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Ökumene auf dem Fußballplatz

Die dicken Regenwolken halten die Teilnehmer nicht vom Anfeuern und Spielen ab - im Gegenteil: Auch komplett vom Regen durchnässt wird auf dem Fußballplatz der Johannes-Gutenberg-Universität um jeden Punkt gekämpft. "Dynamo Relpäd", "Die sieben Mainzer Torsünden" und "Mainhattan Saints" heißen die Mannschaften und lassen erahnen, dass es sich nicht um ein normales Fußballturnier handelt.

Während sich die deutsche Fußball-Nationalmannschaft auf ihr erstes Vorrundenspiel bei der Europameisterschaft in Frankreich vorbereitete, wurde in Mainz bereits das Finale des "Theocups" ausgetragen. Das europäische Fußballturnier der theologischen Fakultäten findet jährlich in einer anderen Universitätsstadt statt. In diesem Jahr hat es das "Ökumenische Duo" Johnny Werner und Andreas Emrich in die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt geholt.

"Eine große Theologen-Familie auf Klassenfahrt"

"Es wird der letzte Cup sein, bevor ich mein Studium abschließe", sagt Johnny Werner, der in Mainz katholische Theologie auf Lehramt studiert. "Wir wollten den Theocup definitiv einmal zu Hause austragen." Bereits zum vierten Mal sind die beiden Studenten dabei. "Es ist einfach immer wieder ein Erlebnis", sagt Emrich. "Wir sind mittlerweile wie eine große Theologen-Familie auf Klassenfahrt - und das über konfessionelle Grenzen hinweg." Katholische, evangelische und orthodoxe Studierende nehmen an dem jährlichen Event teil, die meisten, um Freunde wiederzusehen. Das wird oft ordentlich gefeiert. "Wir sind nicht hier, um sportliche Siege einzufahren, sondern wegen der besonderen Begegnungen zwischen Katholiken, Protestanten und Orthodoxen", sagt Andreas Weick von der Universität Bamberg.

Gruppenbild der Mannschaften beim diesjährigen Theo-Cup in Mainz. katholisch.de

Das Team aus Bamberg ist erst seit dem Theocup in Münster 2014 dabei und gilt beim Turnier als Stimmungskanone. "Uns hat es auf Anhieb gefallen, und seitdem versuchen wir dabei zu sein", sagt Weick über die Sportveranstaltung. "Unsere Alleinstellungsmerkmale sind ein gemischtes Team aus Frauen und Männern und unser eigenes Fassbier aus der Heimat." Das ist nicht nur bei den Bambergern beliebt. Während er nach dem ersten Spieltag ein Bier zapft, packen seine Kollegen Gitarre und Akkordeon aus. Das Abendessen wird zur spontanen Musiksession mit deutschen, englischen und serbo-kroatischen Liedern. "Das ist das besondere am Theocup - wir gehen über Landes- und Glaubensgrenzen hinaus."

Durch Gaststudenten aus Brasilien, der Slowakei und Polen ist das Turnier internationaler als gedacht. Einer von ihnen ist Ervin William Dräger aus Indaial im Bundesstaat Santa Catarina im Süden Brasiliens. Dort wird noch heute Deutsch gesprochen, da viele Einwohner deutsche Wurzeln haben. Auch das Oktoberfest gehört fest zur Tradition der Region. Dräger macht ein Auslandssemester und studiert evangelische Theologie in Leipzig. In Mainz steht er im Tor der Leipziger Mannschaft und bezweifelt, dass sie gleich bei der ersten Teilnahme den Cup holen können. "Wir denken nicht, dass wir den Cup gewinnen. Wir können nur hoffen und glauben, dass wir irgendwie weiter kommen", sagt er nach den Gruppenspielen.

