt wurden die Schauspieler, die Band und alle Mitwirkenden am Ende der Vorstellung zu Recht mit Standing Ovations. Mit „Die Welt ist unvorhersehbar, doch letztlich gut soweit. Wir hatten eine echt geile Zeit!" verabschiedeten sich die Darsteller. Das Publikum schloss sich dem „Wir hatten eine echt geile Zeit!" mit langanhaltendem Applaus an.