Der frühere Botschafter Pakistans in den USA, Husain Haqqani, ist skeptisch, was die Wahlen von gestern anbelangt.
Herr Haqqani, kann man die Wahlen in Pakistan als frei und fair bezeichnen?
Husain Haqqani: Das Militär und die Justiz haben bereits versucht, das Ergebnis zu beeinflussen, und selbst wenn der Wahlprozess und die Auszählung einigermaßen fair sein sollten, ist das Umfeld alles andere als demokratisch. Pakistans Establishment hat bei jeder Wahl seit den 1970er Jahren versucht, das Ergebnis zu diktieren, und dieses Mal ist es nicht anders.
Ist dies der Beginn einer neuen Phase der Instabilität in Pakistan?
Haqqani: Unabhängig vom Ergebnis der Wahlen wird das Resultat weitere Instabilität und politische Turbulenzen mit sich bringen. Selbst wenn Imran Khan es schafft, Premierminister zu werden, wird ein großer Teil der Wählerschaft das Ergebnis nicht akzeptieren. Sharifs Anhänger werden nicht ruhig bleiben.
Die Wahlen 2013 wurden als Wendepunkt in der demokratischen Entwicklung Pakistans gefeiert. War es voreilig zu glauben, dass die Demokratie in Pakistan Fuß fasst?Haqqani: Pakistan wird sich erst dann in Richtung echte Demokratie entwickeln, wenn das Establishment aus Militär und Geheimdiensten erkennt, dass es in den Kasernen bleiben und dem Volk erlauben muss, seine Führung selbst zu wählen und dieser erlaubt, aus Fehlern zu lernen.
Welche Rolle spielt die Tatsache, dass die Beziehung Pakistans zu den USA immer schwächer wird, während China zu Pakistans wichtigstem Verbündeten aufgestiegen ist?Haqqani: Die finanzielle und militärische Unterstützung einer Großmacht hat es dem pakistanischen Sicherheits-Establishment erlaubt, die Dominanz über Pakistan aufrechtzuerhalten. Während die USA nie ihre volle Einflussmöglichkeit auf Pakistan genutzt haben, hat Peking wenig Interesse daran gezeigt, ob Pakistan eine Demokratie ist.
Was muss getan werden, um Pakistans demokratische Entwicklung zu fördern?Haqqani: Jede pakistanische Institution muss ihre Arbeit machen, ohne sich in die Arbeit der anderen Institutionen einzumischen. Das Militär muss das Land vor äußeren Bedrohungen schützen, es muss keine Düngemittelfabriken betreiben. Die Aufgabe der Justiz ist es, Recht und Gesetz sicherzustellen, und nicht, Staudämme zu bauen. Und Politiker müssen regieren dürfen.
Husain Haqqani ist Direktor für Süd- und Zentralasien im Hudson Institute, einer Denkfabrik in Washington.Der ehemalige Journalist und Diplomat, geboren 1956 in Karachi, gilt als Kritiker des pakistanischen Militärs. Bekannt wurde er durch sein Buch „Between Mosque and Military", eine Analyse der Politkultur Pakistans. Von 2008 bis 2011 war Haqqani Botschafter Pakistans in der US-Hauptstadt Washington. bp