Erst Fußball, dann Gottesdienst

Dräger ist begeistert vom fairen Miteinander, obwohl hart um den Sieg gekämpft wird. Gerne hätte er eine solche Veranstaltung in der brasilianischen Heimat. "Das ist aber einfach unmöglich, weil wir nur drei Fakultäten im ganzen Land haben und durch die weite Entfernung ist es nicht zu realisieren." Für ihn wird es das letzte Mal sein, dass er um den Theocup spielt, da er in wenigen Monaten nach Brasilien zurückkehrt. "Ich bin gerne nochmal dabei. Das persönliche Miteinander mit anderen Studierenden derselben Fachrichtung ist etwas Besonderes. Trotz vieler Unterschiede haben wir sehr viel gemeinsam."

Traditionell schließt der erste Spieltag mit einem ökumenischen Gottesdienst und einer gemeinsamen Feier ab. Bei der Vorbereitung hatte das Organisationsteam viel Hilfe der Hochschulgemeinden. "Auch hier funktioniert die Ökumene: Die katholische Hochschulgemeinde bereitet den ökumenischen Gottesdienst vor, die evangelische Gemeinde stellt uns die Räumlichkeiten für Frühstück und Abendessen", erklären Emrich und Werner. Helfer aus den Fachschaften grillen auf dem Platz vor Ort.

Strahlende Sieger aus Belgrad bei diesjährigen Theo-Cup. katholisch.de

Nach der Party am Samstagabend geht das Turnier am nächsten Morgen weiter. Dicke Wolken hängen über dem Platz und wenig Schlaf macht sich bei den Spielern bemerkbar. Noch etwas antriebslos machen sich die Spieler auf dem Platz warm, einige ruhen sich hingegen am Spielfeldrand aus und hoffen, noch etwas Schlaf nachholen zu können. Die Teilnehmer sind in einfachen Unterkünften bei Pfarrgemeinden und Schulen untergebracht, denn die Veranstaltung soll für alle möglichst günstig gehalten werden.

Belgrad freut sich über den Pokal

Doch nicht alle schlafen in den Turnhallen gut, den Teilnehmern aus Ungarn und Bosnien steckt noch die lange Fahrt in den Gliedern. Das scheint der guten Stimmung keinen Abbruch zu tun. Der Torwart der "Mainhattan Saints" der Goethe-Universität Frankfurt kommt von Kopf bis Fuß verkleidet auf den Platz. Sein pinkes Trikot hat er mit einer Krone und einer geblümten Hosen verschönert. Die Fans der Mannschaft haben Gitarre und Lautsprecher mitgebracht und feuern ihre Spieler auf dem Platz mit Live-Musik an. Dennoch scheitert die Mannschaft aus Frankfurt im Viertelfinale. Zum dritten Mal in Folge kann sich Belgrad über den Pokal freuen. Sie besiegen die "Tüthe" aus Tübingen, wie im vergangenen Jahr, im Elfmeterschießen.

Jedes Jahr reist die Mannschaft aus Belgrad zwei Tage zu dem Austragungsort in Deutschland an. Finanziell unterstützt wird sie von der Universität und dem Metropolit Arsenius. "Wir haben sehr viel Hilfe, damit wir teilnehmen können", sagt Stefan Maric, der für seine Mannschaft übersetzt. Trotz fehlender Sprachkenntnisse gibt es langjährige Freundschaften unter den Theologen. "Vor allem mit den Mannschaften aus Jena haben wir das Jahr über Kontakt und freuen uns auf ein Wiedersehen. Sie müssen wegen der Sprachkenntnisse immer viel Geduld mit uns haben, denn Englisch ist nicht unsere Stärke. Dann sprechen wir mit Mimik und Gestik. Ein Lachen untereinander kann nur etwas Gutes sein", erklärt Maric. Auch im nächsten Jahr wollen die Studenten aus Belgrad wieder dabei sein und ihren Titel verteidigen. Dann wird der Theocup in Bamberg ausgetragen.

Von Carolin Strohbehn

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